OFD Niedersachsen, 31.7.2015, S 7100 - 497 - St 171/S 7100 - 894 - St 171

 

1. Allgemeines

Der Betreiber eines Telekommunikationsnetzes (sog. Teilnehmernetzbetreiber – TNB –) ist verpflichtet, seinem Kunden Zugang zu gewähren zu Leistungen anderer Anbieter von Netzdienstleistungen (sog. Verbindungsnetzbetreiber – VNB –) sowie zu Leistungen sonstiger Anbieter, die diese über den Netzzugang des TNB erbringen (§ 21 TelekommunikationsgesetzTKG –).

Beim Interconnectionverfahren kann der Kunde wählen, ob er dauerhaft („Preselection”) oder fallweise („call-by-call-Selection”) Leistungen eines anderen VNB in Anspruch nehmen möchte. In beiden Fällen hat der Kunde ein Wahlrecht, ob er die Telekommunikationsdienstleistungen des VNB direkt von diesem abgerechnet haben möchte oder ob er die Berechnung der Leistungen durch seinen TNB durchführen lässt. Im Rahmen der Ausübung dieses Wahlrechts (auch „Carrier-Selection” genannt) arbeiten der TNB und VNB zusammen (sog. Interconnection).

Beim Premium-Dienst (z.B. 0900-Nummer) erbringt ein sonstiger Anbieter sog. Inhaltsleistungen wie z.B. Verkehrs-, Wetter- oder Börsennachrichten. Der Kunde ruft die Inhaltsleistungen über Service-Rufnummern ab, bei denen i.d.R. ein erhöhtes Verbindungsentgelt anfällt.

Beim Dienst mit Kostenteilung (z.B. 0180-Nummer) wird das für die Verbindung zu entrichtende Entgelt zwischen dem Angerufenen und dem Anrufer aufgeteilt.

Rechnet der TNB über die Leistung der anderen Anbieter ab, hat er in der Rechnung jeweils Namen, Anschrift, Kundendiensttelefonnummer und die Gesamthöhe des auf den einzelnen Anbieter entfallenden Entgelts zu nennen (§ 45h Abs. 1 TKG). Da der TNB bezüglich dieser Leistungen nicht leistender Unternehmer ist, entspricht die Abrechnung nicht den Anforderungen der §§ 14, 14a UStG für eine ordnungsgemäße Rechnung. Um daraus resultierende Probleme zu vermeiden, wird gesetzlich eine Dienstleistungskommission fingiert (sogenannte Branchenlösung).

 

2. Umsätze bis zum 31.12.2014

 

2.1. Fiktion einer Dienstleistungskommission

Rechnet der TNB im Interconnectionverfahren, beim Premium-Dienst oder beim Dienst mit Kostenteilung gegenüber dem Kunden über die Leistung eines anderen Anbieters ab, gilt die Leistung für Zwecke der Umsatzsteuer als vom TNB im eigenen Namen und für fremde Rechnung an den Kunden erbracht (§ 45h Abs. 4 TKG in der bis zum 31.12.2014 geltenden Fassung). Damit werden die Voraussetzungen der Dienstleistungskommission nach § 3 Abs. 11 UStG fingiert. Umsatzsteuerlich gilt die Leistung als vom anderen Anbieter an den TNB und von diesem an den Kunden erbracht. Auf beiden Stufen liegen Telekommunikationsdienstleistungen im Sinne von § 3a Abs. 4 Satz 2 Nr. 11 UStG in der bis zum 31.12.2014 geltenden Fassung vor. Denn bei einer Dienstleistungskommission werden die Leistungen bezüglich ihres Inhalts gleich behandelt (Abschn. 3.15 Abs. 2 Satz 1 UStAE).

Werden mehrere andere Anbieter zwischengeschaltet, gelten die vorstehenden Ausführungen in allen Fällen entsprechend.

Bei einem Dienst mit Kostenteilung erbringt der TNB neben der Leistung an den Kunden im Rahmen der Dienstleistungskommission noch eine Telekommunikationsdienstleistung an den Anbieter. Er verschafft ihm die Möglichkeit, bundesweit zu einem einheitlichen Tarif erreichbar zu sein. Entgelt ist der auf den Dienstanbieter entfallende Teil der Gebühren.

 

2.2. Keine Fiktion Dienstleistungskommission

Beim Download von Klingeltönen, Logos, Handy-Games u.Ä. werden die Voraussetzungen einer Dienstleistungskommission nicht fingiert. § 45h Abs. 4 TKG gilt nur für Leistungen, die der Kunde während der Telekommunikationsverbindung in Anspruch nimmt und deren Nutzung nach Beendigung der Verbindung nicht möglich ist. Die genannten Inhalte kann der Kunde jedoch nach dem Herunterladen ohne Telekommunikationsverbindung nutzen.

Haben alle an einer Leistungskette Beteiligten dennoch entsprechend § 45h Abs. 4 TKG abgerechnet, wird dies für vor dem 1.1.2015 ausgeführte Umsätze nicht beanstandet.

 

2.3. Grenzüberschreitende Sachverhalte

Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten kann es wegen des auf das Inland begrenzten Anwendungsbereichs des TKG zu einer Doppelbesteuerung kommen.

Beispiel:

Der Anbieter ist in Deutschland ansässig, der private Endkunde in Großbritannien. Als abrechnender TNB fungiert ein britisches Telekommunikationsunternehmen.

Es handelt sich nicht um einen Fall des § 45h Abs. 4 TKG, weil kein deutscher TNB die Leistung des deutschen Anbieters gegenüber dem britischen Endkunden abrechnet. Die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Dienstleistungskommission werden nicht fingiert. Folglich erbringt der deutsche Anbieter seine Leistung direkt an den britischen Endkunden. Die Leistung unterliegt in Deutschland der Besteuerung (§ 3a Abs. 1 UStG). Die britische Finanzbehörde geht jedoch von einer grenzüberschreitenden Dienstleistungskommission und damit von einer sonstigen Leistung des deutschen Anbieters an den britischen TNB aus. Der britische TNB behält Mehrwertsteuer ein (umgekehrte Steuersch...

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