Eine Verbindlichkeitsrückstellung kann nur gebildet werden, wenn darüber hinaus die Inanspruchnahme aus der Verpflichtung auch wahrscheinlich ist, d. h. der Bilanzierende ernsthaft mit der Geltendmachung des Anspruchs rechnen muss.[1]

Von einer Inanspruchnahme muss der Bilanzierende nach handelsrechtlicher Auffassung regelmäßig dann ausgehen, wenn der Gläubiger seinen Anspruch kennt. Etwas anderes gilt nur, wenn aufgrund besonderer Umstände mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mit einer Inanspruchnahme zu rechnen ist.[2] Auch hier stellt die Rechtsprechung höhere Anforderungen. Nach Auffassung des BFH ist eine Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme nur dann gegeben, wenn nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag mehr Gründe dafür als dagegen sprechen, dass der Gläubiger seinen Anspruch gegen den Bilanzierenden geltend machen wird.[3] Nach der Rechtsprechung darf der Bilanzierende im Hinblick auf seine Inanspruchnahme nicht einfach die pessimistischste Alternative wählen; auch für die Inanspruchnahme müssen mehr Gründe dafür als dagegen sprechen.[4]

Dieses mehr als "50 %-Kriterium" des BFH wird in der Literatur kritisiert, da relevante Risiken auch bei einer geringeren Wahrscheinlichkeit vorliegen können.[5]

[1] Vgl. Bertram, in Bertram/Brinkmann/Kessler/Müller, Haufe HGB Bilanz Kommentar, § 249 HGB Rz. 43, Stand: 19.10.2021.
[2] Vgl. Schubert, in: Beck'scher Bilanzkommentar, § 249 HGB, 12. Aufl., Rz. 43.

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