IDW Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die IFRS-Rechnungslegung

Das IDW hat 2 Updates zu seinem Fachlichen Hinweis zu den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die Rechnungslegung und deren Prüfung veröffentlicht, die eine Vielzahl von Fragestellungen in Bezug auf die Rechnungslegung für das Ende des ersten Quartals des laufenden Jahres adressieren.

Das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) hatte Anfang März 2022 einen Fachlichen Hinweis Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die Rechnungslegung und deren Prüfung veröffentlicht, der sich zunächst den Fragen hinsichtlich des Abschlussstichtages 31.12.2021 widmete.

Zum 8.4.2022 erfolgte ein 1. Update mit umfangreichen Ergänzungen von Fragen und Antworten zu den Konsequenzen für das Ende des ersten Quartals des laufenden Jahres (HGB und IFRS) sowie deren Auswirkung auf die Abschlussprüfung. Knapp eine Woche später erfolgte dann das 2. Update im Zusammenhang mit der Bilanzierung von Finanzinstrumenten nach IFRS.

Aus der knapp 80-seitigen Publikation werden nachfolgend überblicksartig nur einige Hinweise zur IFRS-Rechnungslegung dargestellt. Für Einzelheiten sowie die vollständigen Erläuterungen wird auf die Veröffentlichung des IDW verwiesen.

Beherrschung nach IFRS 10 im Einzelfall zu prüfen

Die IFRS enthalten kein den Vorschriften des § 296 Abs. 1 HGB vergleichbares Vollkonsolidierungswahlrecht. Auch begründen Kapitalausfuhrbeschränkungen für sich genommen keinen Verlust der Beherrschung. Bei unmittelbarer Betroffenheit des Mutterunternehmens (z.B. aufgrund eines ukrainischen, russischen oder belarussischen Tochterunternehmens) ist einzelfallbezogen der Katalog des IFRS 10 zu prüfen, insbesondere, ob bestehende Rechte nicht mehr substanziell i.S.d. IFRS 10 sind (IFRS 10.B23).

Werthaltigkeitsprüfung nach IAS 36

In Abhängigkeit von der (un-)mittelbaren Betroffenheit der Bilanzierenden von den Ereignissen in der Ukraine sowie den aktuellen Sanktionen gegen bzw. durch Russland ist eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen mind. eines Anhaltspunkts für eine Wertminderung nach IAS 36 gegeben. Anhaltspunkte für eine Wertminderung können mit Blick auf den Ukraine-Krieg z.B. die folgenden sein:

  • Signifikante Veränderungen mit nachteiligen Folgen für das Unternehmen im technischen, marktbezogenen, ökonomischen oder gesetzlichen Umfeld (z.B. nachteilige Änderungen von Rohstoffpreisen, Zugangsbeschränkungen zu Vermögenswerten oder Betriebsstätten in den betreffenden Ländern, Marktzugangsbeschränkungen infolge von Sanktionen, Enteignungen) oder
  • Substanzielle Hinweise für eine Überalterung, Diebstahl, Beschlagnahmung oder physische Schäden von Vermögenswerten.

Der zu verwendende Kapitalisierungszins (Vorsteuer-Zinssatz) bei der Bemessung des value in use für die Bestimmung des erzielbaren Betrags hat sich weiterhin an langfristigen Analysen von durchschnittlichen Marktrenditen und an einer Marktrisikoprämie, die aktuell am oberen Rand der Bandbreite historischer Prämien liegt, zu orientieren (siehe hierzu auch den Fachlichen Hinweis des FAUB des IDW zur Unternehmensbewertung vom 20.3.2022).

Finanzinstrumente – Ableitung des Fair Value, Wertminderungsrisiko, Anhangangaben, etc.

Der Fragen und Antwortenteil zu Finanzinstrumenten wurde durch das 2. Update vom 14.4.2022 nochmals ergänzt und aktualisiert und umfasst eine Vielzahl von Einzelthemen, u.a.:

