Rz. 84

Abgeordnetenbezüge: Bezüge eines Parlamentsabgeordneten unterliegen nicht der USt, da die Abgeordneten keine Leistung im wirtschaftlichen Sinne ausführen.[1]

 

Rz. 85

Abgabe verzehrgeeigneter Lebensmittel an karitative Einrichtungen: Geben Unternehmer unentgeltlich Lebensmittel kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums oder bei Frischware kurz vor Ablauf der Verkaufsfähigkeit an karitative Einrichtungen für Bedürftige ab (z. B. Abgabe an sog. "Tafeln"), könnte eine Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 3 UStG vorliegen, sodass eine Besteuerung mit den Wiederbeschaffungskosten nach § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 UStG erfolgen müsste. Ursprünglich hatte die Finanzverwaltung[2] es in diesen Fällen nicht beanstandet, wenn von einer Umsatzbesteuerung abgesehen wurde. Voraussetzung dafür war, dass von der karitativen Einrichtung keine Zuwendungsbestätigung ausgestellt wurde. Das BMF[3] hatte dann erstmalig bundeseinheitlich zu dieser Wertabgabe Stellung genommen und zutreffend festgestellt, dass die Wertabgabe grundsätzlich zu einem steuerbaren Umsatz nach § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 3 UStG führt. Ob dann tatsächlich eine Besteuerung vorzunehmen ist, entscheidet sich bei der Bestimmung der Bemessungsgrundlage. Dazu stellt die Finanzverwaltung fest, dass auch zu berücksichtigen ist, ob die Gegenstände im Zeitpunkt der unentgeltlichen Wertabgabe nur noch stark eingeschränkt oder gar nicht mehr verkehrsfähig sind. Davon ist bei Lebensmitteln auszugehen, wenn diese kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums abgegeben werden oder die Verkaufsfähigkeit als Frischware (Backwaren, Obst und Gemüse) wegen Mängeln nicht mehr gegeben ist. Diese Grundsätze gelten auch analog für Non-Food-Artikel mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum (Kosmetika, Drogerieartikel etc.). Aber auch Gegenstände, die aufgrund erheblicher Material- oder Verpackungsfehler oder einer fehlenden Marktgängigkeit (z. B. bei Saisonware) nicht mehr oder nur schwer verkäuflich sind, sollen nach diesen Regelungen behandelt werden. Die Bemessungsgrundlage kann dann niedriger festgesetzt werden als bei noch uneingeschränkt verkehrsfähiger Ware, der Ansatz soll im Umfang der Einschränkung der Verkehrsfähigkeit erfolgen. Ein Ansatz der Bemessungsgrundlage mit 0 EUR soll aber nur bei wertloser Ware möglich sein.

Insbesondere die Abgabe von Lebensmitteln an Tafeln ist nach diesen Festlegungen für den abgebenden Unternehmer weiterhin – oder nun gerade wieder – mit Risiken verbunden. So kann nach dem neu eingeführten Abschn. 10.6 Abs. 1a UStAE bei der Abgabe von Lebensmitteln "kurz" vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums von einer wertlosen Ware ausgegangen werden. Gerade aber bei der Abgabe von Frischwaren, die keine Mindesthaltbarkeitsdaten enthalten, ist Streit vorprogrammiert, ob bei einer Abgabe "keine Verkaufsfähigkeit" mehr vorgelegen hat. So ist in der Praxis zu beobachten, dass z. B. bei Bäckereien die Backwaren des Vortags mit einem erheblichen Preisabschlag (z. B. zu 50 % des regulären Preises) verkauft werden, während andere Bäcker diese Produkte an Tafeln abgeben. Ob ein Steuerpflichtiger nach der von der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung davon ausgehen darf, dass in diesem Fall "keine Verkaufsfähigkeit" gegeben ist und er deshalb von einer Bemessungsgrundlage von 0 EUR ausgehen kann, bleibt zumindest mit Unsicherheit verbunden.

Leider systematisch zutreffend sind die Feststellungen der Finanzverwaltung, dass die im Rahmen von Sachspenden abgegebenen Gegenstände, die nur aus logistischen oder wirtschaftlichen Gründen unentgeltlich abgegeben werden, zu einer Bemessungsgrundlage (Wiederbeschaffungskosten oder Selbstkosten) und damit zu einer Umsatzsteuer führen, selbst wenn diese Gegenstände ansonsten vernichtet werden würden. In der Konsequenz wird dies – zunehmend – dazu führen, dass solche Gegenstände eher vernichtet als karitativen Einrichtungen überlassen werden, da zumindest die Vernichtungskosten klar kalkulierbar sind. Es ist bedenklich, wenn umsatzsteuerrechtliche Regelungen einer nachhaltigen und ökologisch sinnvollen Nutzung von Ressourcen im Wege stehen, es bleibt daher zu hoffen, dass politische Initiativen hier zu einer Änderung der unionsrechtlichen Grundsätze führen werden.

 

Rz. 86

Ablösebeträge für Stellplatzverpflichtungen: Erfolgt aufgrund von Landesbauordnungen eine Befreiung von der Verpflichtung, Stellplätze für Fahrzeuge oder Fahrräder zu errichten gegen die Zahlung eines Geldbetrags an die Gemeinde, liegt kein Leistungsaustausch vor.[4]

 

Rz. 87

Abmahnungen/Abmahnvereine: Abmahnvereine, die Unterlassungsansprüche geltend machen, haben gegen die Abgemahnten einen Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen; insoweit erbringen sie gegen die Abgemahnten eine Leistung gegen Entgelt.[5]

 

Rz. 88

Agrarbeihilfen: Ein Leistungsaustausch liegt nicht vor, wenn eine Agrarbeihilfe gezahlt wird, die nicht zu einem Verbrauch i. S. d. Mehrwertsteuersystems führt (Aufgabe der Milcherzeugung gegen Zahlung[6]; Verminderung der landwirtschaftlichen Kartoffelproduktion[...

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