Leitsatz

Der Umstand, dass die Tarifermäßigung bei der Ermittlung der Verdienstausfallentschädigung nach der Bruttolohnmethode regelmäßig zur Anwendung kommen kann, während sie bei Anwendung der Nettolohnmethode regelmäßig angewendet wird, rechtfertigt keine (weitere) Ausnahme von dem Grundsatz, dass bei Zufluss der Entschädigung in mehreren Veranlagungszeiträumen eine ermäßigte Besteuerung nicht in Betracht kommt.

 

Sachverhalt

Streitig ist, ob die Regelung des § 34 Abs. 1 EStG auf eine Verdienstausfallentschädigung anzuwenden ist. Die Klägerin war aufgrund medizinischer Behandlungsfehler bei einer Operation so erheblich geschädigt worden, dass sie in der Folge ihre Tätigkeit nur noch eingeschränkt ausüben konnte. Aufgrund eines Vergleichs zahlte die Versicherung einen Vergleichs- und Abfindungsbetrag, der sich aus einem Schmerzensgeld, einem Verdienstausfallschaden sowie aus sonstigen Kosten und Schäden zusammensetzt. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr gab die Klägerin die Verdienstausfallentschädigung als ermäßigt zu besteuernde Versorgungsbezüge für mehrere Jahre an. Das Finanzamt vertrat jedoch die Auffassung, dass der Verdienstausfallschaden gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG wie Arbeitslohn zu versteuern sei.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren beantragte die Klägerin im Klageverfahren weiter die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes.

 

Entscheidung

Das FG hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die von den Versicherungen gezahlte Erstattung der auf die Nettoverdienstausfallentschädigung zurückzuführenden (Mehr-)Steuern als Entschädigung im Sinne des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG anzusehen. Nach Auffassung des FG ist eine Trennung der Verdienstausfallentschädigung in Schadensersatz für den ausgefallenen Nettolohn einerseits und in Schadensersatz für die hierauf entfallende Einkommensteuer andererseits nicht möglich. Außerordentliche Einkünfte im Sinne des § 34 Abs. 1 EStG und § 34 Abs. 2 EStG werden in ständiger Rechtsprechung grundsätzlich nur bejaht, wenn die zu begünstigenden Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum zu erfassen sind. Weiter vertritt das FG die Auffassung, dass kein Grund ersichtlich sei, weshalb bei einer Ermittlung des Verdienstausfalls nach der modifizierten Nettolohnmethode der ersetzte Steuerschaden der Klägerin steuerfrei bleiben sollte. Die hierdurch regelmäßig verursachte mehrjährige Besteuerung sei zwangsläufige Folge einerseits der gewählten Berechnungsmethode für die Verdienstausfallentschädigung und andererseits der vereinbarten Auszahlungsmodalitäten.

 

Hinweis

Das FG hat die zugelassen. Die Revision wurde eingelegt, Az beim BFH IX R 26/23.

 

Link zur Entscheidung

FG Baden-Württemberg, Urteil v. 05.10.2023, 3 K 3132/20

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