Leitsatz

Der Fitnessstudio-Monatsbeitrag kann umsatzsteuerpflichtig sein, obgleich das Fitnessstudio in dem fraglichen Monat aufgrund einer behördlichen Anordnung zur Eindämmung der Corona-Pandemie geschlossen war ("Lockdown").

 

Sachverhalt

Das der sogenannten "Ist-Versteuerung" gemäß § 20 UStG unterliegende Fitnessstudio musste aufgrund behördlicher Anordnung wegen des Coronavirus vom 17. März bis zum 17. Mai 2020 schließen. Auf die Schließung reagierte das Fitnessstudio unter anderem damit, dass die weiterzahlenden Mitglieder den Schließungszeitraum am Ende ihrer Mitgliedschaft beitragsfrei erstattet bekommen (sogenannte Bonusmonate). Zusätzlich wurden für die Zeit der Schließung Alternativangebote wie tägliche Online-Kurse und Trainingspläne für zu Hause angeboten.

Das Fitnessstudio unterwarf die für den Schließungszeitraum Mai erhaltenen Beiträge nicht der Umsatzsteuer, da es die vertraglich geschuldete Leistung gar nicht hätte erbringen können. Das Finanzamt dagegen ging insoweit von einer Umsatzsteuerpflicht für die im Mai vereinnahmten Monatsbeiträge aus. Die nach Einspruch vom Fitnesscenter beantragte Aussetzung der Vollziehung lehnte das Finanzamt ab.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des FG bestehen keine ernstlichen Zweifel daran, dass die im Mai vereinnahmten Mitgliedsbeiträge zu Recht der Umsatzsteuer unterworfen wurden. Eine Aussetzung der Vollziehung könne daher nicht erfolgen.

Zwischen der Leistung und einem erhaltenen Gegenwert muss ein unmittelbarer Zusammenhang bestehen (sogenannter Leistungsaustausch). Haben sich die Vertragsparteien zur Ausführung von Leistungen verpflichtet, liegt der erforderliche Leistungsverbrauch grundsätzlich vor. Unerheblich für die Annahme eines Leistungsaustauschs ist, ob der Leistungsempfänger die bezogene Leistung tatsächlich verwendet. Auch können bewusst freiwillige (Zusatz)Zahlungen eine Gegenleistung darstellen.

Spätestens mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Veranstaltungsvertragsrecht zeichnete sich die Wahlmöglichkeit der Veranstalter ab, anstatt der Rückzahlung gezahlter Entgelte, (Wert-)Gutscheine zu übergeben. Ob die Wahlmöglichkeit für die hier angesprochenen Mai-Beiträge bereits bestand, lässt das FG offen. Jedoch hatten die fortzahlenden Mitglieder im Streitfall ihr Dauerschuldverhältnis nicht gekündigt. Dass die Mitglieder in Kenntnis der angebotenen Bonusmonate über einen längeren Zeitraum widerspruchslos weitergezahlt haben, spreche dafür, dass die Fortzahlung als Annahme der angebotenen Bonusmonate am Ende der Vertragslaufzeit ausgelegt werden kann.

Die Mai-Zahlungen stehen auch in einer inneren Verknüpfung zu den während der Schließzeiten vom Fitnesscenter angebotenen Online-Kurse und der Zurverfügungstellung von Trainingsplänen für zu Hause. Dabei ist es unbeachtlich, ob die Leistungen tatsächlich von den Mitgliedern verwendet wurden, ob eine Verpflichtung zur Zahlung bestand oder ob die Mitglieder die Leistungen aufgrund des freien Zugangs auch unentgeltlich hätten erlangen können. Denn die innere Verknüpfung der Zahlung zu dem aus dem Dauerschuldverhältnis resultierenden Leistungsbündel wurde durch die Freiwilligkeit, den geringen Wert der Leistung oder die Darbietungsform nicht aufgelöst.

 

Hinweis

Es handelt sich vorliegend nur um einen Beschluss des FG im Aussetzungsverfahren. Dass sich die Meinung des FG im Hauptverfahren noch ändern wird, dürfte aber eher unwahrscheinlich sein.

 

Link zur Entscheidung

Schleswig-Holsteinisches FG, Beschluss vom 14.02.2022, 4 V 17/21Schleswig-Holsteinisches, Beschluss v. 14.02.2022, 4 V 17/21

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