In diesem Kapitel wird das Thema ›VP-Richtlinien-Erstellung‹ erläutert.[13]

Abb. 9: Verrechnungspreiszyklus – VP-Richtlinien-Erstellung

Nach dem Festlegen der VP-Strategie sowie der daraus abgeleiteten VP-Modellierung empfiehlt es sich, die Art und Weise der VP-Bildung je Transaktionsgruppe in einer VP-Richtlinie konzernweit verbindlich festzuschreiben und von der Geschäftsführung freizeichnen und veröffentlichen zu lassen. Die große Kunst besteht darin zu erreichen, dass die VP-Richtlinie im Konzern tatsächlich gelebt wird. Dieses Ziel kann nicht erreicht werden, wenn die Richtlinie lediglich z. B. im Intranet veröffentlicht wird. Die folgenden Fragen geben einige Denkanstöße für die praktische Umsetzung.

  • Wie sollen die Rollen & Verantwortlichkeiten für die Pflege der VP-Richtlinie, die Erstellung der VP-Dokumentation, die operativen VP-Prozesse, die Betreuung der Betriebsprüfungen etc. definiert werden?
  • Existiert eine VP-Richtlinie für den Gesamtkonzern oder für Teilkonzerne bzw. Business Units oder für bestimmte Transaktionstypen?
  • Welchem Zweck soll die VP-Richtlinie dienen? Soll sie eher einen allgemeinen Überblick aus steuerlicher Sicht (Funktions- und Risikoanalyse, Charakterisierung, VP-Methoden, VP-Kalkulationsschemata) geben oder soll sie eher als konkrete Arbeitsanweisung für die Mitarbeiter der operativen VP-Prozesse ausformuliert sein?
  • Wer sind die Adressaten? Mitarbeiter der Steuer- und/oder der Controllingabteilung? Soll die VP-Richtlinie auf Nachfrage auch der Betriebsprüfung übergeben werden?
  • Welche Abteilung ist für die Erstellung und Pflege der VP-Richtlinie verantwortlich?
  • Umfasst die VP-Richtlinie sämtliche konzerninterne Transaktionen?
  • Wie wurden die VP-Richtlinien konzernweit kommuniziert? Via Intranet, E-Mailing, Webcast, Videokonferenz, persönliche Meetings, Schulungen?
  • Werden die VP-Richtlinien tatsächlich gelebt?
  • Wie wird die Einhaltung der VP-Richtlinien sichergestellt?
  • Kann der Grad der Einhaltung der VP-Richtlinien gemessen werden?
  • Existieren von einer VP-Richtlinie abgeleitete operative Arbeitsanweisungen (z. B. Prozessbeschreibungen, die Definition von Rollen & Verantwortlichkeiten, RACI-Charts, Activity Splits, VP-Softwarescreenshots etc.), die von Anwendern für Anwender geschrieben sind?
  • Könnte es, wenn die VP-Richtlinie als kaum gelesene PDF-Datei im Intranet gespeichert ist, sinnvoll sein, den Inhalt der Richtlinie in einem Frage-Antwort-basierten interaktiven Dialogsystem (z. B. mit BPMN 2.0 und DMN modelliert, vgl. Teil A, Kapitel 4.4.3) anzubieten?

Nachdem das Unternehmen die VP-Strategie und als Ergebnis der ›VP-Modellierung‹ auch die VP-Konzepte und -Methoden für die relevanten konzerninternen Transaktionen festgelegt hat, empfiehlt es sich, alle wesentlichen Aspekte in einer konzernweit gültigen VP-Richtlinie festzuhalten. Dies ist ›State of the Art‹.

[13] Beitrag teilweise entnommen aus: Hanken/Kleinhietpaß, Verrechnungspreise. Im Spannungsfeld von Controlling und Steuern, 2014.

4.3.1 Gliederung einer VP-Richtlinie

Da das VP-Management im Konzern ganzheitlich umzusetzen ist und daher verschiedene Abteilungen involviert sind, spricht eine VP-Richtlinie unterschiedliche Adressaten an. Typischerweise enthält eine VP-Richtlinie u. a. folgende Kapitel und hat in Teilen Ähnlichkeit mit dem Aufbau einer VP-Dokumentation, wenngleich sie letztere nicht ersetzt:

 
1 Allgemeiner Teil
1.1 Zweck, Geltungs- und Anwendungsbereich der Richtlinie
1.2 Definitionen
1.3 VP-Strategie
1.4 Funktions- und Risikoanalyse, Charakterisierung der Gesellschaften
1.5 Verrechnungspreismethoden und -grundsätze
1.6 Rollen & Verantwortlichkeiten
1.7 VP-Dokumentation (Erstellung, Review, Freigabe, Fristen), Archivierung
1.8 Update der VP-Richtlinie (regelmäßige Überprüfung, CFO-Freigabe, Kommunikation)
1.9 VP-Verteidigung (BP, MAP, APA)
2 Transaktionsteil
2.1 Transaktion 1
2.1.1 Beschreibung der Transaktion
2.1.2 Funktions- und Risikoanalyse
2.1.3 VP-Methode inkl. Formel zur VP-Kalkulation
2.1.4 VP-Prozess für VP-Kalkulation, Margen-Überwachung, Jahresendanpassungen
2.1.5 Intercompany-Vertrag (Rechnungsstellung, Zahlungskonditionen, Währung, GAAP etc.)
2.1.6 VP-Dokumentation (Besonderheiten)
2.2 Transaktion 2
2.2.1 Beschreibung der Transaktion
… …

Wie oben erwähnt, kann eine VP-Richtlinie keine VP-Dokumentation ersetzen. Aber sie stellt eine wichtige Grundlage dar und sie hilft, den Dokumentationsumfang zu reduzieren, wenn nachgewiesen werden kann, dass die VP-Richtlinie tatsächlich ›gelebt‹ wurde.

Um ihre Bedeutung konzernweit zu unterstreichen, sollte die VP-Richtlinie idealerweise vom Management (z. B. CFO/Leiter Finanzen) freigezeichnet und veröffentlicht werden. Eine VP-Richtlinie sollte jährlich überprüft und an die sich verändernden operativen Geschäftsmodelle/Transaktionen angepasst werden.

Am wichtigsten ist jedoch, dass es nicht bei der Veröffentlichung der VP-Richtlinie bleibt, sondern dass sie im Konzern implementiert wird. Dies ist in der Praxis der mit Abstand größte und schwierigste Teil eines solchen Projekts, da z. B. Prozesse ...

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