Rz. 113

Neben einem Wechsel zur Kleinunternehmerregelung nach Ablauf der fünfjährigen Bindungsfrist des § 19 UStG kommt auch die Entnahme der unter Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs vor dem 1.1.2023 erworbenen Altanlage aus dem Unternehmensvermögen in das umsatzsteuerrechtliche Privatvermögen in Betracht. Bei einer Entnahme der Altanlage in das Privatvermögen entfällt zumindest die Besteuerung einer Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 1 UStG für den dezentral (privat) verbrauchten Strom. Die Besteuerung des in das öffentliche Netz eingespeisten Stroms (Einspeisevergütung) ist auch nach der Entnahme der Fotovoltaikanlage in das Privatvermögen mit dem allgemeinen Steuersatz von 19 % vorzunehmen.

 

Rz. 114

Die nach § 3 Abs. 1b UStG einer entgeltlichen Lieferung gleichgestellte Entnahme eines Gegenstands aus dem Unternehmen setzt die Zugehörigkeit des Gegenstands zum Unternehmen (Unternehmensvermögen) voraus.[1]

Eine unentgeltliche Wertabgabe wird nur versteuert, sofern der entnommene Gegenstand zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat. Wenn eine vor dem 1.1.2023 erworbene Altanlage unter Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs aus den Anschaffungskosten erworben wurde, musste sie zuvor dem Unternehmensvermögen zugeordnet worden sein. Ein Unternehmer konnte nämlich eine vor dem 1.1.2023 angeschaffte Altanlage voll seinem Unternehmensvermögen zuordnen.[2] Wenn er in diesem Fall auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung nach § 19 Abs. 2 UStG verzichtet hatte, war er zum vollen Vorsteuerabzug aus der Anschaffung der Anlage berechtigt.

 

Rz. 115

Weiter setzt eine Entnahme eine tatsächliche Entnahmehandlung voraus. Hierfür muss eine tatsächliche, vom Willen des Unternehmers gesteuerte, nicht auf eine Gegenleistung abzielende Wertabgabe des Unternehmens zu unternehmensfremden Zwecken vorliegen.[3]

Der entnommene Gegenstand muss folglich ausschließlich nichtunternehmerisch (privat) genutzt werden.

 

Rz. 116

Bei vor dem 1.1.2023 erworbenen Fotovoltaikanlagen hält die Verwaltung eine Entnahme der gesamten Anlage nur dann für möglich, wenn zukünftig voraussichtlich mehr als 90 % des Gegenstandes für nichtunternehmerische Zwecke verwendet werden. Hiervon ist auszugehen, wenn der Betreiber beabsichtigt, zukünftig voraussichtlich mehr als 90 % des erzeugten Stroms für nichtunternehmerische (private) Zwecke zu verwenden.[4]

 

Rz. 117

Zu der Frage, ob ein Betreiber zukünftig voraussichtlich mehr als 90 % des erzeugten Stroms für nichtunternehmerische Zwecke zu verwenden beabsichtigt (Rz. 116), hat die Verwaltung eine großzügige Vereinfachungsregelung getroffen. Von einem mehr als 90-prozentigen Eigenverbrauch des Stroms ist danach insbesondere pauschal auszugehen, wenn ein Teil des mit der Fotovoltaikanlage erzeugten Stroms z. B. in einer Batterie gespeichert wird. Ausreichend sei auch, wenn eine Rentabilitätsberechnung eine Nutzung für unternehmensfremde (private) Zwecke von über 90 % nahelegt.[5]

 

Rz. 118

Die Möglichkeit für Betreiber von Altanlagen mit Batteriespeicher, die Anlage ohne weitere Prüfung des tatsächlichen Verhältnisses von Einspeicherung ins Stromnetz und Privatverbrauch des Stroms aus dem Unternehmensvermögen entnehmen zu können, ist von erheblicher praktischer Relevanz. Alle Betreiber mit Batteriespeicher können die Altanlage ab dem 1.1.2023 unter den weiteren Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 Nr. 1 UStG zum Nullsteuersatz in das Privatvermögen entnehmen, denn die Entnahme nach § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 1 UStG ist einer (begünstigten) Lieferung der Fotovoltaikanlage gleichgestellt. Eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG wird hierdurch nicht ausgelöst, da die dem Nullsteuersatz unterliegende Entnahme dem Grunde nach voll steuerpflichtig ist und damit keine Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse vorliegt.

 

Rz. 119

In der Literatur wird Betreibern von Altanlagen mit Speicher empfohlen, generell von der pauschalen Entnahmemöglichkeit der gesamten Fotovoltaikanlage Gebrauch zu machen, um ab dem Jahr 2023 für den dezentral (privat) verbrauchten Strom keine USt mehr entrichten zu müssen. Die Besteuerung der Einspeisung des Stroms in das öffentliche Netz ist davon unabhängig und weiterhin der USt zum allgemeinen Steuersatz von 19 % zu unterwerfen. Betreiber von Altanlagen ohne Speicher sollten zeitnah über den Erwerb eines Batteriespeichers nachdenken, um sich in der Folge die Entnahmemöglichkeit der gesamten Fotovoltaikanlage zu eröffnen.[6]

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