Rz. 110

Nach § 15a Abs. 8 UStG in der ab 1.1.2005 geltenden Fassung sind auch die Veräußerung und die Lieferung gem. § 3 Abs. 1b UStG innerhalb des Berichtigungszeitraums als Änderung der Verhältnisse anzusehen, wenn das Wirtschaftsgut des Anlagevermögens (Rz. 28) noch verwendungsfähig ist und dieser Umsatz anders zu beurteilen ist als die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebliche Verwendung.[1] § 15a Abs. 8 UStG i. d. ab 1.1.2005 geltenden Fassung entspricht im Wesentlichen dem bisherigen Abs. 4 (a. F.); die Regelung, die auf Art. 20 Abs. 3 der 6. EG-Richtlinie[2] beruht, betrifft jedoch nur Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens bedurfte es keiner entsprechenden Vorschrift, da hier die Berichtigung ohnehin einmalig vorzunehmen ist (Rz. 35). Durch § 15a Abs. 9 UStG wird das Ausscheiden des Wirtschaftsguts aus dem Unternehmensbereich als Verwendungsfall für den restlichen Berichtigungszeitraum fingiert. Die Berichtigung ist bereits für den Voranmeldungszeitraum vorzunehmen, in dem die Veräußerung oder unentgeltliche Wertabgabe stattgefunden hat.[3]

 
Praxis-Beispiel

Beispiel (Abschn. 15a.2 Abs. 9 UStAE):

Ein Betriebsgrundstück, das v. 1.1.01 bis zum 31.10.01 im Unternehmen zur Ausführung von zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsätzen verwendet worden ist, wird am 1.11.01 nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei veräußert. Für die Berichtigung ist die Veräußerung so anzusehen, als ob das Grundstück ab dem Zeitpunkt der Veräußerung bis zum Ablauf des Berichtigungszeitraums nur noch zur Ausführung von Umsätzen verwendet würde, die den Vorsteuerabzug ausschließen. Entsprechendes gilt bei einer steuerfreien unentgeltlichen Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b Nr. 3 UStG.

 

Rz. 111

Zu einer Berichtigung nach § 15a Abs. 8 S. 1 UStG kommt es nur, wenn die Veräußerung oder Lieferung gem. § 3 Abs. 1b UStG für den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 und 3 UStG anders zu beurteilen ist als die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebliche Verwendung des ausgeschiedenen Wirtschaftsguts. Demnach ist zu prüfen, ob die Veräußerung oder Lieferung gem. § 3 Abs. 1b UStG zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 und 3 UStG führt oder nicht. Dieses "Verhältnis" ist mit den Verhältnissen im Besteuerungszeitraum des Leistungsbezugs zu vergleichen. Bei einer Veräußerung oder Lieferung gem. § 3 Abs. 1b UStG im Ausland kommt es darauf an, ob diese Umsätze, wären sie im Inland ausgeführt worden, steuerfrei oder steuerpflichtig wären.[4]

 

Beispiele:

(1) Ein Gebäude wird bis zum Jahr 01 steuerfrei vermietet. Anschließend wird es verschenkt.

Die Schenkung ist als Lieferung i. S. v. § 3 Abs. 1b UStG steuerfrei nach § 4 Nr. 9a UStG. Dieser Umsatz schließt nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG den Vorsteuerabzug aus und ist deshalb nicht anders zu beurteilen als die steuerfreien Vermietungsumsätze, die ebenfalls den Vorsteuerabzug ausschlossen. Keine Berichtigung.

(2) Ein Gebäude wurde bis zum Jahr 01 steuerpflichtig vermietet.[5] Anschließend wird es an einen Nichtunternehmer verkauft.

Die Lieferung des Gebäudes ist mangels Optionsmöglichkeit nach § 9 UStG zwingend steuerfrei[6] und deshalb hinsichtlich des Vorsteuerabzugs[7] anders zu beurteilen als die steuerpflichtigen Vermietungsumsätze. Berichtigung nach § 15a Abs. 8 und 9 UStG.

(3) Ein Arzt veräußert seinen Pkw, den er nur für seine ärztliche Tätigkeit verwendete, vor Ablauf des Berichtigungszeitraums. Die Verwendung des Pkw für ärztliche Zwecke ist steuerfrei nach § 4 Nr. 14 UStG. Gem. § 4 Nr. 28 UStG ist auch die Veräußerung steuerfrei. Eine Berichtigung nach § 15a UStG ist nicht erforderlich.

 

Rz. 112

Stellt die Veräußerung oder Lieferung i. S. v. § 3 Abs. 1b UStG selbst keine Änderung der Verhältnisse nach Abs. 8 dar, so kann gleichwohl eine Berichtigung nach Abs. 1–7 in Betracht kommen, wenn sich die Verhältnisse vor diesem Ereignis geändert hatten. Zur Durchführung der Berichtigung in diesem Fall s. Rz. 185.

 

Rz. 113

Die Rechtsfolge der Abs. 8 und 9 greift nur ein, wenn das vor Ablauf des jeweiligen Berichtigungszeitraums veräußerte oder i. S. v. § 3 Abs. 1b UStG gelieferte Wirtschaftsgut "noch verwendungsfähig" war. Die Verwendungsfähigkeit bestimmt sich nach objektiven Kriterien, d. h. nach der objektiven, dem Wirtschaftsgut innewohnenden Zweckbestimmung (Abschn. 15a.2 Abs. 1 S. 4 UStAE). Ein Wirtschaftsgut ist solange verwendungsfähig, wie es seiner Funktion entsprechend noch verwendet werden kann; das bleibt grundsätzlich auch bei technischer Überalterung oder Reparaturbedürftigkeit der Fall. Die Verwendungsfähigkeit liegt nicht mehr vor, wenn das Wirtschaftsgut nur noch Schrottwert hat, aber nicht bereits dann, wenn es nur noch mit einem Erinnerungswert zu Buche steht.[8]

Verliert ein Wirtschaftsgut vor Ablauf des ursprünglich zugrunde zu legenden Berichtigungszeitraums seine Verwendungsfähigkeit, so ändert sich rückwirkend der Berichtigungszeitraum (Rz. 152).

[1] Gemeint sind wohl die Verwendungsverhältnisse; vgl. Nieskens, UR 2002, 53/65.
[2] Jetzt Art....

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