Rz. 9

Die vom Gesetzgeber erwartete Stimulierung der Nachfrage aufgrund der zunächst vorgesehenen Befristung bis 30.6.2021 (Rz. 3) setzt voraus, dass die leistenden Unternehmer (Gastwirte usw.) die neue Steuerermäßigung ganz oder zumindest teilweise an die Leistungsempfänger (Gäste) weitergeben. Bei der vollständigen Weitergabe der Steuersatzsenkung von 19 % auf 5 % (im zweiten Halbjahr 2020 betrug der ermäßigte Steuersatz 5 %) an den Gast wäre es in der Zeit vom 1.7. bis 31.12.2020 zu einer Preissenkung der Speisen von ca. 11,8 % gekommen. Nutznießer wären in diesem Fall die Gäste gewesen, während die Gastwirte usw. wegen der Preissenkung nur auf mehr Gäste und damit höheren Umsatz hätten hoffen können.

 
Praxis-Beispiel

In einer Gaststätte betrug der Preis für ein Schnitzel laut Speisekarte bis zum 30.6.2020 11,90 EUR (Entgelt 10 EUR zuzüglich 1,90 EUR USt).

Bei vollständiger Weitergabe der neuen Steuerermäßigung an den Gast würde der Preis für dieses Schnitzel im zweiten Halbjahr 2020 10,50 EUR betragen (Entgelt weiter 10 EUR zuzüglich 0,50 EUR USt). Dies entspricht einer Senkung des bisherigen Preises für das Schnitzel um ca. 11,8 %.

In der Begründung der ersten Verlängerung der Steuersatzsenkung auf die Abgabe von Speisen in der Gastronomie bis 31.12.2022 durch das Dritte Corona-Steuerhilfegesetz v. 10.3.2021 (Rz. 3b) war von einer Nachfragestimulierung und Konjunkturbelebung nicht mehr die Rede. Vielmehr diente die Maßnahme nach dem Willen des Gesetzgebers allein der Unterstützung der Gastronomie. Damit geht der Gesetzgeber stillschweigend davon aus, dass die Steuersatzsenkung nicht den Gästen, sondern allein den Gastronomiebetrieben zugutekommt. Laut Begründung der zweiten Verlängerung der Steuersatzsenkung bis zum 31.12.2023 durch das Achte Verbrauchsteueränderungsgesetz v. 24.10.2022 soll die Gastronomiebranche entlastet und die Inflation nicht weiter befeuert werden (Rz. 3g). Von einer Entlastung der Kunden (Gäste) ist weiterhin nicht die Rede. Eher haben zahlreiche Gastronomiebetriebe unter Verweis auf die erheblich gestiegenen Kosten insbesondere für Energie in den Jahren 2022 und 2023 ihre Endpreise angehoben. Nach Zahlen des Statistischen Bundesamts sind die Preise für Gaststättendienstleistungen von Januar 2021 bis Oktober 2023 nämlich um 20,3 % gestiegen (Rz. 3k).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge