Aus steuerlicher Sicht werden Verrechnungspreise als Preise und Konditionen für grenzüberschreitende[5] Geschäftsbeziehungen[6] zwischen verbundenen Unternehmen sowie zwischen Stammhaus und Betriebsstätte definiert. In Deutschland gelten Konzerngesellschaften dann als ›verbundene Unternehmen/nahestehende Personen‹ im Sinne der VP-Regelungen, wenn mittelbare oder unmittelbare Beteiligungsquoten von mindestens 25 % bestehen[7]. In anderen Ländern kann dies abweichend definiert sein. Aufgrund der relativ niedrigen deutschen Beteiligungsquote ergeben sich in der Praxis immer wieder Schwierigkeiten mit ›konzerninternen‹ Transaktionen zu Joint-Venture-Gesellschaften, an denen der Konzern z. B. zu 49 % oder 50 % beteiligt ist. Häufig können konzernweit einheitlich angewandte VP-Strukturen nicht auf Joint-Venture-Gesellschaften übertragen werden, weil das Joint Venture nur unter den im Joint-Venture-Vertrag speziell zwischen beiden unabhängigen Partnern ausgehandelten Bedingungen überhaupt zustande kam. Sowohl die Tatsache, dass hier eine Vereinbarung zwischen Konzernfremden geschlossen wurde als auch die zugrunde liegenden Konditionen und Preise sollten ausführlich in der VP-Dokumentation dokumentiert werden. Dies ist in der Praxis oftmals schwieriger als es scheint.

Steuerliche VP dienen ausschließlich der wertschöpfungsadäquaten Allokation des Konzernergebnisses. Bildlich gesprochen geht es hierbei lediglich um die ›Verteilung des Kuchens‹ (also Konzerngewinn und somit Steuersubstrat) auf die involvierten Staaten, während VP aus Controllingsicht letztlich das Ziel der ›Vergrößerung des Kuchens‹, d. h. der Maximierung des Konzerngewinns verfolgen.

Steuerliche VP bieten gleichermaßen Risiken und Chancen. Im Sinne einer nachhaltigen Unternehmensentwicklung ist zu empfehlen, zunächst zu überprüfen, ob VP-Risiken bestehen, diese dann zu reduzieren oder gar zu beseitigen, um erst in einem zweiten Schritt zu analysieren, welche Chancen und Mehrwerte sich für das Unternehmen mittels steuerlicher VP realisieren lassen könnten.

Welche steuerlichen Risiken könnten bei unangemessenen VP entstehen?

Welche steuerlichen Chancen könnten sich durch eine seriöse VP-Planung ergeben?

  • Berücksichtigung des internationalen Steuergefälles und Senkung der Konzernsteuerquote durch z. B. folgende Sachverhalte: vgl. Teil B, Kapitel 5.2

    • Genauere Aussteuerung von Brutto- oder Nettomargen von Routinevertriebs- oder Routineproduktionsgesellschaften innerhalb der Interquartilsbandbreiten
    • Nutzung von steuerlichen Verlustvorträgen
    • Ansiedlung neuer Funktionen/Abteilungen in Niedrigsteuer-Standorten (Achtung: geplante Mindeststeuer von 15 %, vgl. Teil B, Kapitel 5.1.9)
    • Quellensteuerreduzierung
    • Standortwahl und Gestaltung von Finanzierungstransaktionen
    • Standortwahl und Gestaltung von Know-how-Entwicklung und -Überlassung auch unter Berücksichtigung von Patentboxen und R&D Förderregimen (vgl. Teil B, Kapitel 5.2.3 und 5.2.4)
  • Berücksichtigung von positiven Zolleffekten bei der Festlegung der VP; vgl. Teil B, Kapitel 5.2

Alle oben genannten Optimierungen können den Konzern-Cashflow und das Ausschüttungspotenzial an die Gesellschafter positiv beeinflussen und sollten daher berücksichtigt werden.

Dieses Praktiker-Handbuch richtet sich sowohl an steuerlich nicht vorgebildete VP-Anwender als auch an erfahrene Controller und Steuerexperten. Daher wird zugunsten der besseren Praxisanwendbarkeit größtenteils sowohl auf akademische und theoretische steuerrechtliche Ausführungen als auch auf die Nennung von weiterführenden Artikeln/Kommentierungen verzichtet. Allerdings findet der interessierte Leser die wesentlichen Zitate der steuerlichen Vorschriften und die Textziffern der verwendeten Rechtsgrundlagen in den Fußnoten. Zudem sind der Vollständigkeit halber in Teil B, Kapitel 15 wichtige und aktuelle praxisrelevante nationale und internationale Rechtsgrundlagen mit einer Kurzbeschreibung zur eigenen Recherche zusammenfassend aufgelistet.

[5] Nach deutschem Steuerrecht sind ausschließlich grenzüberschreitende Transaktionen zu dokumentieren und unterliegen bei Unangemessenheit verschärften Sanktionen. In vielen anderen Ländern wie z. B. Belgien, Bosnien-Herzegowina, China, Costa-Rica, Dänemark, Finnland, Griechenland, Hongkong, Indien, Irland, Kolumbien, Kroatien, Luxemburg, Malaysia, Mexiko, den Niederlanden, Norwegen, Österreich, Peru, Polen, Portugal, Rumänien, Russland, Saudi-Arabien, Singapur, Spanien, Taiwan, Tschechien, Türkei, UK, Ungarn, USA, Zypern u. v. m. gelten die VP-Vorschriften jedoch auch für intranationale Transaktionen (aktuelle PwC Netzwerk Recherche).
[6] Weitere Erläuterungen zur Definition einer ›Geschäftsbeziehung‹ finden sich im Teil B, Kapitel 6.3.3.
[7] Vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 1 AStG. Ein ›Nahestehen‹ ist auch bei ›beherrsch...

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