4.2.2.1 Börsenpreis oder beizulegender Wert

 

Rz. 112

Handelsrechtlich sind Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens auf den niedrigeren Wert abzuschreiben, der sich aus einem Börsen- oder Marktpreis am Abschlussstichtag ergibt (§ 253 Abs. 4 Satz 1 HGB). Es besteht daher immer ein Abschreibungsgebot, weshalb dieser Abschreibungsgrundsatz auch "strenges Niederstwertprinzip" heißt. Ein Marktpreis wird für Waren oder andere Vorräte bestimmt, kommt also für Wertpapiere nicht in Betracht.

 

Rz. 113

Der Börsenkurs bestimmt sich nach dem an einer Börse oder im Freiverkehr festgestellten Kurs, wobei Umsätze stattgefunden haben müssen. Es kommen inländische oder ausländische Börsen in Frage, vorzugsweise aber die Heimatbörse.[1]

Vom Börsenkurs ist der niedrigere Wertansatz abzuleiten. Zufallskurse sind daher handelsrechtlich nicht zu berücksichtigen, wenn sie nicht unerheblich über dem allgemeinen Kursniveau liegen. Dann ist ein Abschlag hierauf vorzunehmen oder vom Durchschnittskurs auszugehen. Liegt aber der Zufallskurs unter dem allgemeinen Kursniveau, ist er stets zu berücksichtigen.[2]

Ist ein Börsen- oder Marktpreis nicht festzustellen, ist auf den am Abschlussstichtag beizulegenden Wert abzuschreiben (§ 253 Abs. 4 Satz 2 HGB). Dieser Wert ist der Wiederbeschaffungswert oder der Verkaufswert.[3]

[1] Schubert/Berberich, in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 253 HGB Rz. 511.
[2] Schubert/Berberich, in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 253 HGB Rz. 514.
[3] Schubert/Berberich, in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 253 HGB Rz. 515.

4.2.2.2 Teilwert

 

Rz. 114

Steuerrechtlich kann der niedrigere Teilwert angesetzt werden, allerdings nur bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG). Es besteht daher steuerlich für Wertpapiere, die zum Umlaufvermögen gehören, bei einer voraussichtlich

  • nicht dauernden Wertminderung ein Abschreibungsverbot,
  • dauernden Wertminderung ein Abschreibungswahlrecht.

Die Finanzverwaltung macht hinsichtlich des Abschreibungswahlrechts keinen Unterschied zwischen den Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens und des Umlaufvermögens. Sie ist daher wie bei den Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens der Auffassung, das Wahlrecht, den niedrigeren Teilwert anzusetzen, könne losgelöst von der gleichzeitig handelsrechtlich bestehenden Abschreibungspflicht ausgeübt werden.[1] Aus den in den Ausführungen zur Teilwertabschreibung der Finanzanlagen mitgeteilten Gründen[2] setzt sich das strenge Niederstwertprinzip nach dem Maßgeblichkeitsgrundsatz in der steuerlichen Gewinnermittlung durch, mit der Folge, dass bei einer voraussichtlich dauernden Wertminderung in der Steuerbilanz für die Wertpapiere des Umlaufvermögens ein Abschreibungsgebot besteht.

 

Rz. 115

Bei der Auslegung des Merkmals "voraussichtlich dauernde Wertminderung" ist bei den Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens zu beachten, dass diese nicht dazu bestimmt sind, dem Betrieb auf Dauer zu dienen, sondern regelmäßig für den Verkauf oder Verbrauch gehalten werden.

Daher kommt nach Verwaltungsanweisung dem Zeitpunkt der Veräußerung oder Verwendung für die Frage, wann bei Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens eine voraussichtlich dauernde Wertminderung besteht, eine besondere Bedeutung zu. Hält die Wertminderung bis zum Zeitpunkt der Aufstellung der Bilanz oder bis zu dem diesem Zeitpunkt vorangegangenen Verkaufs- oder Verbrauchszeitpunkt an, so ist die Wertminderung voraussichtlich von Dauer.[3]

 
Praxis-Beispiel

Unternehmer U hat Aktien zum Preis von 50 EUR/Stück erworben. Zum 31.12.01 ist der Börsenpreis auf 40 EUR/Stück gesunken.

a) Bis zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung hat der Börsenkurs zwischen 35 und 45 EUR geschwankt. Die Kursschwankungen zeigen, dass die Wertminderung zum 31.12.01 nicht von Dauer ist. Nach den Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung ist für die Teilwertabschreibung von einem Wert von 45 EUR auszugehen.

b) Bis zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung hat der Börsenkurs zwischen 35 und 55 EUR geschwankt. Da bis zur Bilanzaufstellung der Wert der Aktien sogar die Anschaffungskosten überstiegen hat, ist eine Teilwertabschreibung zum 31.12.01 nicht zulässig.

c) Bis zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung hat der Börsenkurs zwischen 35 und 40 EUR geschwankt. Er betrug zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung 38 EUR. Aus den Erkenntnissen zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung folgt, dass die Wertminderung von Dauer war. Eine Teilwertabschreibung unter den Wert zum Bilanzstichtag kommt aber nicht in Betracht. Daher ist bei der Teilwertabschreibung vom Wert von 40 EUR/Stück auszugehen.

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