Rz. 182

Im Fall einer Veräußerung oder Lieferung nach § 3 Abs. 1b UStG i. S. d. § 15a Abs. 8 UStG (Rz. 110ff.) ist die Berichtigung in der Weise vorzunehmen, dass hinsichtlich des ausgeschiedenen Wirtschaftsguts zweierlei fingiert wird (§ 15a Abs. 9 UStG):

(1) Verbleiben im Unternehmen

(2) Verwendung zur Ausführung von Umsätzen, die für den Vorsteuerabzug im Hinblick auf § 15 Abs. 2 und 3 UStG genauso zu beurteilen sind wie die Veräußerung oder Entnahme.

 

Rz. 183

Da mit der Veräußerung oder Lieferung nach § 3 Abs. 1b UStG das endgültige Ausscheiden des Wirtschaftsguts vorliegt und die fiktive Verwendung bis zum Ende des Berichtigungszeitraums feststeht, bestimmte § 44 Abs. 3 S. 2 UStDV a. F. für vor dem 1.1.2012 angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgüter (Rz. 203), dass die Berichtigung für den gesamten Restzeitraum bereits für den Voranmeldungszeitraum durchzuführen ist, in dem die Veräußerung oder Lieferung nach § 3 Abs. 1b UStG erfolgte. Entsprechendes galt für nachträgliche Anschaffungs- und Herstellungskosten, die auf das veräußerte oder entnommene Wirtschaftsgut entfallen.[1]

 
Praxis-Beispiel

Ein Gebäude, bei dessen Herstellung vor dem 1.1.2012 20.000 EUR Vorsteuern angefallen waren, wurde – wie beabsichtigt – ab dem 1.7.01 steuerpflichtig (§ 9 UStG) vermietet. Mit Wirkung v. 1.10.06 wird es verschenkt.

Der Berichtigungszeitraum läuft bis zum 30.6.11. Die Schenkung ist eine Lieferung nach § 3 Abs. 1b UStG, die nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei ist (Rz. 124) und hinsichtlich des Vorsteuerabzugs anders (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG) als die steuerpflichtige Vermietung im Jahr des Leistungsbezugs zu beurteilen ist. In 06 haben sich die Verwendungsverhältnisse um 25 % geändert, da das Wirtschaftsgut ab dem 1.10. für 3 Monate fiktiv zur Ausführung von Umsätzen verwendet wird, die den Vorsteuerabzug ausschließen. Berichtigungsbetrag: 25 % von 2.000 EUR = 500 EUR. Für die Jahre 07–10 haben sich die Verhältnisse um jeweils 100 % gegenüber den Verhältnissen im Jahr des Leistungsbezugs geändert. Berichtigungsbetrag jeweils 2.000 EUR. Für das Jahr 11 sind davon 6/12 = 1.000 EUR zurückzuzahlen. Der gesamte Berichtigungsbetrag beläuft sich auf 9.500 EUR.

Vereinfachte Rechnung:

Der Berichtigungszeitraum beträgt 120 Monate. Davon wurde das Wirtschaftsgut für 57 Monate zur Ausführung von Umsätzen verwendet, die den Vorsteuerabzug ausschließen. 20.000 EUR * 57/120 = 9.500 EUR. Dieser Betrag ist nach § 44 Abs. 3 S. 2 UStDV a. F. in der Voranmeldung für das 4. Quartal 06 zu berücksichtigen.

 

Rz. 184

Haben sich die Verwendungsverhältnisse im Kj. der Veräußerung oder Lieferung nach § 3 Abs. 1b UStG bereits vor diesem Ereignis geändert, so ist ein einheitliches Verwendungsverhältnis für dieses Jahr zu bestimmen (Rz. 77).

 
Praxis-Beispiel

Ein Gebäude, bei dessen vor dem 1.1.2012 erfolgter Herstellung 60.000 EUR Vorsteuern angefallen waren, wurde – wie beabsichtigt – ab dem 1.1.01 je zur Hälfte steuerpflichtig/steuerfrei vermietet. Ab dem 1.1.05 wird es nur noch steuerfrei vermietet und am 1.7.05 steuerpflichtig (§ 4 Nr. 9a i. V. m. § 9 UStG) veräußert.

Im Jahr 05 stellen sich die Verwendungsverhältnisse wie folgt dar: 6 Monate zu 100 % steuerfreie, 6 Monate zu 100 % steuerpflichtige Verwendung, sodass die Verhältnisse für das ganze Jahr 50:50 betragen. Eine Änderung für das Jahr 05 liegt demnach nicht vor, sodass für dieses Jahr eine Berichtigung nach § 15a UStG nicht zu erfolgen hat. Lediglich für die Jahre 06–10 ist eine Berichtigung vorzunehmen. Für diese Jahre haben sich die Verhältnisse gegenüber den für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnissen jeweils um 50 % geändert, sodass 50 % v. 5/10 * 60.000 EUR = 15.000 EUR Vorsteuern zu vergüten sind. Dieser Betrag ist mit der Voranmeldung für das dritte Quartal 05 geltend zu machen.

 

Rz. 185

Stellt die Veräußerung oder Lieferung nach § 3 Abs. 1b UStG keine Änderung der Verhältnisse gem. § 15a Abs. 8 UStG dar, haben sich aber die Verhältnisse vor diesem Ereignis geändert, so liegt eigentlich von diesem Ereignis an keine Verwendung des Wirtschaftsguts mehr vor. Da dadurch jedoch der Berichtigungszeitraum nicht vorzeitig endet (Rz. 153), ist für die Bestimmung des Verwendungsverhältnisses des Kalenderjahres vom Zeitpunkt der Lieferung nach § 3 Abs. 1b UStG oder Veräußerung an eine Verwendung wie im Jahr des Leistungsbezugs zu fingieren (Umkehrung von § 15a Abs. 9 UStG).

 

Rz. 186

Bei einer Veräußerung oder Lieferung nach § 3 Abs. 1b UStG im Kj. der erstmaligen Verwendung ist die Berichtigung ebenfalls entsprechend den vorstehenden Ausführungen vorzunehmen.

 
Praxis-Beispiel

Wie vorhergehendes Beispiel, nur dass die steuerpflichtige Veräußerung bereits am 1.10.01 erfolgte. Es ist bereits im Kj. der erstmaligen tatsächlichen Verwendung eine Vorsteuerberichtigung durchzuführen. Bei einem Berichtigungszeitraum von 120 Monaten (= 10 Jahre) wurde das Wirtschaftsgut für 111 Monate zur Ausführung fiktiver steuerpflichtiger Umsätze verwendet. Darauf entfallende Vorsteuer: 111/120 * 6...

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