Rz. 79

Mit mWv 1.1.2021 wurde § 27a UStG um einen Abs. 1a ergänzt (Rz. 5). In diesem Absatz wird geregelt, dass das nach für die Umsatzbesteuerung des Unternehmers zuständige FA die nach Abs. 1 S. 1 bis 3 des § 27a UStG erteilte USt-IdNr. "begrenzen" kann, wenn ernsthafte Anzeichen vorliegen oder nachgewiesen ist, dass die USt-IdNr. zur Gefährdung des Umsatzsteueraufkommens verwendet wird. Dies gilt auch, soweit das Umsatzsteueraufkommen anderer Mitgliedstaaten gefährdet ist (§ 27a Abs. 1a S. 2 UStG). In der Gesetzesbegründung zur Einführung dieser Regelung[1] finden sich dann zunächst allgemeine Erwägungen zum grenzüberschreitenden innergemeinschaftlichen Umsatzsteuerbetrug und dem Umstand, dass die handelnden Personen eine gültige USt-IdNr. benötigen und deshalb ein großes Interesse an dem Erhalt einer solchen Nummer haben. Deshalb habe die Finanzverwaltung zur Sicherung des Umsatzsteueraufkommens ein hohes Interesse daran, Unternehmern, die die ihnen erteilte USt-IdNr. für betrügerische Zwecke nutzen, den gewährten Vorteil zur Nutzung einer USt-IdNr. künftig zu verwehren. Weiter verweist die Gesetzesbegründung auf die vorliegende EuGH- und BFH-Rechtsprechung, ohne die einschlägigen Entscheidungen aber zu nennen.[2]

M.E. ist auch die Vorschrift des § 27a Abs. 1a UStG mit dem Unionsrecht vereinbar, obwohl sich in der MwStSystRL keine entsprechende Regelung findet. Die Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht kann aber aus der vorgenannten EuGH-Rechtsprechung geschlossen werden, die dem Schutz des Umsatzsteueraufkommens eine hohe Bedeutung beimisst und deshalb beim Vorliegen entsprechender Erkenntnisse auch die Erteilung von USt-IdNrn. versagt werden darf.[3]

 

Rz. 79a

Dass die Bekämpfung des grenzüberschreitenden innergemeinschaftlichen Umsatzsteuerbetrugs notwendig ist, dürfte unstreitig sein. Zutreffend ist auch, dass die handelnden (kriminellen) Personen für ihre so bezeichneten "missing trader" eine gültige USt-IdNr. benötigen. Insbesondere der grenzüberschreitende Umsatzsteuerbetrug lässt sich also zweifellos durch die "Wegnahme" der USt-IdNr. wirkungsvoll verhindern.[4] Andererseits ist die USt-IdNr. aber für jeden Unternehmer, der grenzüberschreitende innergemeinschaftliche Umsätze ausführen will, eine (absolut) unverzichtbare Voraussetzung für die Durchführung solcher Umsätze. Eine Versagung oder Beschränkung dieser Nummer bedeutet demnach nichts anderes, als eine starke Einschränkung oder sogar der Ausschluss der Freiheit der Ausübung des Gewerbes, was einen erheblichen Eingriff in die Rechte des Betroffenen darstellt, der nur bei gewichtigen Gründen verfassungsrechtlich zulässig sein dürfte. Aus diesem Grund geht die h. M. auch zurecht davon aus, dass für jeden Unternehmer allgemein ein Anspruch auf die Erteilung einer USt-IdNr. besteht (Rz. 36 und Rz. 73ff.). Zudem steht die USt-IdNr. in Deutschland im untrennbaren Zusammenhang mit der steuerlichen Erfassung als Unternehmer beim örtlich zuständigen FA, denn ohne diese steuerliche Erfassung wird das BZSt keine USt-IdNr. vergeben (Rz. 76). Diese Umstände und die neue Möglichkeit der "Begrenzung" einer USt-IdNr. stehen daher in einem gewissen Widerspruch, denn jede "Begrenzung" der USt-IdNr. – was immer das ist (Rz. 79a) – stellt im Ergebnis eine (teilweise) Untersagung der unternehmerischen Tätigkeit dar. Das für sich zeigt, dass hier erhebliche Gründe für einen solchen staatlichen Eingriff vorliegen müssen. Dem versucht der Gesetzeswortlaut wohl mit der Formulierung, dass "ernsthafte Anzeichen vorliegen oder nachgewiesen ist, dass die USt-IdNr. zur Gefährdung des Umsatzsteueraufkommens verwendet wird" Rechnung zu tragen. Ob das gelungen ist, kann durchaus in Zweifel gezogen werden (Rz. 79e). Dazu sei hier nur schon angemerkt, dass allein der Begriff der "ernsthaften Anzeichen" eine eher unscharfe Formulierung darstellt und dass nicht klar ist, wann denn von einer solchen "Gefährdung" ausgegangen werden kann. Eine Gefährdung des Umsatzsteueraufkommens liegt aber jedenfalls weit vor einer Schädigung, sodass eine solche Maßnahme nach den Vorstellungen des Gesetzgebers wohl schon vor einem tatsächlich eingetretenen Steuerausfall erfolgen soll und kann.[5] Letztlich müssen hier wohl erst in der Praxis Anwendungsfälle herausgearbeitet werden, wobei m. E. zu befürchten ist, dass die FÄ eher zögerlich mit solchen "Begrenzungen" von USt-IdNrn. vorgehen werden. Einsetzbar dürfte die neue Regelung aber jedenfalls bei eindeutigen Sachverhalten sein, wenn also z. B. bei einem Unternehmer feststeht, dass er an einer Umsatzsteuerhinterziehung beteiligt war. In solchen Fällen war allerdings auch schon bisher der Widerruf einer USt-IdNr. möglich (Rz. 112) und (leider) wird der Schaden bei solchen eindeutigen Sachverhalten oft bereits unwiederbringlich eingetreten sein. Immerhin lassen sich durch eine "Begrenzung" der USt-IdNr. aber weitere Steuerausfälle verhindern.

 

Rz. 79b

Hinzuweisen ist im Zusammenhang mit der Regelung des § 27a Abs. 1a UStG zunächst darauf, dass die Befug...

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