Als steuerliches Verbrauchsfolgeverfahren hat der Gesetzgeber allein das Mengen-Lifo-Verfahren zugelassen.[1] Das Wahlrecht zur Anwendung der Lifo-Methode kann in der Steuerbilanz unabhängig von der handelsrechtlich gewählten Methode ausgeübt werden. Die (Einzel-) Bewertung nach einer (glaubhaft gemachten) tatsächlichen Verbrauchsfolge bleibt dem Steuerpflichtigen unbenommen. Als allgemein zulässige Alternative zur Lifo-Methode verbleibt die Durchschnittsmethode.

Die in R 6.9 EStR präzisierten Voraussetzungen für die Anwendung der Lifo-Methode entsprechen im Wesentlichen jenen des § 256 Satz 1 HGB. Das gilt namentlich für die Forderung nach Gleichartigkeit der Bewertungsobjekte bei Anwendung der Lifo-Methode auf eine Gruppe von Wirtschaftsgütern.[2] Sie wird für bestimmte Branchen durch Verwaltungserlasse weiter präzisiert.[3] Im Übrigen sind nach Auffassung des BFH auch bei der steuerlichen Anwendung des Lifo-Verfahrens die GoB zu beachten.

 
Achtung

Lifo-Bewertung nach BFH in Teilbereichen steuerlich unzulässig

Nach Ansicht des BFH[4] verstößt eine Lifo-Bewertung von Vorräten mit – absolut betrachtet – hohen, ohne weiteres identifizierbaren und den einzelnen Wirtschaftsgütern zurechenbaren Erwerbsaufwendungen gegen die handelsrechtlichen GoB und ist damit unzulässig.[5] Im Streitfall ging es um die Zugangsbewertung zum Verkauf bestimmter Pkw. In der Begründung heißt es, die Lifo-Methode sei auf Sachverhalte zugeschnitten, bei denen die individuelle Ermittlung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Vermögensgegenständen ausgeschlossen (z. B. bei Vermischung von Flüssigvorräten) oder mit unvertretbarem Aufwand verbunden ist (z. B. bei Massenartikeln). Dagegen stelle sie kein Instrument zur Vermeidung der Besteuerung von Scheingewinnen und der Substanzerhaltung dar. Die Finanzverwaltung[6] und Teile der Literatur[7] folgen dieser vom BFH vertretenen Anwendungsvoraussetzung nicht, da § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG neben der Bewertungsvereinfachung auch eine Milderung der Scheingewinnbesteuerung bezwecke.

Liegen die entsprechenden Voraussetzungen vor, kann das Mengen-Lifo-Verfahren in der Steuerbilanz in den dargestellten Varianten (periodisch, permanent, mit/ohne Layerbildung, Zusammenfassung oder getrennte Behandlung von Basis- und Mehrbestand) angewendet werden. Zur Bewertung von Mehrbeständen sieht R 6.9 Abs. 4 Satz 5 EStR allerdings nur die Lifo-Variante oder Durchschnittsmethode vor. Soweit der Grundsatz der Bewertungsstetigkeit nicht entgegensteht, ist der Übergang auf die Lifo-Methode steuerlich ohne Zustimmung des Finanzamts uneingeschränkt zulässig. In diesem Fall gilt der Buchwert des Vorratsbestands am Ende des dem Bewertungsmethodenwechsel vorangegangenen Wirtschaftsjahrs als erster Zugang.[8] Eine Rückkehr zur Einzel- oder Durchschnittsbewertung ist dagegen zustimmungsbedürftig.

 
Praxis-Tipp

Übergang auf die Lifo-Methode

Beim Übergang auf die Lifo-Methode können zulässige Abschläge von den Anschaffungskosten der betreffenden Vorratsgüter aus früheren Jahren (z. B. Teilwertabschreibungen, übertragene stille Rücklagen) fortgeführt werden. Nach verschiedentlich vertretener Auffassung soll in diesen Fällen aufgrund der Fiktion des § 6 Abs. 1 Nr. 2a Satz 2 EStG ("gilt … als erster Zugang") das Wertaufholungsgebot nicht greifen, wodurch die vor Beginn des Lifo-Verfahrens vorgenommenen Teilwertabschreibungen bis zum Abgang der Wirtschaftsgüter eingefroren wären.[9] Wenngleich gute Gründe für diese Auslegung sprechen, verbleibt insoweit ein steuerliches Risiko, zumal sie in der Kommentarliteratur Widerspruch erfahren hat.[10]

[3] Vgl. BMF, Schreiben v. 28.3.1990, BStBl 1990 I S. 148; OFD Münster v. 15.6.1992, BB 1992, S. 1388 (betreffend die Weinwirtschaft); BMF, Schreiben v. 9.4.1992, DB 1992, S. 1103 (betreffend die Tabakindustrie); FinMin Sachsen, Schreiben v. 12.5.1992, 32 – S 2174 – 4/4 – 17171 (betreffend die Sekundärrohstoff- und Entsorgungswirtschaft); zu Gruppen in der Textilindustrie s. Jungkunz/Köprich, DB 1989, S. 2290.
[5] So auch Kulosa, in Schmidt, EStG, 38. Aufl. 2019, § 6 EStG, Rz. 416.
[6] Vgl. BMF, Schreiben v. 12.5.2015, IV C 6 – S 2174/07/10001 :002, Einleitung u. Rz. 3, sowie Herzig, DB 2014, S. 1758.
[7] Vgl. Adrian, WPg 2015, S. 170; Herzig, DB 2014, S. 1756 ff.; vgl. auch Hüttemann/Meinert, DB 2013, S. 1870. Zu Recht der Auffassung des BFH folgend Hoffmann, StuB 2014, S. 749; vgl. auch Hoffmann/Lüdenbach, NWB Kommentar Bilanzierung, 12. Aufl. 2021, § 256, Rz. 40 ff.
[9] Vgl. Hötzel/Pelzer, DStR 1998, S. 1866.
[10] Vgl. z. B. Kulosa, in Schmidt, EStG, 39. Aufl. 2020, § 6 EStG, Rz. 422.

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