Der Betriebsrat hat nach Betriebsverfassungsgesetz (§ 87 BetrVG) das Mitbestimmungsrecht in Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Die Videoüberwachungsanlage gilt als eine technische Einrichtung, die dazu bestimmt ist, das Verhalten und die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Somit ist es also notwendig, den Betriebsrat mit einzubeziehen, auch dann wenn öffentliche Räume überwacht werden, in denen Angestellte arbeiten.

Das BAG hat 2012 ein älteres Urteil bestätigt, nach dem die Betriebsparteien und damit auch die Einigungsstelle grundsätzlich befugt sind, Regelungen über die Einführung und Ausgestaltung einer Videoüberwachung zu treffen. Dies folgt aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Eine Videoüberwachungsanlage ist eine technische Einrichtung, die dazu bestimmt ist, das Verhalten und die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen.[1]

Die IHK-Hochrhein-Bodensee vertritt folgende Meinung: Zulässig ist bspw. die Videoüberwachung in Geschäftsräumen von Kaufhäusern und Tankstellen zur Verhinderung von Diebstählen, da hier ein ständiger Warenverlust droht oder auch bei Bankschaltern, wo die Videoüberwachung häufig das einzige Mittel darstellt, um Täter zu ermitteln. Wenn Videoüberwachung stattfindet, ist dies erkennbar zu machen – der Hinweis sollte gut sichtbar sein. Darüber ist auch bekanntzugeben, welche Firma überwacht. Die Daten sind unverzüglich wieder zu löschen, wenn der Zweck der Überwachung erreicht ist. Auch hier gilt, dass die Daten nur für den ursprünglichen Zweck verwendet und nicht anderweitig ausgewertet werden dürfen. Wenn der Arbeitgeber also seine Verkaufsräume videoüberwacht, um Diebstahl zu verhindern (berechtigtes Interesse), darf er die Videoaufnahmen nicht dazu benutzen, das Arbeitsverhalten seiner Mitarbeiter zu kontrollieren.[2]

Im folgenden Urteil des BAG geht es um ein Einzelhandelsunternehmen, und die Situation kommt immer wieder vor. Mit Zustimmung des Betriebsrats wurden Videokameras in den Verkaufsräumen der Filiale installiert. Am 12.1.2009 wertete die Arbeitgeberin das ihr übergebene Filmmaterial im Beisein eines Betriebsratsmitglieds aus und beschuldigte eine Angestellte anschließend, dass sich diese heimlich Zigaretten angeeignet habe. Das BAG hatte unter anderem zu prüfen, ob die Verwertung von heimlich beschafften persönlichen Daten und Erkenntnissen, die sich aus diesen Daten ergeben, mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Betroffenen vereinbar ist. Außerdem beurteilte das BAG, ob die Kündigung der Angestellten wegen Diebstahl rechtmäßig sei und bestätige diese im Prinzip. Es ging aber auch um die Frage, ob die Videoüberwachung und die Auswertung der Daten zulässig sei. Das hängt laut diesem Urteil sehr von der Situation ab und ist keineswegs eindeutig geregelt.

  • Ob und inwieweit eine verdeckte Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Verkaufsräume zulässig ist, wenn sie dem Ziel der Aufklärung eines gegen dort beschäftigte Arbeitnehmer bestehenden konkreten Verdachts der Begehung von Straftaten oder anderer schwerwiegender Pflichtverletzungen dient, lässt sich nur durch eine Abwägung der gegensätzlichen Grundrechte des Arbeitgebers und der Angestellten unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall beurteilen. Ein uneingeschränktes Verbot der verdeckten Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume würde dem nicht gerecht. § 6b BDSG ist deshalb – verfassungskonform – dahin auszulegen, dass auch eine verdeckte Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume im Einzelfall zulässig sein kann.
  • Die heimliche Videoüberwachung eines Arbeitnehmers ist nach BAG zulässig, wenn der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers besteht, weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachts ergebnislos ausgeschöpft sind, die verdeckte Videoüberwachung damit praktisch das einzig verbleibende Mittel darstellt und sie insgesamt nicht unverhältnismäßig ist. Der Verdacht muss in Bezug auf eine konkrete strafbare Handlung oder andere schwere Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers gegen einen zumindest räumlich und funktional abgrenzbaren Kreis von Arbeitnehmern bestehen. Er darf sich nicht auf die allgemeine Mutmaßung beschränken, es könnten Straftaten begangen werden, er muss sich jedoch nicht notwendig nur gegen einen einzelnen, bestimmten Arbeitnehmer richten.[3]

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