Kommentar

Zum 1.1.2020 und zum 1.1.2021 traten verschiedene Änderungen im Zusammenhang mit der Steuerbefreiung der eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Umsätze in Kraft. Die Finanzverwaltung hat jetzt den UStAE entsprechend angepasst und die Hinweise zu § 4 Nr. 16 und § 4 Nr. 25 UStG umfassend überarbeitet. Darüber hinaus wurden Konsequenzen aus der Rechtsprechung mit in den UStAE eingearbeitet.

Die rechtliche Problematik

In den vergangenen Jahren sind gesetzliche Änderungen im Zusammenhang mit der Steuerbefreiung der eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Leistungen in § 4 Nr. 16 und Nr. 25 UStG umgesetzt worden:

  • Der Katalog der steuerfreien Leistungen wurde zum 1.1.2020[1] um die Leistungen der Adoptionsvermittlung nach dem Adoptionsvermittlungsgesetz[2] ergänzt.
  • Es erfolgte eine Anpassung der Auflistung der anderen anerkannten Einrichtungen mit sozialem Charakter[3] zum 1.1.2020[4] aufgrund der Aufhebung des § 23 UStDV.
  • Im Zusammenhang mit den eng mit der Betreuung oder Pflege körperlich, kognitiv oder psychisch hilfsbedürftiger Personen ausgeführten Leistungen, wurden zum 1.1.2021[5] Anpassungen und Ergänzungen vorgenommen:

    • Klarstellung, dass unter den weiteren Voraussetzungen auch Leistungen von Einrichtungen befreit sein können, die selbst keine Pflege- oder Betreuungsleistungen, sondern lediglich damit eng verbundene Leistungen ausführen.[6]
    • Anerkennung von Einrichtungen mit sozialem Charakter, mit denen eine Vereinbarung zur Pflegeberatung nach § 7a SGB XI besteht.[7]
    • Anpassung der sog. "Sozialgrenze" bei den begünstigten Einrichtungen bezüglich der Erstattung der Kosten durch Sozialträger (früher ergab sich ein Bezug auf die Verhältnisse des Vorjahrs, dies wurde auf eine unterjährige Betrachtung geändert).[8]

Darüber hinaus hatte sich auch der BFH – teilweise nach Anrufung des EuGH – zu den Fragen der Steuerbefreiung im Zusammenhang mit der sozialen Sicherheit geäußert. Die Finanzverwaltung nimmt die Urteile – soweit sie noch von Bedeutung sind – mit in den UStAE auf.

Wichtig

Teilweise musste der BFH aufgrund der Entscheidung des EuGH[9] seine Rechtsprechung zur (mittelbaren) Begünstigung einer Einrichtung anpassen. Während er noch 2015[10] entschieden hatte, dass es für die Anerkennung bereits ausreiche, dass die Kosten mittelbar (durchgeleitet) von Einrichtungen der sozialen Sicherheit getragen werden, auch wenn – wie beim Subunternehmer – keine direkten vertraglichen Beziehungen zum öffentlichen Träger bestehen, hat er dies aufgeben müssen. Nach der Entscheidung des BFH folgt die Anerkennung eines Gutachters als Einrichtung mit sozialem Charakter nicht aus einer bloß mittelbaren Erstattung der Kosten für die Gutachtertätigkeit über den MDK, ohne dass dies auf einer expliziten Entscheidung der Pflegekasse beruht oder der Gutachter die Möglichkeit genutzt hätte, in Bezug auf diese Tätigkeit mit der Pflegekasse einen entsprechenden Vertrag zu schließen.

Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen

Wichtig

Das BMF-Schreiben ändert und ergänzt Abschn. 4.16.1 – 4.16.6 sowie Abschn. 4.25.1 UStAE.

Die von der Finanzverwaltung vorgenommenen Anpassungen betreffen insbesondere die Regelungen zu § 4 Nr. 16 UStG. Die Finanzverwaltung nimmt dabei auch die Anpassung an die neue gesetzliche Beschreibung der begünstigten Leistungen vor (früher: körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftig; jetzt: körperlich, kognitiv oder psychisch hilfsbedürftig), ohne dass sich dadurch inhaltliche Veränderungen ergeben. Insbesondere nimmt die Finanzverwaltung aber die folgenden Änderungen bzw. Ergänzungen vor:

  • Klarstellung, dass eine Aufgabenübertragung oder Kostenübernahme ohne eine spezifische gesetzliche Grundlage nicht zu einer Anerkennung eines Unternehmers als eine Einrichtung mit sozialem Charakter führt.[11]
  • Ausführliche Hinweise, wer Träger der Sozialversicherung und Träger der Sozialhilfe sind.[12]
  • Aktualisierung der Hinweise zur Berechnung der "Sozialgrenze", nach der Einrichtungen, bei denen die Betreuungs- oder Pflegekosten oder die Kosten für eng mit der Betreuung oder Pflege verbundene Leistungen in mindestens 25 % der Fälle von den Sozialträgern erstattet werden müssen.[13]
Wichtig

Maßgebend für die Beurteilung sind die Verhältnisse zu Beginn des Kalenderjahrs bzw. bei Aufnahme der Tätigkeit, unabhängig davon, wie sich die Umsätze des Unternehmers später im Kalenderjahr entwickeln. Die Grenze gilt auch ab dem Zeitpunkt als erreicht, ab dem der Unternehmer aufgrund einer Vereinbarung mit einem Sozialträger absehbar regelmäßig die 25 %-Grenze erreichen wird. Die 25 %-Grenze gilt auch für das laufende Kalenderjahr als erreicht, wenn diese im vorangegangenen Kalenderjahr erreicht wurde. Bis 31.12.2020 wurde in diesen Fällen auf die Verhältnisse des jeweiligen Vorjahrs abgestellt.

  • Die Vergütung nach § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. m UStG kann unter bestimmten Fällen auch bei einer mittelbaren (durchgeleiteten) Kostentragung vorliegen.[14] Die bloße Möglichkeit, Verträge...

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