Rz. 5

Die Vorschrift regelt für die unter § 3 Abs. 3a UStG fallenden Tatbestände neben der dort angeordneten fiktiven Leistungskette als weitere Rechtsfolge die Zuordnung der bewegten Lieferung. Wird ein Unternehmer gemäß § 3 Abs. 3a UStG behandelt, als ob er einen Gegenstand erhalten und geliefert hätte (Betreiber einer elektronischen Schnittstelle), wird die Beförderung oder Versendung des Gegenstands der Lieferung durch diesen Unternehmer zugeschrieben. Die Lieferung an den Betreiber der elektronischen Schnittstelle ist dadurch die ruhende Lieferung. Diese Lieferung, die der Beförderungs- oder Versendungslieferung vorangeht, gilt nach § 3 Abs. 7 S. 2 Nr. 1 UStG als dort ausgeführt, wo die Beförderung oder Versendung des Gegenstands beginnt. Für die Lieferung durch den Betreiber der elektronischen Schnittstelle leitet sich der Ort aus § 3c UStG ab.

 
Wichtig

Der Betreiber einer elektronischen Schnittstelle (B) wird beim Vorliegen der Voraussetzungen von § 3 Abs. 3a UStG fiktiv so gestellt, als ob er die Lieferung des über seine elektronische Schnittstelle tätigen Unternehmers (U) selbst erhalten und als ob er diese Lieferung selbst an den Kunden des Unternehmers (K) ausgeführt hätte. Damit wird ein Reihengeschäft U -> B -> K fingiert.

Die Lieferung B -> K ist die bewegte Lieferung (§ 3 Abs. 6b UStG).

Die Lieferung U-> B ist die ruhende Lieferung (§ 3 Abs. 7 S. 2 Nr. 1 UStG).

 

Rz. 6

Nach der Intention des Gesetzgebers regelt § 3 Abs. 6b UStG durch die Zuordnung der warenbewegten Lieferung im Falle der Lieferung eines Gegenstands über eine elektronische Schnittstelle einen besonderen Fall des Reihengeschäfts. Aus diesem Grunde wurde zeitgleich § 3 Abs. 7 S. 2 UStG um einen Verweis auf § 3 Abs. 6b UStG ergänzt.[1] Gleichwohl müssen die durch § 3 Abs. 6a UStG geregelten Voraussetzungen des Reihengeschäfts nicht vorliegen, um die Rechtsfolgen von § 3 Abs. 6b UStG eintreten zu lassen. Denn bei der Bestimmung der Warenbewegung geht § 3 Abs. 6b UStG als speziellere Vorschrift der Regelung des § 3 Abs. 6a UStG vor.[2]

 

Rz. 7

Damit ergibt sich für die fingierte Lieferung des nicht im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmers an den mittels einer elektronischen Schnittstelle unterstützenden Unternehmer eine ruhende und für die fingierte Lieferung an den Empfänger eine bewegte Lieferung. Diese Frage ist insbesondere für die Steuerfreiheit und die Bestimmung des Lieferungsortes beider Lieferungen relevant, die für steuerbare Umsätze im Inland liegen müssen. Nach § 4 Nr. 4c UStG ist die unbewegte Lieferung an den Betreiber der elektronischen Schnittstelle steuerfrei. Der Ort der bewegten Lieferung des Betreibers an den Abnehmer liegt nach § 3c UStG im Inland.

 
Praxis-Beispiel

Der in Luxemburg ansässige Verbraucher V bestellt Technikzubehör (Sachwert nach § 3 Abs. 3a UStG unter 150 EUR) bei dem im Inland ansässigen Onlinehändler O über die elektronische Schnittstelle des im Inland ansässigen Betreibers B. O bestellt diese Ware bei dem im Drittland ansässigen Technikhändler T. T versendet das Technikzubehör direkt an V. Die Zollanmeldung in Deutschland erfolgt durch den Spediteur S in indirekter Vertretung des T.

Lösung:

Nach § 3 Abs. 3a S. 2 UStG werden eine Lieferung des O an B und eine Lieferung des B an V fingiert. Außerdem liegt eine Lieferung von T an O vor.

Bei der Bestimmung der Warenbewegung ist § 3 Abs. 6b UStG anzuwenden, der als speziellere Vorschrift die Regelung von § 3 Abs. 6a UStG verdrängt. Nach § 3 Abs. 6b UStG wird die Warenbewegung der Lieferung durch B an V zugeschrieben. Da ein Fernverkauf vorliegt, liegt der Ort dieser Lieferung nach § 3c Abs. 2 UStG in Luxemburg.

Die Lieferungen T an O und die fingierte Lieferung O an B sind als ruhende Lieferungen nach § 3 Abs. 7 S. 2 Nr. 1 UStG im Inland nicht steuerbar, weil der Ort der Lieferung nicht im Inland liegt.

[1] BT-Drs. 19/228050, 133.

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