Rz. 32

Es vergingen nur knapp vier Wochen von der Vorstellung des Konjunkturpakets durch die Regierungskoalition am 3.6.2020 bis zur Verkündung des Zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes am 30.6.2020 im BGBl I 2020, 1512. Im Vergleich zu den üblichen Verfahren bei der Steuergesetzgebung ist dies eine Rekordzeit. Um das Gesetzgebungsverfahren zu beschleunigen, hat das BMF eine entsprechende sog. Formulierungshilfe des Entwurfs des Zweiten Corona-Steuerhilfegesetzes für die Koalitionsfraktionen der CDU, CSU und SPD gefertigt, der in Art. 3 Nr. 3 des Gesetzentwurfs auch die befristete Absenkung des allgemeinen und des ermäßigten USt-Satzes im zweiten Halbjahr 2020 enthielt.[1] Der inhaltsgleiche Gesetzentwurf der Bundesregierung[2] diente der zeitsparenden Vorabberatung im Bundesrat. Nach der 1. Lesung im Bundestag am 19.6.2020 erörterte der federführende BT-Finanzausschuss am 23.6.2020 die Gesetzesvorlage ohne wesentliche Änderungen im Eilverfahren.[3] Nach der 2. und 3. Lesung in der Sitzung des Deutschen Bundestags am 29.6.2020 hat der Bundesrat in seiner Sondersitzung vom Nachmittag des gleichen Tages dem Gesetz zugestimmt. Das Gesetz ist am Tag nach der Verkündung am 30.6.2020 im BGBl I 2020, 1512, somit am 1.7.2020 in Kraft getreten (Art. 12 Abs. 1 des Gesetzes).

 

Rz. 33

Nach dem neu besetzten § 28 Abs. 1 UStG ist der allgemeine Steuersatz nach § 12 Abs. 1 UStG (§ 12 Abs. 1 UStG Rz. 1ff.) vom 1.7.2020 bis 31.12.2020 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Steuer für jeden steuerpflichtigen Umsatz 16 % der Bemessungsgrundlage beträgt. In § 28 Abs. 2 UStG wird geregelt, dass der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 UStG (§ 12 Abs. 2 UStG Rz. 1ff.) vom 1.7.2020 bis 31.12.2020 mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass sich die Steuer für die in den Nrn. 1 bis 15 genannten Umsätze auf 5 % ermäßigt. Schließlich wird in § 28 Abs. 3 UStG die Senkung des allgemeinen Steuersatzes für Umsätze in der Land- und Forstwirtschaft nachvollzogen. Danach ist § 24 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UStG vom 1.7.2020 bis 31.12.2020 mit der Maßgabe anzuwenden ist, dass die Steuer für die Lieferungen der in der Anlage 2 des UStG nicht aufgeführten Sägewerkserzeugnisse und Getränke sowie von alkoholischen Flüssigkeiten, ausgenommen die Lieferungen in das Ausland und die im Ausland bewirkten Umsätze, und für sonstige Leistungen, soweit in der Anlage 2 des UStG nicht aufgeführte Getränke abgegeben werden, 16 % beträgt. Den aufgrund der befristeten Senkung der Steuersätze bedingten USt-Ausfall für Bund, Länder und Gemeinden beziffert die Bundesregierung auf 14,76 Mrd. EUR. Das Ifo-Institut ging im Nachhinein allerdings von USt-Ausfällen von ca. 20 Mrd. EUR aus (Rz. 30). Die Bundesregierung bezifferte im Nachhinein die USt-Mindereinnahmen aus der temporären Steuersatzsenkung im zweiten Halbjahr 2020 in den Jahren 2020 und 2021 auf insgesamt 20,875 Mrd. EUR.[4]

 

Rz. 34

Bei der letzten Erhöhung des allgemeinen Steuersatzes von 16 % auf 19 % zum 1.1.2007 sind die Durchschnittssätze, die Land- und Forstwirte nach § 24 UStG anwenden, für forstwirtschaftliche Erzeugnisse von 5 % auf 5,5 % und für landwirtschaftliche Erzeugnisse von 9 % auf 10,7 % angehoben worden (Rz. 25). Diese Pauschalsätze in der Land- und Forstwirtschaft sollen die durchschnittliche Belastung der Land- und Forstwirte mit USt abbilden. Wegen des in gleicher Höhe gewährten pauschalen Vorsteuerabzugs profitieren die Land- und Forstwirte umso mehr, je höher die Pauschalsätze sind. Eigentlich hätten die Durchschnittssätze nach § 24 UStG für das zweite Halbjahr 2020 – wegen der Verringerung der durchschnittlichen umsatzsteuerlichen Belastung der Land- und Forstwirte bei ihren Vorbezügen in diesem Zeitraum – wieder abgesenkt werden müssen. Hiervon hat der Gesetzgeber jedoch abgesehen. Er hat damit den pauschalierenden Land- und Forstwirten stillschweigend eine kleine Subvention gewährt, wenn auch nur für das zweite Halbjahr 2020. Allerdings wurde der Durchschnittssatz für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse später herabgesetzt, zum 1.1.2022 auf 9,5 %[5] und zum 1.1.2023 nochmals auf 9 %.[6]

[1] BT-Drs. 19/20058.
[2] BR-Drs. 329/20.
[3] BT-Drs. 19/20332.
[4] Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin im BMF Katja Hessel v. 25.2.2022 auf eine Parlamentsanfrage, BT-Drs. 20/833, 24.
[5] Art. 1 Nr. 5 Buchst. a des Gesetzes zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben im Umsatzsteuerrecht v. 21.12.2021, BGBl I 2021, 5250.
[6] Art. 12 Nr. 3 des Achten Gesetzes zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen v. 24.10.2022, BGBl I 2022, 1838.

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