Rz. 7

Die nach § 3 Abs. 11a S. 1 UStG genannten Voraussetzungen unterscheiden sich von der allgemeinen Leistungskommission nur durch das vom eingeschalteten Unternehmer zur Ausführung der sonstigen Leistung bereitgestellte Medium, das ein Telekommunikationsnetz, eine Schnittstelle oder ein Portal sein muss. Damit werden von der Regelung vor allem elektronisch erbrachte Dienstleistungen einschließlich elektronisch erbrachte Telefondienste (VoIP-Dienste, Voice over Internet Protokoll) i. S. v. Art. 7 Abs. 1 MwStVO erfasst, die über das Internet oder ein ähnliches elektronisches Netz erbracht werden, deren Erbringung aufgrund ihrer Art im Wesentlichen automatisiert und nur mit minimaler menschlicher Beteiligung erfolgt und ohne Informationstechnologie nicht möglich wäre.[1]

 

Rz. 7a

Zu den elektronisch erbrachten Dienstleistungen gehören nach Art. 7 Abs. 2 MwStVO insbesondere:

  1. Überlassung digitaler Produkte allgemein, z. B. Software und zugehörige Änderungen oder Upgrades;
  2. Dienste, die in elektronischen Netzen eine Präsenz zu geschäftlichen oder persönlichen Zwecken, z. B. eine Website oder eine Webpage, vermitteln oder unterstützen;
  3. von einem Computer automatisch generierte Dienstleistungen über das Internet, oder ein ähnliches elektronisches Netz, auf der Grundlage spezifischer Dateninputs des Dienstleistungsempfängers;
  4. Einräumung des Rechts, gegen Entgelt eine Leistung auf einer Website, die als Online-Marktplatz fungiert, zum Kauf anzubieten, wobei die potenziellen Käufer ihr Gebot im Wege eines automatisierten Verfahrens abgeben und die Beteiligten durch eine automatische, computergenerierte E-Mail über das Zustandekommen eines Verkaufs unterrichtet werden;
  5. Internet-Service-Pakete, in denen die Telekommunikations-Komponente ein ergänzender oder untergeordneter Bestandteil ist (d. h. Pakete, die mehr ermöglichen als nur die Gewährung des Zugangs zum Internet und die weitere Elemente wie etwa Nachrichten, Wetterbericht, Reiseinformationen, Spielforen, Webhosting, Zugang zu Chatlines usw. umfassen);
  6. die in Anhang I der MwStVO genannten Dienstleistungen.
 

Rz. 8

Der deutsche Gesetzgeber hat über diese elektronisch erbrachten Dienstleistungen und damit über die unionsrechtlichen Vorgaben hinausgehend durch § 3 Abs. 11a UStG auch alle sonstigen Leistungen erfasst, die über die von der Vorschrift erfassten Medien (Telekommunikationsnetz, Schnittstelle, Portal) erbracht werden. Das gesetzgeberische Ziel bestand in der Beibehaltung des ursprünglichen Regelungsinhalts des § 45h Abs. 4 TKG a. F., der an die unionsrechtlichen Vorgaben unter Beachtung des Sinns und Zwecks der bisherigen Branchenlösung als Vereinfachungs- und Steuerausfallverhinderungsnorm anzupassen war.[2] Bereits von dieser, durch § 3 Abs. 11a UStG zum 1.1.2015 abgelösten Regelung waren Telekommunikationsdienste, Auskunftsdienste und telekommunikationsgestützte Dienste i. S. d. TKG erfasst. Durch die Neuregelung in § 3 Abs. 11a UStG sind nun auch sämtliche sonstige Leistungen erfasst, die über die betroffenen Medien erbracht werden, was z. B. die Nutzung eines Anschlusses eines Teilnehmernetzbetreibers einschließt.[3]

 

Rz. 9

Eine Legaldefinition des Tatbestandsmerkmals Telekommunikationsnetz enthält § 3 Nr. 65 TKG. Danach ist ein Telekommunikationsnetz die Gesamtheit von Übertragungssystemen und ggf. Vermittlungs- und Leitwegeinrichtungen sowie anderweitigen Ressourcen, einschließlich der nicht aktiven Netzbestandteile, die die Übertragung von Signalen über Kabel, Funk, optische und andere elektromagnetische Einrichtungen ermöglichen, einschließlich Satellitennetzen, festen, leitungs- und paketvermittelten Netzen, einschließlich des Internets, und mobilen terrestrischen Netzen, Stromleitungssystemen, soweit sie zur Signalübertragung genutzt werden, Netzen für Hör- und Fernsehfunk sowie Kabelfernsehnetzen, unabhängig von der Art der übertragenen Information.

Die im Verhältnis zum Telekommunikationsnetz alternativen Tatbestandsmerkmale Schnittstelle und Portal sind nicht legaldefiniert, durch Art. 9a Abs. 1 S. 1 MwStVO sowie der Gesetzesbegründung aber mit dem Appstore als Regelbeispiel unterlegt.[4]

 
Praxis-Beispiel

Beispiel zum Grundsachverhalt der Leistungskommission

Der Anbieter einer App stellt diese über den von einem Unternehmer betriebenen Appstore zum Download bereit, von wo aus diese durch einen Abnehmer heruntergeladen wird.

Hier liegen aufgrund der gesetzlichen Fiktion zwei sonstige Leistungen vor, wobei die erste vom Anbieter an den Betreiber des Appstores (eingeschalteter Unternehmer) und die zweite vom Betreiber des Appstores an den Abnehmer erbracht wird. Die Abrechnung der Leistungen hat durch den Anbieter gegenüber dem Betreiber des Appstores sowie vom Betreiber des Appstores gegenüber dem Abnehmer zu erfolgen. Dabei ist die Steuerpflicht für beide Leistungen jeweils gesondert zu beurteilen.

Zu den Ausnahmen der Leistungsfiktion siehe die Rz. 10ff.

[2] BT-Drs. 18/1529.
[3] BT-Drs. 18/1529.
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