Entscheidungsstichwort (Thema)

Unbenutzbarkeit eines Gebäudes. Artfeststellung und Jahresrohmieten bei im Beitrittsgebiet gelegenen Grundstücken. Einheitswert zum 01.01. 1991 und 1998

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ob ein Grundstück als unbebaut anzusehen ist, weil sich auf ihm kein benutzbares Gebäude mehr befindet, ist danach zu entscheiden, ob die dem Gebäude zugedachte Nutzung am Bewertungsstichtag baupolizeilich untersagt war oder hätte sein müssen.

2. Für die Frage, ob ein im Beitrittsgebiet gelegenes Grundstück zu mehr als 80 % unmittelbar eigenen oder fremden gewerblichen oder öffentlichen Zwecken dient und demzufolge als Geschäftsgrundstück zu bewerten ist, ist auf das Verhältnis der Jahresrohmieten zum Stichtag 1.1.1935 abzustellen.

3. Ausführungen zur Schätzung der Jahresrohmiete auf den 1.1.1935 bei erst nach diesem Stichtag erstellten Geschäftsgebäuden, insbesondere bei Fehlen geeigneter Vergleichsobjekte und nicht hinreichend nach Lage und Ausstattung differenziertem Mietspiegel.

 

Normenkette

BewG 1991 § 19 Abs. 3, § 129 Abs. 2 Nrn. 1-2; RBewDV §§ 32, 34

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 11.11.2005; Aktenzeichen II B 11/05)

 

Tenor

Der Einheitswertbescheid über die Nachfeststellung auf den 01.01.1991 vom 03.12.1999 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.07.2001 wird dahingehend geändert, dass als Grundstückshauptgruppe „gemischtgenutztes Grundstück” festgestellt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Bewertung des Grundstücks F. 1 in C. in den Feststellungszeitpunkten 01.01.1991 und 1998 als unbebautes Grundstück, zumindest aber die Herabsetzung des Gebäudenormalherstellungswertes und die weitergehendere Berücksichtigung von Baumängeln in den genannten Feststellungszeitpunkten bzw. die Bewertung des Grundstücks als Mietwohngrundstück im Ertragswertverfahren.

Zum 25.11.1996 veräußerte die Klägerin eine Teilfläche von ca. 262 qm aus dem obengenannten Grundstück. Unter dem 23.11.1998 verlangte das Finanzamt von der Klägerin die Abgabe einer Erklärung zur Feststellung des Einheitswertes auf den 01.01.1991. Dabei wurde darauf hingewiesen, dass die Angaben nach dem Zustand des Grundstücks im angegebenen Feststellungszeitpunkt zu machen seien. Ferner seien alle Veränderungen, die seit dem 01.01.1991 eingetreten seien, anzugeben. In der Erklärung vom 15.11.1998 bezeichnetet die Klägerin die Grundstücksfläche mit 2.151 qm. Das Gebäude sei mit einem 4.466,32 m³ großen dreigeschossigen Gebäude bebaut, in dessen Erdgeschoss sich eine Arztpraxis und Sozialräume und in dessen Obergeschossen sich Appartements befänden. Aufgrund der von der Klägerin angekreuzten Merkmale der baulichen Ausstattung ergab sich die Ausstattungsgüte „mittel”. Als wertbeeinflussende Umstände wurde eine verminderte Brandsicherheit in den oberen Etagen bezeichnet. Aufgrund einer Besichtigung des Grundstücks stellte der Bausachverständige des Beklagten am 19.03.1999 fest, dass das Gebäude relativ geringe behebbare Baumängel aufweise. Diese seien auf seit Mitte der 90iger Jahre vernachlässigte Instandhaltung und den Leerstand der beiden oberen Etagen zurückzuführen und dürften daher zum Feststellungszeitpunkt 01.01.1991 noch nicht vorhanden gewesen seien. Zum Stichtag 01.01.1998 sei von einem Wertabschlag in Höhe von 14 v.H. auszugehen.

Mit Einheitswertbescheid vom 03.12.1999 über die Nachfeststellung auf den 01.01.1991 stellte der Beklagte den Einheitswert des Grundstücks F. 1 in C. mit 98.000 DM fest. Als Grundstücksart wurde „Geschäftsgrundstück – Das Grundstück ist Betriebsgrundstück” festgestellt. Das Grundstück wurde der Klägerin allein zugerechnet. Der im Sachwertverfahren ermittelte Einheitswert geht von einer Grundstücksgröße von 2.151 qm und einem Bodenwert von 2 DM/qm aus. Bei der Ermittlung des Gebäudenormalherstellungswertes wurden 4.466 m³ zu je 21 DM zugrunde gelegt. Mit Einheitswertbescheid vom gleichen Tag über die Wertfortschreibung auf den 01.01.1998 wurde der Einheitswert mit 84.900 DM festgestellt. Dabei wurde gegenüber der Nachfeststellung auf den 1.1.1991 der Gebäudenormalherstellungswert wegen behebbarer Baumängel um 14 v.H. gekürzt.

Unter dem 13.12.1999 legte die Klägerin gegen die Einheitswertbescheide Einspruch ein. Der Rechtsbehelf richte sich gegen den Gebäudenormalherstellungswert. Das Gebäude sei nicht mehr nutzbar, weil es den heutigen Brandschutzanforderungen nicht genüge. 1998 habe die Feuerwehr festgestellt, dass das Gebäude zum Wohnen von Menschen nicht geeignet sei.

Im Einspruchsverfahren gab der Bausachverständige des Beklagten unter dem 29.05.2000 erneut eine baufachliche Stellungnahme ab. Zum Besichtigungszeitpunkt sei das Erdgeschoss des Gebäudes noch als Arztpraxis genutzt worden. Die in diesem Zeitpunkt leer stehenden Obergeschosse seien noch Anfang der 90iger Jahre als Wohnheim und Büro genutzt worden. Bei dem etwa 1980 errichteten Gebäude handele es sich um ein mehrgeschossiges Typengebäude in Stahlleichtbauweise des...

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