Entscheidungsstichwort (Thema)

Schicksal der Verpflichtungsklage auf Herabsetzung der Vorauszahlung nach Ergehen des Jahressteuerbescheides

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Mit Ergehen des Einkommensteuer-Jahresbescheides 1996 fällt das Rechtsschutzinteresse an einer Sachentscheidung über eine Verpflichtungsklage, mit der die Herabsetzung der Einkommensteuer-Vorauszahlung für das 4. Quartal 1996 begehrt wird, weg. Denn mit Erlass des Jahressteuerbescheides kann eine Veränderung der Einkommensteuer-Abschlusszahlung 1996 durch eine Veränderung der Einkommensteuer-Vorauszahlung nicht mehr erreicht werden.

2. § 68 FGO ist nicht anwendbar, wenn hierdurch von einer ursprünglichen Verpflichtungsklage auf eine Anfechtungsklage übergeleitet werden soll.

 

Normenkette

EStG § 36 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4, § 37; FGO § 68

 

Streitjahr(e)

1996

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 27.04.2004; Aktenzeichen X R 28/02)

BFH (Urteil vom 27.04.2004; Aktenzeichen X R 28/02)

 

Tatbestand

Der Kläger ist Frisörmeister. Er betrieb einen eigenen Frisörsalon, den er mit Betriebsübergabevertrag vom 19. August 1996 per 01.09.1996 auf T. übertrug. Der Kläger adoptierte T. im November 1996. Zwischen den Beteiligten besteht Streit, ob die Übertragung des Gewerbebetriebes als entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung anzusehen ist. Der Beklagte nahm eine entgeltliche Geschäftsübertragung deshalb an, weil nach dem Vertrag zu Gunsten des Klägers eine Einlage in Höhe von DM 140.000,00 eingebucht werden und der Kläger fortan mit einem festen Gewinnvoraus in Höhe von 12 v.H. des Einlagebetrages am Betrieb beteiligt sein sollte. Der Beklagte ging deshalb von einem Veräußerungsgewinn des Klägers aus. Dagegen vertritt der Kläger die Auffassung, dass eine unentgeltliche Betriebsübertragung stattgefunden habe und mithin kein Veräußerungsgewinn entstanden sei.

Die Einkommensteuervorauszahlung für das 4. Quartal 1996 hatte der Beklagte mit dem Einkommensteuerbescheid für 1994 vom 2. Oktober 1996 auf DM X festgesetzt. Bezüglich der Einkommensteuervorauszahlung 4/1996 wurde der Bescheid bestandskräftig. Der Kläger beantragte beim Beklagten mit Schriftsatz vom 9. Januar 1997 die Herabsetzung der Steuervorauszahlung auf DM 0,00, weil nach seiner Einschätzung die bis dahin für 1996 geleisteten Vorauszahlungen die Steuerschuld ausglichen. Ausgehend von seiner Rechtsauffassung eines entgeltlichen Betriebsübertragungsvorgangs lehnte der Beklagte mit Verwaltungsakt vom 3. Februar 1997 den Antrag auf Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlung für das 4. Quartal 1996 ab.

Gegen diesen Ablehnungsbescheid erhob der Kläger nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit Schriftsatz vom 14. Januar 1998 Klage.

Während des Klageverfahrens erließ der Beklagte am 30. Dezember 1998 den Jahressteuerbescheid für 1996. Auch hier ging der Beklagte von einer entgeltlichen Betriebsübertragung mit entsprechendem Veräußerungsgewinn aus. Der Beklagte fügte dem Bescheid u.a. die folgende Erläuterung bei: „Dieser Bescheid ändert den mit der Klage angefochtenen Bescheid vom 17.12.1997 über die Ablehnung des Antrags auf Herabsetzung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen für das 4. Quartal 1996.” Außerdem ergänzte der Beklagte die Rechtsbehelfsbelehrung des Steuerbescheides dahingehend, dass innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheides beim Finanzgericht der Antrag nach § 68 FGO (alt) gestellt werden könne.

Der Kläger legte gegen den Einkommensteuerbescheid mit Schriftsatz vom 13.01.1999 rechtzeitig Einspruch ein und erläuterte, dass dies nur vorsorglich geschehe, weil er sich nicht sicher sei, dass die Anwendung des § 68 FGO genüge. Bei Gericht beantragte er gleichzeitig, den Jahressteuerbescheid gemäß § 68 FGO (alt) zum Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens zu machen.

Der Beklagte teilte dem Gericht mit Schriftsatz vom 30. Juni 1999 mit, dass dort ein Einspruch gegen den Einkommensteuerbescheid 1996 vorliege. Der BFH habe bereits in mehreren Verfahren zum Verhältnis des Umsatzsteuervorauszahlungsbescheides zum Umsatzsteuerjahresbescheid entschieden. Der Antrag des Klägers nach § 68 FGO sei damit wohl zulässig. Es werde um Mitteilung gebeten, ob das Klageverfahren aufgrund dieses Antrags fortgeführt werde.

Der damalige Berichterstatter teilte den Beteiligten daraufhin mit richterlicher Verfügung vom 13. Juli 1999 mit, dass der Senat entsprechend der Entscheidung des BFH vom 19. Juli 1996 (BFH/NV 1997, 27; Az. I B 110/95) davon ausgehe, dass das Einspruchsverfahren subsidiär zu dem Verfahren sei, in dem der Antrag nach § 68 FGO gestellt werde. Das finanzgerichtliche Verfahren sei also fortzuführen.

Mit Schriftsatz vom 27. September 1999 nahm der Kläger den Einspruch gegen den Einkommensteuerjahresbescheid 1996 beim Beklagten zurück.

Nachdem zuständigkeitshalber das Klageverfahren an den 16. Senat des Gerichts gelangte, teilte der Vorsitzende mit richterlicher Verfügung vom 7. November 2001 den Beteiligten Bedenken dahingehend mit, ob der Einkommensteuerbescheid für 1996 den ablehnenden Verwaltungsakt vom 3. ...

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