Kommentar

1. Veruntreut ein Gesellschafter einer Personengesellschaft Geld, das der Gesellschaft gehört, indem er es vertragswidrig für private Zwecke verwendet, entsteht ein entsprechender Schadenersatzanspruch der Gesellschaft gegen den Schädiger ( Schadenersatz ) , der auf Rückzahlung der veruntreuten Beträge gerichtet ist. Ermittelt die Gesellschaft ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ( § 4 Abs. 1 EStG , § 5 EStG ), muß sie diesen Anspruch – sofern er werthaltig und nicht bestritten ist – als Wirtschaftsgut des Betriebsvermögens aktivieren .

2. Kann die Gesellschaft ihren Schadenersatzanspruch wegen Vermögenslosigkeit des Schädigers nicht realisieren, kommt es bei der Gesellschaft zu einer entsprechenden Minderung ihres Betriebsvermögens und damit zu einem Verlust im Sinne der Gewinnermittlungsvorschriften. Wenn der Ersatzanspruch nach Auflösung und Beendigung der Gesellschaft bei der Auseinandersetzung nicht befriedigt werden kann, tragen die übrigen Gesellschafter den Vermögensschaden in vollem Umfang; ihnen ist deshalb der Vermögensverlust zuzurechnen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 22.09.1994, IV R 41/93BFH, Urteil v. 22. 9. 1994, IV R 41/93.

Anmerkung:

Zwei Partner (A und B) hatten sich zwecks Durchführung von Industriemontagen zu einer Gesellschaft zusammengeschlossen. Sie gründeten eine Kommanditgesellschaft (KG), in der A als Komplementär in erster Linie seine persönliche Arbeitskraft und B als Kommanditist Geldmittel zur Verfügung stellen sollte. Nachdem A einen großen Teil der von B zur Verfügung gestellten Beträge zur Begleichung von Spiel- und Wettschulden verwendet hatte und deshalb wegen Veruntreuung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden war, begehrte B, die ihm hierdurch entstandenen Verluste im Rahmen einer Einkünftefeststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO zu berücksichtigen . Dies lehnte das Finanzamt mit der Begründung ab, die Gesellschaft sei nie gewerblich tätig gewesen; der Verlust betreffe die steuerlich nicht zu berücksichtigende private Vermögensspähre des A.

Der BFH sah sich mangels entsprechender Sachverhaltsfeststellungen zu einer abschließenden Entscheidung nicht in der Lage. Er sieht einen betrieblich veranlaßten – und damit berücksichtigungsfähigen – Verlust durch die Veruntreuungen des A für den Fall als gegeben an, daß die Gründung der Gesellschaft zu einer Mitunternehmerschaft i. S. d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG geführt hat. In diesem Fall hätte die Veruntreuung von Gesellschaftsvermögen durch einen der Gesellschafter den Verlust von Betriebsvermögen bedeutet. Das hätte zur Folge gehabt, daß die Forderung auf Rückzahlung der veruntreuten Gelder betrieblichen Charakter gehabt hätte. Ihr Ausfall (wegen Vermögenslosigkeit des A) wäre dann dem geschädigten Gesellschafter (B) bei der Auseinandersetzung nach Auflösung der Gesellschaft als betrieblicher Verlust zuzurechnen gewesen.

Nach den bisherigen Feststellungen des Finanzgerichts bestand allerdings auch die Möglichkeit, daß das Gesellschaftsverhältnis bereits vor der Veruntreuung beendet war und die von B in das gemeinsame Gesellschaftsvermögen eingelegten Geldmittel dem A nach Auflösung der Gesellschaft im Rahmen eines Darlehensverhältnisses (oder einer typischen stillen Gesellschaft) zur Verfügung gestellt worden waren. In diesem Fall hätte der Verlust der Forderung (bzw. der Einlage) als Verlust im Privatbereich des A angesehen werden müssen; dies hätte sich nicht einkommensmindernd ausgewirkt.

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