Rz. 21

§ 3 Abs. 3 UStG enthält keine eigenen Regelungen über den Zeitpunkt der Lieferung bei Kommissionsgeschäften. Insoweit gelten deshalb die Regelungen des § 3 Abs. 5a UStG. Vor allem bei den Fällen der Einkaufskommission werden die Bestimmungen über bewegte Lieferungen (Beförderungs- und Versendungslieferungen i. S. v. § 3 Abs. 6 UStG; vgl. die Kommentierung in § 3 Abs. 6 UStG Rz. 1ff.), ruhende Lieferungen (§ 3 Abs. 7 UStG; vgl. die Kommentierung in § 3 Abs. 7 UStG Rz. 1ff.) und die damit zusammenhängenden Sondervorschriften zu beachten sein.[1] Da die Lieferung zwischen Kommittent und Kommissionär (Verkaufskommission) bzw. Kommissionär und Kommittent (Einkaufskommission) auf der Fiktion des § 3 Abs. 3 UStG beruht, kann es sich dabei nicht um eine bewegte Lieferung i. S. d. § 3 Abs. 6 und 7 UStG handeln, denn fiktive Lieferungen sind einer Beförderung oder Versendung nicht zugänglich. Die fiktiven Lieferungen in Kommissionsgeschäften sind deshalb stets nach der in § 3 Abs. 7 UStG enthaltenen Grundnorm zum Ort der Lieferung (s. § 3 Abs. 5a Rz. 10) als ruhende Lieferungen zu beurteilen. Eine davon abweichende Beurteilung hat die Finanzverwaltung bei der Vereinfachungsregelung für innergemeinschaftliche Kommissionsgeschäfte zugelassen (Rz. 25).

 

Rz. 22

Ähnlich dem Fall der Lieferung von Sicherungsgut ist bei der Verkaufskommission zu berücksichtigen, dass der Verkaufskommissionär vor der Lieferung an den Käufer nicht befähigt ist, "wie ein Eigentümer" über das Kommissionsgut zu verfügen (Rz. 13).

 

Rz. 23

Die Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär wird deshalb erst in dem Zeitpunkt ausgeführt, in dem die Weiterlieferung des Kommissionsguts durch den Kommissionär an den Käufer bewirkt wird.[2] In der Literatur werden Bedenken gegen diese Auffassung aus Art. 14 Abs. 1 MwStSystRL abgeleitet, nach dem die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen, bereits als Lieferung gilt. Bereits bei der Übergabe des Kommissionsguts werde dem Kommissionär eine derartige eigentümerähnliche Verfügungsberechtigung regelmäßig eingeräumt.[3]

Nach der hier vertretenen Ansicht ist dem nicht zu folgen. Für die Erfüllung eines Besteuerungstatbestands fehlt in diesem Zeitpunkt bereits das vorausgesetzte Entgelt, das erst beim Verkauf bzw. dem Ankauf durch den Kommissionär feststeht. Außerdem kann aus dem Kommissionsgeschäft zwischen Kommittenten und Kommissionär selbst nicht auf ein erfolgreiches Geschäft des Kommissionärs mit einem Dritten geschlussfolgert werden. In der Erfolgsabhängigkeit des Kommissionsgeschäfts besteht der auch für die Umsatzsteuer wesentliche Unterschied zum Kauf und Weiterverkauf. Ein Leistungsaustausch liegt deshalb nur insoweit vor, wie ein Ausführungsgeschäft durchgeführt wird.[4]

 

Rz. 24

Die Finanzverwaltung folgt der Auffassung des BFH und geht ebenfalls von der Lieferung des Kommittenten an den Kommissionär erst im Zeitpunkt der Lieferung des Kommissionsguts an den Abnehmer aus.[5]

Zeitpunkt und Ort der Lieferung zwischen Kommittent und Kommissionär sind nach § 3 Abs. 6 und 7 UStG zu bestimmen. Die Lieferung des Kommissionärs an den Kommittenten findet zeitgleich, d. h. zum gleichen Zeitpunkt statt.

Bei der Verkaufskommission ist zu berücksichtigen, dass die Lieferung des Kommissionärs an den Dritten erst erfolgen kann, wenn er zuvor Verfügungsmacht über den Liefergegenstand erlangt hat.[6] Die Lieferung des Kommissionsguts durch den Kommittenten an den Kommissionär muss deshalb eine logische Sekunde vor der Weiterlieferung durch den Kommissionär erfolgt sein.[7]

Für die Einkaufskommission bedeutet zeitgleich, dass die Lieferung durch den Dritten an den Kommissionär eine logische Sekunde vor der Weiterlieferung durch den Kommissionär an den Kommittenten erfolgt.[8]

 

Rz. 24a

Im Kommissionsgeschäft bestimmt sich der Ort der tatsächlichen Lieferung (Rz. 12) nach § 3 Abs. 6 S. 1 bis 4 UStG, da diese grundsätzlich die bewegte Lieferung ist, wenn befördert oder versendet wird. Dagegen ist der Ort der fiktiven, auf § 3 Abs. 3 UStG beruhenden Lieferung nach § 3 Abs. 7 UStG zu ermitteln, da diese fiktive Lieferung einer Beförderung oder Versendung nicht zugänglich ist.

 

Beispiel Einkaufskommission:

Kommissionär B erwirbt vom Verkäufer A Waren im Wert von 10.000 EUR (netto), die er für 12.000 EUR (netto) an den Kommittenten C weiterveräußert. B beauftragt den A, die Waren direkt zu C zu transportieren; C beauftragt dazu den Spediteur D, der den Auftrag am 30.05.01 durch Übergabe an C ausführt.

Es handelt sich um ein Reihengeschäft i. S. d. § 3 Abs. 6 S. 5 UStG. Die Lieferung von A an B ist die bewegte Lieferung, deren Ort sich nach § 3 Abs. 6 S. 1 bis 4 UStG bestimmt. Die Lieferung von B an C ist die ruhende, im Reihengeschäft folgende Lieferung, deren Ort sich nach § 3 Abs. 7 Nr. 2 UStG richtet.

Beide Lieferungen finden zeitgleich statt, wobei die Lieferung von A an B eine logische Sekunde vor der Lieferung des B an C erfolgt.

 
Kommittent C Kommissionär B Verkäufer A
...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge