Rz. 75

IAS 20.24 erlaubt für den bilanziellen Ausweis von öffentlichen Zuwendungen für Vermögenswerte im Zugangszeitpunkt zwei formal gleichwertige Darstellungsalternativen.[1] Zum einen besteht die Möglichkeit, den Zuwendungsbetrag in voller Höhe vom Buchwert des bezuschussten Vermögenswerts abzusetzen (Nettomethode). Zum anderen darf die Zuwendung in einem passivischen Abgrenzungsposten erfasst werden (Bruttomethode). Ein derartiger Abgrenzungsposten stellt wiederum keinen Bestandteil des Eigenkapitals dar,[2] sondern ist vielmehr innerhalb der Schulden als solcher (deferred income) in der Bilanz zu erfassen.[3] Sofern die Höhe der vermögenswertbezogenen Zuwendungen für die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bilds der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eines Unternehmens wesentlich ist und der Bruttoausweis gewählt wird, ist der Abgrenzungsposten gesondert – bspw. unter der Bezeichnung "Erhaltene Zuwendungen der öffentlichen Hand" – innerhalb des Fremdkapitals auszuweisen.[4]

 

Rz. 76

Während die Anwendung der Nettomethode zur Folge hat, dass die erfolgswirksam verrechneten Zuwendungsbeträge nicht unmittelbar aus der (Gesamt-)Ergebnisrechnung ablesbar sind, schreibt der Standard bei Anwendung der Bruttomethode vor, dass der passivische Abgrenzungsposten während der Nutzungsdauer des Vermögenswerts auf einer planmäßigen Grundlage als Ertrag zu erfassen ist.[5] Ungeachtet der Frage, ob der (Teil-)Bereich "Gewinn und Verlust" der sog. Gesamtergebnisrechnung (statement of comprehensive income bzw. financial performance)[6] nach Maßgabe des GKV oder UKV (vgl. IAS 1.99 ff. bzw. ED/2019/7.68 ff.) präsentiert wird, sind die in einer Berichtsperiode erfolgswirksam verrechneten Zuwendungsbeträge stets als "sonstige Erträge" (other income) zu erfassen. Handelt es sich um für die Vermittlung der Ertragslage wesentliche Beträge, ist gem. IAS 1.85 (bzw. ED/2019/7.42) – z. B. unter der Bezeichnung "Erträge aus Zuwendungen der öffentlichen Hand" – ein gesonderter Posten in der Gewinn- und Verlustrechnung einzufügen.[7]

 

Rz. 77

Das in IAS 20.24 kodifizierte Wahlrecht zwischen Brutto- und Nettomethode stellt ein reines Ausweiswahlrecht dar. Folglich darf die Höhe des Periodenergebnisses durch die Wahl der Ausweisalternative nicht tangiert werden.[8]

[1] Vgl. mitunter auch Fülbier u. a., KoR 2008, S. 474 (476), mit entsprechendem Verweis auf IAS 20.24 f.
[2] Vgl. IAS 20.12 f.; überdies Hayn/Graf Waldersee, IFRS und HGB im Vergleich, 8. Aufl. 2014, S. 244 f.
[3] Vgl. bezüglich der Erfassung bzw. des Ausweises von Rechnungsabgrenzungsposten im IFRS-Abschluss lediglich Pellens u. a., Internationale Rechnungslegung, 10. Aufl. 2017, S. 185.
[4] Vgl. IAS 1.55 (ED/2019/7.42) i. V. m. IAS 1.57(a) (ED/2019/7.83(a); des Weiteren Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung nach Internationalen Standards, 2002, Abschn. 11, Rz. 31, 60, Stand: 12/2002, die aber wohl auch einen Ausweis als Hybridposten zwischen Eigen- und Fremdkapital für zulässig erachten.
[5] Vgl. IAS 20.26.
[6] Nachfolgend wird der (Teil-)Bereich "Gewinn und Verlust" der Gesamtergebnisrechnung unabhängig von deren konkreter Ausgestaltung – single versus two statement approach (i. S. d. IAS 1.10A bzw. ED/2019/7.13) – mit dem Terminus "Gewinn- und Verlustrechnung" bezeichnet; vgl. zur Gesamtergebnisrechnung stellvertretend nur Küting/Weber, Die Bilanzanalyse, 11. Aufl. 2015, S. 252 ff., 598 ff.; Pellens u. a., Internationale Rechnungslegung, 10. Aufl. 2017, S. 186 ff.
[7] Vgl. nur Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung nach Internationalen Standards, 2002, Abschn. 11, Rz. 64, Stand: 12/2002.
[8] Vgl. ebenso PwC, IFRS-Manual of Accounting 2019/2020, 12. Aufl. 2018, Rz. 17.14; Schruff/Paarz, in Ballwieser u. a., WILEY-Handbuch International Financial Reporting Standards, 7. Aufl. 2011, Abschn. 28, Rz. 34 f.

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