OFD Niedersachsen, 31.3.2010, S 0622 - 226 - St 141

 

1. Rücknahme durch die Einspruchsführer

Die Rücknahme ist vom Einspruchsführer zu erklären. Beim Wechsel des Einspruchsführers – z.B. nach Aufnahme des Verfahrens durch den Insolvenzverwalter – ist nur der neue Einspruchsführer rücknahmeberechtigt. Ist ein Vorerbe anstelle des verstorbenen Einspruchsführers in das Einspruchsverfahren eingetreten, so kann er ohne Zustimmung des Nacherben den Einspruch zurücknehmen (BFH-Urteil vom 25.4.1969, BStBl 1969 II S. 622).

 

2. Rücknahme durch Beteiligte

Legen mehrere Beteiligte einen Einspruch ein, so kann zwar jeder von ihnen für seine Person den Einspruch zurücknehmen. Kann aber die Entscheidung ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen, so ist es zur Beendigung des Verfahrens erforderlich, dass alle Beteiligten die Rücknahme erklären. Bleibt der Einspruch auch nur eines Beteiligten anhängig, so sind zu diesem Verfahren die übrigen Beteiligten hinzuzuziehen (§ 360 Abs. 3 AO; vgl. AO-Kartei § 352 AO Karte 3 und § 360 AO Karte 3).

Die nach § 360 AO zum Verfahren zugezogenen Beteiligten sind nicht berechtigt, einen Einspruch zurückzunehmen.

 

3. Rücknahme durch Bevollmächtigte

Hat der Einspruchsführer einen Dritten bevollmächtigt, ihn im Einspruchsverfahren zu vertreten, so ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Bevollmächtigte auch berechtigt ist, den Einspruch zurückzunehmen. Das gilt nicht, wenn der Bevollmächtigte erstmals im Einspruchsverfahren auftritt, keine schriftliche Vollmacht vorlegt und der Einspruchsführer in den vorangegangenen Verhandlungen mit dem FA deutlich zu erkennen gegeben hat, dass er nicht gewillt sei, den Einspruch zurückzunehmen (BFH-Urteil vom 5.6.1962, I 177/178/60 S, DB 1962 S. 1558). Der Einspruchsführer kann die Befugnis zur Rücknahme eines Einspruchs von der Vollmacht ausschließen (BFH-Urteil vom 26.5.1965, HFR 1965 S. 484). Eine derartige Beschränkung der Vollmacht ist aber nur wirksam, wenn sie vor der Rücknahme dem FA gegenüber ausgesprochen worden ist (BFH-Urteil vom 30.7.1953, BStBl 1953 III S. 288). Es genügt, wenn der Einspruchsführer dem FA erklärt, eine Rücknahme des Einspruchs komme nicht in Betracht; er bestehe vielmehr darauf, dass über den Einspruch entschieden werde (BFH-Urteil vom 13.10.1960, BStBl 1960 III S. 526). Andernfalls kann sich der Einspruchsführer nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er seinem Bevollmächtigten die Rücknahme des Einspruchs nicht gestattet habe, es sei denn, das FA hätte diese interne Einschränkung gekannt oder kennen müssen (§ 173 BGB). Wenn der Einspruchsführer mit der Sachbehandlung durch seinen Bevollmächtigten nicht einverstanden ist, muss er sich mit diesem ggf. zivilrechtlich auseinander setzen.

 

4. Zeitliche Begrenzung der Rücknahme

Der Einspruch kann bis zur Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung zurückgenommen werden. Die Rücknahme ist somit noch zulässig, wenn die Entscheidung bereits abschließend gezeichnet, dem Einspruchsführer aber noch nicht zugestellt worden ist.

 

5. Form der Rücknahmeerklärung

Es gelten die gleichen Formvorschriften wie für die Einlegung des Einspruchs (§ 362 Abs. 1 Satz 2 AO i.V.m. § 357 Abs. 1 und 2 AO). Die Rücknahme ist somit schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären (im Übrigen vgl. AEAO zu § 357, Nr. 1). Aus dem Schriftstück muss hervorgehen, wer die Rücknahme erklärt und dass ein bestimmter Einspruch zurückgenommen wird.

 

6. Inhalt der Rücknahmeerklärung

Wegen ihrer weitreichenden Folgen muss die Rücknahmeerklärung eindeutig sein. Bestehen Zweifel, ob der Einspruchsführer seinen Einspruch zurücknehmen wollte, muss er – ggf. unter Hinweis auf die Rechtswirkungen einer Rücknahme – veranlasst werden, sich unmissverständlich zu äußern. Ist eine solche Äußerung nicht zu erhalten, muss die Erklärung nach den allgemeinen Grundsätzen ausgelegt werden (BFH-Beschluss vom 5.12.1967, BStBl 1968 II S. 202). Dabei ist nicht allein auf den Wortlaut der Erklärung abzustellen, sondern sie ist im Zusammenhang mit den zugehörigen Umständen zu würdigen (BFH-Urteil vom 28.10.1964, BStBl 1965 III S. 332). Wenn es auch nicht erforderlich ist, dass der Einspruch ausdrücklich zurückgenommen wird, so muss doch eine als Rechtsbehelfsrücknahme zu wertende Erklärung schon im Hinblick auf die mit der Rücknahme verbundene Folge des Verlustes des eingelegten Einspruchs mit hinreichender Deutlichkeit darauf schließen lassen, dass das Einspruchsbegehren nicht weiter verfolgt wird (BFH-Urteil vom 26.2.1986, BFH/NV 1987 S. 344). Entscheidend ist, wie das FA als Erklärungsempfänger den objektiven Erklärungswert des Rücknahmeschreibens verstehen musste; dabei sind auch Umstände in Betracht zu ziehen, die sich nicht aus dem Rücknahmeschreiben selbst ergeben, die jedoch der entscheidenden Behörde und ggf. den anderen Verfahrensbeteiligten bekannt sind (BFH-Urteil vom 8.6.2000, BStBl 2001 II S. 162). So ist in Wirklichkeit eine Rücknahme nicht gewollt, wenn der Einspruchsführer den Einspruch zurücknimmt, damit der angefochtene Beschei...

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