DPR und ESMA veröffentlichen Prüfungsschwerpunkte

Ende Oktober wurden die europäischen und nationalen Prüfungsschwerpunkte festgelegt, die die nationalen enforcement-Stellen bei der Überprüfung der 2014er Abschlüsse   kapitalmarktorientierter Unternehmen setzen.

Wie aus der Veröffentlichung hervorgeht, enthält die Liste im Gegensatz zum Vorjahr nicht ausschließlich nationale, d.h. durch die DPR allein festgelegte Schwerpunkte, sondern auch gemeinsame europäische Enforcement-Schwerpunkte. Die europäischen Schwerpunkte (sog. „enforcement priorities for listed companies’ financial statements“) sind durch die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (European Securities and Markets Authority/ESMA) vorgegeben.
Die ESMA-Schwerpunkte ergänzen die DPR-Schwerpunkte und sind für den Bilanzersteller daher von gleicher Relevanz wie die national spezifischen Prüfungsschwerpunkte. Die Auswahl der Prüfungsschwerpunkte durch die Enforcement-Stellen erfolgt nach einem risikoorientierten Ansatz. Beachtlich sind

  • Neuerungen bei Rechnungslegungsnormen
  • Hohe Fehleranfälligkeit in der Vergangenheit
  • Berücksichtigung aktueller Entwicklungen

Auf nachfolgende Themen legt die ESMA besonderen Wert im Rahmen der Berichterstattung börsennotierter Unternehmen in Europa:
1. Presentation and preparation of consolidated financial statements: Erstmalige Anwendung von IFRS 10, sowie die Offenlegung von Angaben zur Ermessensausübung (IFRS 10, IFRS 12)
2. Financial reporting by parties to a joint arrangement: Klassifizierung von und Angaben zu joint arrangements (IFRS 11, IFRS 12)
3. Recognition and measurement of deferred tax assets: Ansatz/Werthaltigkeit von aktiven latenten Steuern auf Verlustvorträge (IAS 12)
4. Weitere Hinweise:

  • Anwendung von Barwertkalkülen für die Bewertung zum Stichtag sowie die Offenlegung von wesentlichen Bewertungsannahmen.
  • Bankenspezifische Sachverhalte: Überprüfung der Umsetzung der Ergebnisse infolge der EZB-Prüfung zur Qualität der Aktivseite systemrelevanter Banken (sog. „Asset Quality Review“).
  • Umsetzung der sog. disclosure initiative des IASB an IAS 1 zur Vermeidung von sog. inhaltslosen Standardformulierungen („boiler plates“) und Gewährleistung der Darstellung ausschließlich relevanter Informationen.

Schwerpunkte der DPR

Nachfolgend sind die zusätzlich festgesetzen DPR-Schwerpunkte dargestellt:
1. Abbildung von Rechtsstreitigkeiten und damit verbundenen Prozessrisiken (IAS 37, DRS 20)

  • Ansatz und Bewertung von Rückstellungen für Prozessrisiken (IAS 37).
  • Nachweis über die nur in Ausnahmefällen fehlende Möglichkeit einer verlässlichen Schätzung von Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten gemäß IAS 37.26, insbesondere über mehrere Perioden oder über eine Mehrzahl von Rechtsstreitigkeiten hinweg.
  • Klare Trennung der Angaben zu Rückstellungen für Prozessrisiken gemäß IAS 37.85 von den Angaben zu Eventualverbindlichkeiten für Rechtsstreitigkeiten gemäß IAS 37.86 im Konzernanhang.
  • Nachweis über die nur in Ausnahmefällen bestehende Möglichkeit zum Verzicht auf die Berichterstattung über einen Rechtsstreit und Beachtung der Mindestangaben gemäß IAS 37.92.
  • Angabe der für das Verständnis des Abschlusses relevanten Bilanzierungsmethoden gemäß IAS 1.117, z.B. für Ansatz und Bewertung von Rückstellungen für wesentliche anhängige Sammelklagen.
  • Transparente und verständliche Berichterstattung über Prozessrisiken im Konzernlagebericht gemäß § 315 Abs. 1 Satz 5 HGB, DRS 20.116 ff. sowie ggf. DRS 20.A1.19 ff. bzw. DRS 20.A2.17 ff.

2. Konsistente und transparente Berichterstattung über die bedeutsamsten finanziellen und nichtfinanziellen Leistungsindikatoren im Konzernlagebericht (§ 315 HGB, DRS 20, DRS 17)

  • Darstellung der Berechnung von unternehmensindividuellen Leistungsindikatoren und – soweit sinnvoll möglich – Überleitung zu den im IFRS-Konzernabschluss veröffentlichten Zahlen (DRS 20.K45, DRS 20.104).
  • Darstellung wesentlicher Veränderungen der Leistungsindikatoren gegenüber dem Vorjahres-Ist-Wert (DRS 20.113) sowie gegenüber der Vorjahresprognose (DRS 20.57) im Rahmen der Analyse des Geschäftsverlaufs und der Lage des Konzerns (§ 315 Abs. 1 Sätze 1 bis 4 HGB).
  • Darstellung der erwarteten Veränderung der prognostizierten Leistungsindikatoren gegenüber dem Ist-Wert des Berichtsjahres (DRS 20.126, DRS 20.128) sowie Angabe der zugrunde liegenden wesentlichen Annahmen (DRS 20.120) im Prognosebericht (§ 315 Abs. 1 Satz 5 HGB).
  • Darstellung der für das Vergütungssystem des Vorstands relevanten Leistungsindikatoren (§ 315 Abs. 2 Nr. 4 HGB, DRS 17.78 ff.).

Eine Koordination der Enforcementaktivitäten bezogen auf die Liste möglicher (Aufgriffs-)Themen auf europäischer Ebene ist begrüßenswert. Allerdings kann noch nicht von einem „harmonisierten“ Enforcement innerhalb von Europa gesprochen werden. Unabhängig von der nun abgestimmten Festlegung von Prüfungsschwerpunkten, bleibt es bei der unterschiedlichen Intensität der Umsetzung innerhalb von Europa.

Praxistipp

Waren in den vergangenen Jahren die nationalen DPR-Prüfungsschwerpunkte von besonderer Relevanz, sind nun auch die ESMA-Schwerpunkte zwingend zu berücksichtigen. Die Liste der Prüfungsschwerpunkte ist allerdings nicht als abschließend verstehen. Sind bei einem Unternehmen andere Sachverhalte im Geschäftsjahr von besonderer Relevanz, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen Aufgriff dieser im Rahmen der (Stichproben-)Prüfung.

Schlagworte zum Thema:  ESMA, Jahresabschluss, IFRS