Rz. 41

Nach § 13b Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. Abs. 5 S. 1 1. Hs. UStG schuldet bei steuerpflichtigen Werklieferungen und nicht unter § 13b Abs. 1 UStG fallenden sonstigen Leistungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers der Leistungsempfänger die Steuer, wenn er ein Unternehmer oder eine juristische Person ist. Das gilt auch, wenn die Leistung für den nicht unternehmerischen Bereich bezogen wird (§ 13b Abs. 5 S. 6 UStG). § 13b Abs. 2 Nr. 1 UStG erfasst im Wesentlichen außer Werklieferungen eines im Ausland ansässigen Unternehmers die unter § 3a Abs. 2 UStG fallenden sonstigen Leistungen (Rz. 39) eines außerhalb des Gemeinschaftsgebiets ansässigen Unternehmers sowie nicht von § 3a Abs. 2 UStG erfasste sonstige Leistungen (Rz. 40) eines im Ausland ansässigen Unternehmers. Voraussetzung ist jeweils, dass der Leistungsort im Inland liegt.

 

Rz. 42

Werklieferungen sind solche Liefergeschäfte, bei denen der leistende Unternehmer die Herstellung oder die Be- oder Verarbeitung eines fremden Gegenstands aus selbstbeschafften Hauptstoffen übernommen hat.[1] Dazu gehören insbesondere die Werklieferungen der Bauunternehmer, der Montagefirmen und anderer Handwerksbetriebe, wie die Errichtung eines Gebäudes oder einer Betriebsanlage sowie die Anfertigung spezieller Maschinen und Geräte aus vom Lieferer selbst beschafften Materialien, sofern diese Maschinen und Geräte im Inland montiert werden. Montagelieferungen, bei denen eigene Gegenstände des Leistenden be- oder verarbeitet werden, sind also keine Werklieferungen. Sie führen folglich nicht zur Umkehr der Steuerschuldnerschaft.

Ort der Werklieferung ist der Ort der Verschaffung der Verfügungsmacht. Dieser muss im Inland liegen. Warenlieferungen ausländischer Unternehmer, die im Wege der Beförderung oder Versendung ins Inland gelangen, unterliegen dem Tatbestand des innergemeinschaftlichen Erwerbs bzw. der Einfuhr.

 

Beispiel (Abschn. 13b.1 Abs. 2 Nr. 2 UStAE):

Der in Hamburg ansässige Bauunternehmer H hat von B den Auftrag erhalten, in Kiel ein Geschäftshaus zu errichten. Lieferung und Einbau der Fenster lässt H von seinem dänischen Subunternehmer DK aus Kopenhagen ausführen.

Der im Ausland ansässige Unternehmer DK erbringt im Inland eine stpfl. Werklieferung an H (§ 3 Abs. 4 u. 7 S. 1 UStG). Die USt für diese Werklieferung schuldet H (§ 13b Abs. 5 S. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 UStG).

 

Rz. 43

Der Begriff der sonstigen Leistung richtet sich nach § 3 Abs. 9 UStG. Darunter fallen alle Leistungen, die nicht als Lieferungen anzusehen sind. Sie fallen grundsätzlich ohne Rücksicht auf ihre Art unter § 13b Abs. 2 Nr. 1 UStG, falls der leistende Unternehmer im Ausland ansässig ist; es sei denn, Abs. 1 ist einschlägig. Hierzu zählen z. B. Leistungen der Architekten, Vermieter, Künstler, anderer freier Berufe, Leistungen der Aufsichtsräte, Berufssportler, Filmverleiher, Lizenzgeber, Handelsvertreter sowie innergemeinschaftliche Güterbeförderungen. Darunter fallen auch Werkleistungen gewerblicher Unternehmen, z. B. Maler- und Reparaturarbeiten an Häusern, Reparaturarbeiten an Kfz, Lohnveredelungsarbeiten. Die Abgrenzungsproblematik zwischen Werklieferung und Werkleistung (§ 3 Abs. 4 Rz. 9ff.) ist in diesem Zusammenhang irrelevant, da sowohl bei Werklieferungen als auch bei Werkleistungen ausländischer Unternehmer die Verlagerung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger eintritt. Auch bei den sonstigen Leistungen muss der Leistungsort im Inland liegen (§§ 3a, 3b, 3e und 3f UStG). Zur Sonderregelung bei Reiseleistungen vgl. Rz. 40a.

 

Beispiel (Abschn. 13b.1 Abs. 2 Nr. 3 UStAE):

Der in Österreich ansässige Architekt Ö plant für den in München ansässigen Unternehmer D die Errichtung eines Gebäudes in München.

Der im Ausland ansässige Unternehmer Ö erbringt im Inland stpfl. Leistungen an D (§ 3a Abs. 3 Nr. 1 UStG). Die USt für diese Leistung schuldet D (§ 13b Abs. 5 S. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 UStG).

 

Rz. 44

Der Begriff des im Ausland ansässigen Unternehmers wird in § 13b Abs. 7 UStG definiert (Rz. 184ff.).

 

Rz. 45

Mögliche Konkurrenzen zwischen § 13b Abs. 2 Nr. 1 UStG und § 13b Abs. 2 Nr. 4, Nr. 8 und Nr. 12 UStG löst der Gesetzgeber dahingehend, dass im Fall eines ausländischen leistenden Unternehmers der Übergang der Steuerschuldnerschaft ausschließlich nach § 13b Abs. 2 Nr. 1 UStG zu beurteilen ist. Das bedeutet, dass in einem solchen Fall nicht zu differenzieren ist, ob es sich um Bauleistungen i. S. v. § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG oder um Gebäudereinigungsleistungen i. S. v. § 13b Abs. 2 Nr. 8 UStG handelt oder nicht bzw. ob der Leistungsempfänger seinerseits Bauleistungen i. S.v. § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG oder Gebäudereinigungsleistungen i. S. v. § 13b Abs. 2 Nr. 8 UStG nachhaltig erbringt oder nicht bzw. ob er ein Wiederverkäufer ist oder nicht (Rz. 61, Rz. 96, Rz. 143b).

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