ED/2017/6 zur Definition der Wesentlichkeit und begleitendes IFRS-Leitliniendokument veröffentlicht
Der IASB hat am 14.09.2017 ED/2017/6 – Definition of Material mit Änderungsvorschlägen zu IAS 8 und IAS 1 sowie ein zweites IFRS-Leitliniendokument IFRS Practice Statement 2: Making Materiality Judgements in Verbindung mit einer persönlichen Note des Chairman Hans Hoogervorst präsentiert. Beide Themen sind Aufluss eines eigenständigen Projekts zur Wesentlichkeit, das im Rahmen der Disclosure Inititative des IASB gestartet wurde.
Inhalte des begleitenden Leitliniendokuments
Das Leitliniendokument hält – als nicht überraschende Neuigkeit – fest, dass die Notwendigkeit von Wesentlichkeitsentscheidungen grundlegend für die Abschlusserstellung ist und sich auf alle Bereiche (Ansatz, Bewertung, Ausweis und Angaben) beziehen kann. Sofern beurteilt wird, ob Informationen wesentlich sind, muss ein Unternehmen seine eigenen spezifischen Umstände und die Informationsbedürfnisse der Primäradressaten des Abschlusses miteinbeziehen. Hierfür wird in dem Entwurf ein vierstufiges Prozessmodell zur Wesentlichkeitseinschätzung vorgeschlagen, wonach beurteilt werden soll, ob Informationen sowohl einzeln als auch in Kombination wesentlich für die Adressaten sind.
Präzisierung des Wesentlichkeitsbegriffs
Die Änderungen an IAS 8 und IAS 1 sind im Gegensatz zum Leitliniendokument verpflichtend. Der IASB erwartet durch die Präzisierung des Wesentlichkeitsbegriffs keine größeren Auswirkungen. Durch die Änderungen sollen die inhaltlichen Regelungen zur Wesentlichkeit in IAS 1 und IAS 8 vereinheitlicht werden. Weiterhin wird der Anwendungsbereich klargestellt: Wesentlichkeit bezieht sich auf die IFRS Financial Statements, umfasst also alle Pflichtbestandteile. Wesentlichkeitsentscheidungen müssen jedoch unabhängig von außerhalb des IFRS-Abschlusses veröffentlichten Informationen getroffen werden.
Die neue Definition von „wesentlich“ in IAS 8 soll nun wie folgt lauten: „Information is material if omitting, misstating or obscuring it could reasonably be expected to influence decisions that the primary users of a specific reporting entity’s general purpose financial statements make on the basis of those financial statements.”
Neu sind insbesondere die Begriffe „obscuring“, „reasonably be expexted“ und „primary users“. Das Auslassen oder fehlerhafte Darstellen von Informationen (obscuring) ist nach Ansicht des IASB einem Weglassen von Informationen gleichzustellen ist. Der bisherige Begriff des „beeinflussen“ wurde ersetzt durch „vernünftiger Weise zu erwarten ist“, da somit nur zielgerichtete und nicht alle Informationen gemeint werden sollen. Gleiches gilt für die bisherige Beschränkung auf „Adressaten“. Die allgemeine, nach Ansicht des IASB zu weitumfassende Ansicht, soll auf die für den Abschluss relevanten Adressaten beschränkt werden.
Weitere Klarstellungen zur Wesentlichkeit in ED/2017/6
Der ED enthält noch weitere Klarstellungen zur Wesentlichkeit, u.a. die Erläuterung, dass selbst gut informierte und gewissenhafte Adressaten ggf. auf die Hilfe von externen Beratern zurückgreifen müssen („At times, even well-informed and diligent users may need to seek the aid of an adviser to understand information about complex economic phenomena“).
Der ED enthält noch keinen vorgeschlagenen Zeitpunkt des Inkrafttretens, hierüber will das IASB noch im weiteren Verlauf entscheiden. Es wurde aber bereits entschieden, dass die Änderungen prospektiv angewendet werden sollen. Eine vorzeitige Anwendung wird ebenfalls als zulässig erachtet, vorausgesetzt der finale Standard wird veröffentlicht.
Stellungnahmen zu ED/2017/6
Stellungnahmen zum ED können bis zum 15.01.2018 eingereicht werden.
Leitliniendokument ab sofort anwendbar
Das Leitliniendokument hingegen stellt keinen eigenständigen Standard dar und ist daher nicht verpflichtend. Daher enthält es keinen Zeitpunkt des Inkrafttretens und kann sofort angewendet werden.
Das Konzept der Wesentlichkeit sowie dessen Anwendung ist in der Bilanzierungspraxis eines der meist diskutierten Themen. Vor diesem Hintergrund stellen die Änderungen sowie das begleitende Leitliniendokument eine Hilfe sowohl für bilanzierende Unternehmen als auch Abschlussprüfer in der Auslegung von ermessensbehafteten Fragen dar.
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