3.9.1 Allgemeines

 

Rz. 94

Durch Gesetz v. 8.12.2010[1] wurde mWv 1.1.2011[2] die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers auf die Reinigung von Gebäuden und Gebäudeteilen erweitert (§ 13b Abs. 2 Nr. 8 UStG). Die Verlagerung der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger trat nur dann ein, wenn er ein Unternehmer war und die an ihn erbrachten Gebäudereinigungsleistungen seinerseits zur Erbringung von Gebäudereinigungsleistungen verwendete (§ 13b Abs. 5 S. 5 UStG a. F.). Von der Regelung betroffen sind damit hauptsächlich Subunternehmerverhältnisse, bei denen der Generalunternehmer nunmehr die für die entsprechenden Leistungen des (inländischen) Subunternehmers geschuldete USt zu entrichten hat. Ziel der Regelung ist die Vermeidung von Steuerausfällen.

 

Rz. 95

Nachdem der BFH den Anwendungsbereich des Reverse-Charge-Verfahrens bei Bauleistungen insoweit eingeschränkt hatte, als die Umkehr der Steuerschuldnerschaft davon abhängig sein sollte, dass der Leistungsempfänger die empfangene Leistung selbst zur Erbringung einer Bauleistung verwendet[3], wurde durch die Neufassung von § 13b Abs. 5 S. 5 UStG den Auswirkungen der BFH-Rechtsprechung auf Gebäudereinigungsleistungen mWv 1.10.2014 der Boden entzogen (Rz. 19, Rz. 168). Nunmehr ist die Steuerschuldnerschaft des Empfängers von Gebäudereinigungsleistungen davon abhängig, dass er selbst nachhaltig entsprechende Lieferungen erbringt.

 

Rz. 96

Im Fall eines ausländischen leistenden Unternehmers ist der Übergang der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger ausschließlich nach § 13b Abs. 2 Nr. 1 UStG zu beurteilen (§ 13b Abs. 2 Nr. 8 S. 2 UStG). Folglich ist in einem solchen Fall nicht zu differenzieren, ob es sich um Gebäudereinigungsleistungen i. S. v. § 13b Abs. 2 Nr. 8 UStG handelt oder nicht bzw. ob der Leistungsempfänger seinerseits derartige Leistungen nachhaltig erbringt oder nicht (Rz. 45).

3.9.2 Gebäude und Gebäudeteile

 

Rz. 97

§ 13b Abs. 2 Nr. 8 UStG erfasst nur Reinigungsleistungen an Gebäuden und Gebäudeteilen. Nach Verwaltungsauffassung müssen Gebäude und Gebäudeteile mit dem Grund und Boden auf Dauer fest verbunden sein. Es muss sich danach um wesentliche Bestandteile eines Grundstücks i. S. d. BGB handeln. Zu den Gebäudeteilen zählt die Verwaltung insbesondere Stockwerke, Wohnungen und einzelne Räume (Abschn. 13b.5 Abs. 1 S. 1 u. 2 UStAE). Auch Betriebsvorrichtungen kommen in Betracht, wenn sie wesentliche Gebäudebestandteile sind (str., Rz. 72). Baulichkeiten, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden und daher keine Bestandteile eines Grundstücks sind, sind insbesondere Büro- und Wohncontainer, Baubuden, Kioske, Tribünen und ähnliche Einrichtungen (Abschn. 13b.5 Abs. 1 S. 3 UStAE). Nicht wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind ferner mobile Toilettenhäuschen und –wagen, Mietwohnwagen und –zelte sowie Traglufthallen und Gewächshäuser. Unter den Gebäudebegriff fallen hingegen überdachte Bahnsteige, Haltestellen und Tankstellenflächen sowie offene Hallen.[1]

[1] Huschens, NWB 9/2011, 700, 708.

3.9.3 Betroffene Leistungen

 

Rz. 98

Nach Verwaltungsauffassung fallen insbesondere folgende Leistungen unter § 13b Abs. 2 Nr. 8 UStG[1]:

  • die Reinigung sowie die pflegende und schützende (Nach)Behandlung von Gebäuden und Gebäudeteilen (innen und außen);
  • die Hausfassadenreinigung (einschließlich Graffitientfernung). Dies gilt nicht für Reinigungsarbeiten, die bereits unter § 13b Abs. 2 Nr. 4 S. 1 UStG fallen (Reinigungsvorgänge, bei denen die zu reinigende Oberfläche verändert wird, z. B. eine Fassadenreinigung, bei der die Oberfläche abgeschliffen oder mit Sandstrahl bearbeitet wird; Rz. 67);
  • die Fensterreinigung;
  • die Reinigung von Dachrinnen und Fallrohren;
  • die Bauendreinigung;
  • die Reinigung von haustechnischen Anlagen (Heizungs- und Tankanlagen, Zisternen zur Wasserspeicherung, dachintegrierte Solaranlagen), soweit es sich nicht um Wartungsarbeiten handelt[2];
  • die Hausmeisterdienste und die Objektbetreuung, wenn sie auch Gebäudereinigungsleistungen beinhalten. Hausmeisterdienste und die Objektbetreuung fallen also (nur) mit ihren Gebäudereinigungsleistungen unter die Regelung. Diese Leistungen müssen für die betroffenen Unternehmen aber nicht prägend sein.
 

Rz. 99

Da die Aufzählung der unter § 13b Abs. 2 Nr. 8 UStG fallenden Leistungen in Abschn. 13b.5 Abs. 2 UStAE nicht abschließend ist, fallen nach Huschens[3] auch folgende Reinigungsleistungen unter das Reverse-Charge-Verfahren:

  • Leistungen der Dekontamination eines Gebäudes;
  • Leistungen der Desinfektion eines Gebäudes;
  • Reinigung von Betriebsvorrichtungen, z. B. in Sportanlagen (Schwimmbecken, Spielfelder, Sauna, Solarien, Schwingböden, Umkleidekabinen, Zuschauertribünen), in Gastwirtschaften, Mensen, Großküchen und Bäckereien (Zapfan...

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