OFD Cottbus, 15.03.1995, S 1950 - 1 - St 111

Zu der Problematik der steuerlichen Behandlung von sog. Altkrediten nehme ich wie folgt Stellung:

 

1. Ausweis der sog. Altkredite in der DM-Eröffnungsbilanz (EB)

Nach § 16 Abs. 1 DMBilG (D-Markbilanzgesetz) in der Fassung vom 28. Juli 1994 (BGBl I 1994, 1842, BStBl I 1994, 550), geändert durch Gesetz vom 9. August 1994 (BGBl I 1994 S. 2062) müssen Unternehmen, die eine EB aufzustellen haben, auf Mark der Deutschen Demokratischen Republik lautende Verbindlichkeiten, die vor dem 01. Juli 1990 begründet wurden (= sog. Altkredite), grundsätzlich im Verhältnis 2 : 1 auf Deutsche Mark umrechnen und mit diesem Wert in die EB einstellen.

Altkredite sind in der EB nicht auszuweisen, wenn

  1. vor Feststellung der EB eine schriftliche Erklärung des Gläubigers im Sinne des § 16 Abs. 3 DMBilG vorliegt, wonach er Zahlung nur verlangen wird, soweit die Erfüllung aus dem Jahresüberschuss möglich ist, und im Falle der Auflösung, Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Unternehmens hinter alle Gläubiger zurücktritt, die eine solche Erklärung nicht abgegeben haben, oder
  2. die Schuld bis zur Feststellung der EB vom Gläubiger erlassen oder von einem Dritten unentgeltlich übernommen wird (§ 16 Abs. 4 DMBilG), oder
  3. die Schuld nach Feststellung der EB, aber spätestens in einem in 1994 endenden Wirtschaftsjahr vom Gläubiger erlassen, von einem Dritten mit befreiender Wirkung unentgeltlich übernommen oder von diesem wirtschaftlich getragen wird oder in eine nachrangige Schuld nach § 16 Abs. 3 DMBilG umgewandelt wird (vgl. § 36 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. § 36 Abs. 4 Satz 2 DMBilG). In diesem Fall ist der Ansatz der Schuld gemäß § 36 Abs. 1 DMBilG in der nächstfolgenden Handelsbilanz erfolgsneutral zu berichtigen.

Ein Altkredit, der nach den vorgenannten Grundsätzen in der Handelsbilanz nicht auszuweisen ist, ist auch in der Steuerbilanz nicht zu passivieren (§ 50 Abs. 2 DMBilG).

Die Berichtigung der Handelsbilanz in den Fällen des Buchstaben c) nach § 36 Abs. 1 DMBilG führt zu einer Änderung der steuerlichen EB und etwaiger Folgebilanzen (§ 50 Abs. 3 S. 1 DMBilG). Die spezielle Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen EB für die steuerliche EB sowie der allgemeine Maßgeblichkeitsgrundsatz des § 5 Abs. 1 EStG werden insoweit durchbrochen.

Führt die Berichtigung der Bilanzansätze in zurückliegenden Veranlagungszeiträumen zu einem geänderten Gewinn oder Verlust, so sind Steuerbescheide, die bereits erlassen wurden, zu ändern (ggf. nach § 164 Abs. 2 AO oder nach § 172 Abs. 1 Nr. 2d AO i.V.m. § 50 Abs. 3 Satz 2 DMBilG).

In den Fallgruppen der Buchstaben b) und c) ist es unerheblich, aus welchen Gründen die Schuld erlassen, von einem Dritten mit befreiender Wirkung unentgeltlich übernommen oder von diesem wirtschaftlich getragen oder in eine nachrangige Schuld nach § 16 Abs. 3 DMBilG umgewandelt wird. Es ist insoweit nicht zu prüfen, ob der Tatbestand der verdeckten Einlage im Sinne von Abschnitt 36a KStR erfüllt ist.

 

2. Behandlung der Zinszahlungen auf einen Altkredit

Zinszahlungen auf einen Altkredit stellen grundsätzlich Betriebsausgaben dar.

In den Fällen, in denen ein Altkredit vom Gläubiger erlassen, von einem Dritten mit befreiender Wirkung unentgeltlich übernommen oder von diesem wirtschaftlich getragen oder in eine nachrangige Schuld nach § 16 Abs. 3 DMBilG umgewandelt wird, ist in Abhängigkeit von gesetzlichen Regelungen (z.B. Art. 25 Abs. 7 Einigungsvertrag) oder von der vertraglichen Gestaltung im Einzelfall nach den allgemeinen Grundsätzen der Bilanzierung zu prüfen, ob zum jeweiligen Bilanzstichtag eine Zinsschuld in der Bilanz auszuweisen ist. Dies setzt voraus, dass die Verpflichtung zur Zahlung von Kreditzinsen dem Grunde nach bestanden hat und die tatsächliche Inanspruchnahme durch den Gläubiger hinreichend sicher erwartet werden konnte.

Der Verzicht des Gläubigers auf nach dem 01. Juli 1990 entstandene Zinsansprüche stellt keine wertaufhellende Tatsache dar und zieht somit keine rückwirkende Berichtigung der Steuerbilanzen vorangegangener Wirtschaftsjahre nach sich. Die erforderliche Auflösung bilanzierter Zinsverbindlichkeiten/ -rückstellungen führt im Jahr des Verzichts grds. zu steuerpflichtigen Erträgen. Diese Erträge sind nur dann steuerfrei, wenn die Zinsschulden zum Zweck der Sanierung erlassen werden (§ 3 Nr. 66 EStG).

 

3. Gewerbesteuerliche Behandlung

Die Frage, ob die Entgelte für Altkredite, die als Betriebsausgaben den Gewinn gemindert haben, zur Ermittlung des Gewerbeertrags als Dauerschuldzinsen dem Gewinn aus Gewerbebetrieb nach § 8 Nr. 1 GewStG wieder hinzuzurechnen sind, ist nach den Verhältnissen im jeweiligen Erhebungszeitraum unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze der Hinzurechnungsvorschriften zu entscheiden (vgl. u.a. BFH, Urteil vom 22. August 1990, BStBl II 1991, 469).

 

Normenkette

§ 16 DMBilG;

§ 36 DMBilG

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