DRSC-Stellungnahme zu DI/2015/1 veröffentlicht
Das IFRS Interpretations Committee (IFRS IC) hatte am 21. Oktober 2015 den Entwurf einer neuen Interpretation (draft interpretation) DI/2015/1 ‒ Uncertainty over Income Tax Treatments ‒ veröffentlicht. Inhaltlich befasst sich der Entwurf mit der Berücksichtigung der Wahrscheinlichkeit/Unsicherheit im Rahmen der Bilanzierung unsicherer Steuerwerte. Hier besteht bislang eine Regelungslücke in IAS 12 (anders als etwa nach ASC Topic 740 für die US-GAAP). Somit ist jeder Steuerbilanzposten bis zum Vorliegen einer endgültigen Veranlagung unsicher.
Nach DI/2015/1 gilt Folgendes:
- Die Abgrenzung des relevanten Bilanzierungsobjekts (unit of account) betreffend eine unsichere Steuerforderung/-verbindlichkeit erfordert eine Ermessensentscheidung und legitimiert zur Zusammenfassung inhaltlich verbundener Positionen; ist aber jedenfalls nicht die gesamte Steuererklärung bzw. Jahressteuererklärung.
- Für die Berücksichtigung der Wahrscheinlichkeit soll ein bedingtes, nach den Umständen des Einzelfalls auszuübendes Wahlrecht eingeräumt werden, nach dem entweder auf den wahrscheinlichsten Wert (most likely amount) oder den Erwartungswert (expected value) zurückgegriffen werden kann. Konkret gilt somit: Wenn die Anerkennung der (geplanten) deklarierten steuerlichen Handhabung wahrscheinlich (probable) ist, sind die laufenden und tatsächlichen Steuern auf dieser (geplanten) Basis anzusetzen. Besteht hingegen Unsicherheit bzgl. der Anerkennung (not probable), ist entweder der wahrscheinlichste Betrag, der steuerlich zur Anerkennung gelangen würde abzusetzen, oder der Erwartungswert der unterschiedlichen Szenarien, je nach dem, welche Schätzung angemessener ist.
Hinsichtlich der Anwendung von IAS 37 auf Ansatz und Bewertung von Steuern sieht DI/2015/1 keinen Spielraum. IAS 37 soll lediglich relevant bleiben für die Offenlegung von Steuerrisiken im Anhang (IAS 37.86).
Eine rückwirkende Anwendung ist vorgesehen
Der Entwurf sieht eine rückwirkende Anwendung vor, wobei eine Ausnahme bei der Anpassung der Vergleichsinformationen vorgesehen ist. Die Kommentierungsfrist endete zum 19. Januar 2016. Das Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) hat am 14. Januar 2016 durch seinen IFRS-Fachausschuss (IFRS-FA) Stellung gegenüber dem IFRS IC des IASB zu DI/2015/1 bezogen. Der IFRS-FA sieht in DI/2015/1 dabei eine gelungene Interpretation von IAS 12 mit einem entsprechenden sinnvollen Ergebnis für eine konsistente Anwendung des Standards (proposals are an appropriate interpretation of IAS 12).
Eine redaktionelle Anmerkung betrifft allerdings den Beginn des Entwurfs. Dort wird angeführt, dass die Interpretation das bestehende Regelwerk von IAS 12 nicht ändern würde („This [draft] Interpretation does not change any existing requirements of IAS 12.”). Nach Auffassung des IFRS-FA werde es in der Praxis aber de-facto zu Änderungen kommen, sofern Unternehmen bislang nicht in entsprechender Weise bilanziert haben. Daher sei der Eingangssatz zu streichen oder zu überdenken.
Einen konzeptionellen „Bruch“ sieht der IFRS-FA hingegen in der unterschiedlichen Behandlung von Unsicherheiten in Bezug auf income tax (nach IAS 12) und other taxes (nach IAS 37; wonach eine höhere Wahrscheinlichkeitshürde für den Ansatz gilt). Es wird empfohlen diese Thematik sog. symmetrischer vs. asymmetrischer Behandlung von Unsicherheit zunächst bei der Überarbeitung des Rahmenkonzepts zu adressieren. In einem weiteren Schritt sei dann die bilanzielle Behandlung in den jeweiligen Standards anzupassen.
Praxis-Tipp: Anpassung der accounting policies ist empfehlenswert
Der Entwurf einer Interpretation DI/2015/1 ist für Unternehmen von besonderer Relevanz, die bislang abweichend von den vorgeschlagenen Regelungen, z. B. die unit of account weiter interpretiert haben oder für ertragssteuerliche Zwecke Unsicherheiten mit Bezugnahme auf IAS 37 „bilanziert“ haben. Da der Entwurf nach Finalisierung eine rückwirkende Anwendung vorsieht, wäre eine entsprechende Anpassung der accounting policies zu empfehlen, mindestens jedoch der weitere due process des Entwurfs zu beobachten.
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