1 § 1 LkSG: Anwendungsbereich

1.1 Gesetzestext

 

§ 1 Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz findet Anwendung auf Unternehmen ungeachtet ihrer Rechtsform, die

  1. ihre Hauptverwaltung, ihre Hauptniederlassung, ihren Verwaltungssitz oder ihren satzungsmäßigen Sitz im Inland haben und
  2. in der Regel mindestens 3.000 Arbeitnehmer im Inland beschäftigen; ins Ausland entsandte Arbeitnehmer sind erfasst.

Abweichend von Satz 1 Nr. 1 ist dieses Gesetz auch anzuwenden auf Unternehmen ungeachtet ihrer Rechtsform, die

  1. eine Zweigniederlassung gemäß § 13d des Handelsgesetzbuchs im Inland haben und
  2. in der Regel mindestens 3.000 Arbeitnehmer im Inland beschäftigen.

Ab dem 1. Januar 2024 betragen die in Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 Nr. 2 vorgesehenen Schwellenwerte jeweils 1.000 Arbeitnehmer.

(2) Leiharbeitnehmer sind bei der Berechnung der Arbeitnehmerzahl (Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 Nr. 2) des Entleihunternehmens zu berücksichtigen, wenn die Einsatzdauer sechs Monate übersteigt.

(3) Innerhalb von verbundenen Unternehmen (§ 15 des Aktiengesetzes) sind die im Inland beschäftigten Arbeitnehmer sämtlicher konzernangehöriger Gesellschaften bei der Berechnung der Arbeitnehmerzahl (Abs. 1 Satz 1 Nr. 2) der Obergesellschaft zu berücksichtigen; ins Ausland entsandte Arbeitnehmer sind erfasst.

1.2 Erläuterungen

Der Gesetzgeber betont die Rechtsformneutralität des Begriffs des ›Unternehmens‹. Ausschlaggebend für die Anwendbarkeit des Gesetzes sind demnach die Arbeitnehmerschwelle und der satzungsmäßige Sitz des Unternehmens im Inland.[1]

Juristische Personen des öffentlichen Rechts, die Verwaltungsaufgaben einer Gebietskörperschaft wahrnehmen, fallen, solange sie nicht unternehmerisch am Markt tätig sind, nicht unter die Geltung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes.

[1] Vgl. BT-Drs. 19/28649, S. 31.

1.2.1 Zu Abs. 1 Nr. 1

Der Verwaltungssitz eines Unternehmens kann aufgrund der Freizügigkeit der EU auch im Ausland liegen, sofern der Satzungssitz im Inland liegt. Der Gesetzgeber beschreibt ferner: ›Liegt die Hauptverwaltung, die Hauptniederlassung, der Verwaltungssitz oder der satzungsmäßige Sitz des Unternehmens im Inland, ist davon auszugehen, dass dort relevante Entscheidungen für das Risikomanagement der Lieferketten getroffen werden.‹[1]

Demnach können auch Unternehmen mit Verwaltungssitz im Ausland unter den Geltungsbereich des LkSG fallen, sofern der Satzungssitz in Deutschland liegt. Andererseits ›werden auch Unternehmen erfasst, die im Ausland nach europäischem oder ausländischem Recht gegründet und deren Hauptverwaltungssitz, Hauptniederlassung oder Verwaltungssitz in Deutschland liegt.‹[2]

[1] Vgl. BT-Drs. 19/28649, S. 32.
[2] Vgl. BT-Drs. 19/28649, S. 32.

1.2.2 Zu Abs. 1 Nr. 2

Es bedarf einer Betrachtung der zurückliegenden sowie der vorausschauenden/erwarteten Personalentwicklung. Beide betrachteten Zeiträume sind angemessen zu wählen, um die Einflussnahme von (kurzzeitigen) Schwankungen zu verhindern.[1]

Ferner schreibt der Gesetzgeber: Für die Prognose sind die Gegebenheiten zu ermitteln, die die Entwicklung des Unternehmens im Einzelfall kennzeichnen. Dazu zählen insbesondere konkrete Veränderungsentscheidungen durch den Arbeitgeber, zum Beispiel, ob für die Zukunft eine kontinuierliche Verkleinerung der Belegschaft bis zu einem bestimmten Niveau geplant ist. Erforderlich ist, dass diese Entscheidung von dem zuständigen Gesellschaftsorgan beschlossen ist und ihrer Verwirklichung nichts Wesentliches mehr im Weg steht. Daher reichen die bloße Erwartung einer Verschlechterung der Auftragslage oder die bloße Absicht einer Werksschließung nicht aus.

Kurzfristig bzw. zeitweilig Beschäftigte werden erst ab einer Mindesteinsatzdauer von sechs Monaten[2] bei der Bestimmung der Mitarbeiterzahl berücksichtigt.

[1] Ähnlich wird auch in anderen Rechtsbereichen zur Berechnung der Arbeitnehmerschwelle vorgegangen, vgl. BAG 1. Senat, Urteil v. 16.11.2004 – 1 AZR 642/03 – Rz. 11 ff. – juris.
[2] Siehe BGH Beschluss v. 25.6.2019 zum Arbeitsplatzbezug.

1.2.2.1 Zu Abs. 2

Teilzeitbeschäftigte werden für gewöhnlich anteilig in die Zahl der Mitarbeitenden eines Unternehmens eingerechnet. Demnach werden beispielsweise 50 % Kräfte auch nur zu 50 % berücksichtigt.

Da Auszubildende aufgrund ihrer noch nicht gänzlich ausgereiften Kenntnisse nicht dieselbe Arbeitskraft erbringen können, wie es eine ausgelernte Vollzeitkraft leisten kann, und für Berufsschultage etc. umfangreiche Abwesenheiten aufweisen, werden Auszubildende ebenfalls anteilig in die Gesamtzahl der Mitarbeitenden eines Unternehmens einberechnet. Aufgrund mangelnder Leitlinien lässt sich eine prozentuale Anrechnung der Auszubildenden rechtfertigen. Jedoch bedarf es einer Differenzierung nach Ausbildungsjahr bzw. vielmehr nach der tatsächlichen Anzahl an Stunden, die sie bei der Arbeit erbringen. Denkbar wäre beispielsweise folgende Abstufung gemäß dem Ansatz der Vollzeitäquivalente – Auszubildende,

  • die bis zu 20 Stunden arbeiten, können mit dem Faktor 0,5;
  • die bis zu 30 Stunden arbeiten, mit dem Faktor 0,75;
  • die über 30 Stunden arbeiten, können mit den Faktor 1 einberechnet werden.

Da es für diese Bestimmung jedoch noch keine kon...

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