  • Ableitung des fair value am Markt nach IFRS 13: Prüfung, ob aufgrund der gegenseitigen Sanktionen für zum fair value bewertet finanzielle Vermögenswerte und Verbindlichkeiten auf dem entsprechenden Markt (Ukraine/Russland) geordnete Geschäftsvorfälle beobachtet werden können.
  • Konsequenzen aus dem Zusammenspiel von Marktzugang und in-/aktiven Märkten für die Ermittlung des fair value: Sofern ein Unternehmen keinen Zugang mehr zu einem bisherigen Markt in der Ukraine, in Russland oder Belarus hat und auch kein alternativer Markt existiert, dann kann der Preis von einem solchen Markt (aktiv oder nicht aktiv) in die fair-value-Ermittlung im Rahmen eines sachgerechten Bewertungsverfahrens finden. Jedoch sind erforderliche Anpassungen i.S.v. IFRS 13 notwendig.
  • Anzuwendende Bewertungsverfahren/-methoden und Inputfaktoren: Derzeit kann es sich als schwierig erweisen, einen angemessenen Zinssatz für Abzinsungen zu ermitteln (z.B. für Rubel-Instrumente). Entsprechende Unsicherheiten sind in der Bewertung zu berücksichtigen.
  • Anhaltspunkte für die Beurteilung der Betroffenheit von bilanzierenden Unternehmen von den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs: Die Kriegsauswirkungen müssen unternehmensindividuell beurteilt werden. Die Betroffenheit kann sich zum einen unmittelbar z.B. aufgrund von direkten Geschäftsbeziehungen in die Ukraine, nach Russland und/oder Belarus ergeben. Zum anderen kann ein Kreditnehmer ein indirektes Exposure besitzen, d.h. mittelbar von den Kriegsgeschehnissen betroffen sein. Solche sog. indirekten Effekte können sich bspw. aus Problemen in der Lieferkette, einem Anstieg der Kosten (u.a. Rohstoff-/Energiepreise), der aktuellen Inflationsentwicklung oder auch allgemein aus einer verschlechterten makroökonomischen Markteinschätzung ergeben.
  • Ermittlung der erwarteten Kreditverluste: Bei der Ermittlung der erwarteten Kreditverluste sind neben der Ausfallwahrscheinlichkeit auch Auswirkungen auf die Werthaltigkeit von Sicherheiten zu berücksichtigen. Dies gilt umso mehr, wenn diese in einem Krisenland belegen oder durch Sanktionsmaßnahmen zugriffsbeschränkt sind. Bei Verträgen über Sicherheiten sind potenzielle force majeure-Klauseln zu beurteilen, welche die Sicherungsleistung im Fall höherer Gewalt ausschließen. Werden Finanzgarantien als integraler Bestandteil eines finanziellen Vermögenswertes betrachtet, sind auch deren Bedingungen bei der Höhe der erwarteten Kreditverluste zu berücksichtigen.

Weiterhin sind die Hinweise zu Modifikationen, Hedge Accounting (u.a. Auswirkungen auf erwartete Transaktionen) sowie Ausweis und Anhanganaben zu beachten (u.a. Angabe von Liquiditätsrisiken aufgrund von potenziellen Verstößen gegen covenants).

Verfügungsbeschränkungen bei Zahlungsmitteln und Zahlungsmitteläquivalenten

Aufgrund von Auswirkungen durch Verfügungsbeschränkungen (z.B. durch Ausschluss aus dem SWIFT-System) ist zu würdigen, ob eine Restriktion so weitreichend ist, dass diese für die zugrundeliegenden Kassen- und Bankenbestände einer Einbeziehung in die Zahlungsmittel und Zahlungsmitteläquivalente entgegensteht (Kriterien nach IAS 7.6).

Fremdwährungsumrechnung

Sollte der Umtausch einer der betroffenen Währungen (russischer oder belarussischer Rubel bzw. ukrainische Hrywnja) vorübergehend zum Datum des Geschäftsvorfalls oder einem nachfolgenden Abschlussstichtag ausgesetzt sein, ist von den Unternehmen der Kurs zu verwenden, der am ersten darauffolgenden Tag gilt, an dem ein Umtausch wieder möglich ist (IAS 21.26). Dieser Fall kann zusätzliche Anhangangabepflichten auslösen.

Praxis-Tipp: Fachlichen Hinweis als Leitfaden nutzen

Zahlreiche Unternehmen unterhalten Geschäftsbeziehungen in die Ukraine oder nach Russland. Aus dem Einmarsch der russischen Streitkräfte in die Ukraine am 24.2.2022 wie auch aus den gegen Russland verhängten Sanktionen (nebst Gegensanktionen von russischer Seite) ergeben sich Sachverhalte, die sich in der Rechnungslegung eines Unternehmens auswirken können. Die beiden Updates zum Fachlichen Hinweis des IDW geben umfangreiche Leitlinien für Anwender und Prüfer.


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Schlagworte zum Thema:  IFRS, Krieg in der Ukraine, Jahresabschluss