Leitsatz

Ohne Gesellschaftsverhältnis liegt prinzipiell keine Mitunternehmerschaft vor. Verträge über die Überlassung ausgestatteter Geschäftsräume und der unternehmerischen Beratung führen nicht zur Annahme einer verdeckten Mitunternehmerschaft, wenn die erfolgsabhängigen Beratungsvergütungen angemessen sind. Durch den Beratungsvertrag erhält die betreffende Person zwar Einflussmöglichkeiten auf den Geschäftsbetrieb des Unternehmens. Diese sind jedoch rein faktischer Natur. Mitunternehmerinitiative bedeutet die gesellschaftsrechtliche Teilnahme an unternehmerischen Entscheidungen.

 

Sachverhalt

Frau Dr. G. unterhält in R. eine Apotheke. Frau Sch. gründete 1994 die S.-Apotheke in R. Hierzu schloss sie mit Frau Dr. G. eine Rahmenvereinbarung, nach deren Präambel das wirtschaftliche Risiko der Apothekenübernahme in der Weise abgemildert werden soll, indem Frau Dr. G. zusicherte, nach Ablauf des Mietvertrags die Apotheke zurückzunehmen. Frau Dr. G. schloss mit Frau Sch. eine Beratervereinbarung. Frau Dr. G. verpflichtete sich u. a. zur Mitwirkung bei der Existenzgründung, bei der Erstellung der Arbeits- und Mietverträge, Umsatzplanung und Kalkulation. Außerdem verpflichtete sie sich zur Absicherung des wirtschaftlichen Risikos durch Finanzierung der Apothekeneinrichtung und Computerausstattung und garantierte "Rücknahme der Apotheke" und eine Mindestvergütung. Nach § 3 des Vertrags erhält Frau Dr. G. 70 % des den Betrag von 90 000 DM übersteigenden Bilanzgewinns. Frau Sch. wird eine Mindestvergütung von 7 500 DM von Frau Dr. G. garantiert. Das Finanzamt behandelte Frau Dr. G. und Frau Sch. hinsichtlich des Betriebs der S.-Apotheke steuerlich als GbR.

 

Entscheidung

Das FG sieht die Sache anders. Es stellt sich auf den Standpunkt, dass Frau Sch. und Frau Dr. G. hinsichtlich der S.-Apotheke keine Mitunternehmerschaft gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bildeten. Ein zivilrechtliches Gesellschaftsverhältnis liegt zunächst deshalb nicht vor, weil Frau Dr. G. und Frau Sch. keinen schriftlichen Gesellschaftsvertrag, sondern voneinander unabhängige Einzelverträge schlossen. Entgegen der Auffassung des Finanzamts liegt aber auch keine verdeckte Mitunternehmerschaft vor. Dies ist nur dann der Fall, wenn eine Person Rechtsbeziehungen zu einer Personengesellschaft oder einem Einzelunternehmer unterhält, die zivilrechtlich als Innengesellschaft anzusehen sind und den übrigen Kriterien des Mitunternehmerbegriffes genügen. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

 

Hinweis

Mitunternehmerschaft setzt ein Gesellschaftsverhältnis voraus. Besteht ein verdecktes Gesellschaftsverhältnis, setzt Mitunternehmerschaft zusätzlich voraus, dass der verdeckte Gesellschafter Mitunternehmerinitiative entfaltet und Mitunternehmerrisiko trägt. Beide Merkmale sind für die verdeckte Mitunternehmerschaft konstitutiv und müssen kumulativ in mehr oder weniger ausgeprägter Form gegeben sein.

 

Link zur Entscheidung

Sächsisches FG, Urteil vom 17.03.2004, 7 K 2335/01

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