Entscheidungsstichwort (Thema)

Annahme eines verdeckten Gesellschaftsverhältnisses bei Unterstützung eines neu gegründeten Unternehmens

 

Leitsatz (redaktionell)

Die im Rahmen der Gründung einer Apotheke zwischen der Existenzgründerin und der eine Apotheke innhabenden Apothekerin geschlossenen Verträgen über die Überlassung ausgestatteter Geschäftsräume und der unternehmerischen Beratung führen nicht zur Annahme einer verdeckten Mitunternehmerschaft, wenn die erfolgsabhängigen Beratungsvergütungen wegen der nicht zu erfolgenden Einbeziehung des vereinnahmten Mietzinses angemessen sind, die Verpflichtung zur Rücknahme der Apotheke keine Verlustbeteiligung darstellt, zugesicherte monatliche Vorabvergütungen zu keiner gesellschaftsrechtlich bedingten Nachschusspflicht führen, die Pflicht zur Einstellung der beratenden Apothekerin der Absicherung deren wirtschaftlichen Risikos dient sowie keine Verpflichtung zur Umsetzung der Beratungsempfehlungen besteht.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; BGB §§ 705, 716, 133, 157

 

Tenor

1. Die Bescheide zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte und die Gewerbesteuermessbescheide 1995, 1996 und 1997 vom 27. März 2001 sowie die Einspruchsentscheidungen vom 21. November 2001 werden aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in der Höhe von 7/6 des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe vor der Vollstreckung leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine vermeintliche Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), bestehend aus Frau Dr. G. und Frau Sch. Frau Dr. G. unterhält in R. die Apotheke am H.. Frau Sch. gründete 1994 die S.-Apotheke in R.. Hierzu schloss sie mit Frau Dr. G. eine Rahmenvereinbarung, nach deren Präambel das wirtschaftliche Risiko der Apothekenübernahme in der Weise abgemildert werden soll, indem Frau Dr. G. zusicherte, nach Ablauf des Mietvertrages die Apotheke zurückzunehmen. Nach § 1 sollte ein Untermietvertrag geschlossen werden, der nicht als Verpachtung im Sinne von § 9 ApothekengesetzApoG – gewollt war. In § 2 Ziffer 2 bestätigte Frau Dr. G., Umbaumaßnahmen durchgeführt zu haben. Nach § 2 Ziffer 3 verpflichtete sich Frau Sch. nach Ablauf des Mietvertrages die Apotheke an Frau Dr. G. zurückzugeben (weitere Einzelheiten Bl. 76 – 77 d. A.). Sie schlossen am selben Tag einen Untermietvertrag (Bl. 17 – 19 d. A.). Nach § 1 des Mietvertrages ist dieser auf 10 Jahre befristet, ferner ist ein „Optionsrecht von 5 Jahren” vereinbart. Der Mietzins beträgt DM 5.000 zzgl. Umsatzsteuer pro Monat. Am selben Tag schlossen sie eine Beratervereinbarung (Bl. 21 – 22 d. A.). Frau Dr. G. verpflichtete sich, folgende Leistungen für die Gründung der S.-Apotheke für Frau Sch. zu erbringen:

  • Mitwirkung bei der Existenzgründung,
  • Mitwirkung bei der Erstellung der Arbeits- und Mietverträge,
  • Mitwirkung und Beratung bei der Finanzierung,
  • wirtschaftliche Betreuung bei der Führung der Apotheke,
  • Umsatzplanung und Kalkulation
  • Mitbeteiligung an Gemeinschaftseinkäufen und
  • Absicherung des wirtschaftlichen Risikos durch Finanzierung der Apothekeneinrichtung und Computerausstattung, garantierte „Rücknahme der Apotheke” und Garantie einer Mindestvergütung.

Nach § 3 des Vertrages erhält Frau Dr. G. 70 v. H. des den Betrag von DM 90.000 übersteigenden Steuerbilanzgewinns. Frau Sch. wird eine Mindestvergütung von DM 7.500 pro Monat von Frau Dr. G. garantiert. Gem. § 4 des Vertrages läuft dieser 10 Jahre und kann nach § 5 vorzeitig aufgehoben werden, wobei Frau Dr. G. verpflichtet wäre, Frau Sch. zu einem Gehalt von DM 7.500 in der Apotheke am H. einzustellen. Frau Sch. zahlte Frau Dr. G. im Jahr 1995 DM 118.100; im Jahr 1996 DM 150.923 und im Jahr 1997 DM 91.965 jeweils zzgl. Umsatzsteuer als Beratungshonorar und erbrachte die vereinbarten Mietzahlungen. Frau Dr. G. gewährte Frau Sch. im Jahr 1994 ein Darlehen über DM 350.000 zur Zwischenfinanzierung der Erstausstattung der Apotheke, welches nach ca. 9 Monaten getilgt worden ist. Am 10. Januar 1999 wurde der Beratervertrag zum 31. Dezember 1999 aufgelöst. Am 29. März 1999 führte der Beklagte bei der S.-Apotheke eine Außenprüfung durch, bei der Gewinne für 1995 von DM 274.780, für 1996 von DM 330.053 und 1997 von 254.681 festgestellt wurden. Am 19. März 2001 erließ er für die Jahre 1995 bis 1997 Bescheide zur gesonderten und einheitlichen Feststellung sowie Gewerbesteuermessbescheide. Dabei ging er davon aus, dass Frau Dr. G. und Frau Sch. hinsichtlich des Betriebes der S.-Apotheke steuerlich als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zu behandeln sind. Die von der Klägerin eingelegten Einsprüche wurden mit Einspruchsentscheidung vom 20. November 2001 zurückgewiesen, wogegen sich die vorliegende Klage richtet.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass eine Mitunternehmerschaft i. S. v. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EinkommensteuergesetzEStG – nicht...

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