Nachgehend

BFH (Urteil vom 12.06.2002; Aktenzeichen XI R 96/97)

 

Tatbestand

Streitig ist, in welchem Umfang freiwillige Zahlungen an Religionsgemeinschaften, die keine Kirchensteuern erheben, im Billigkeitsweg wie Kirchensteuern als Sonderausgabe gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) berücksichtigt werden können.

Die Kläger, die Eheleute sind, erbrachten im Streitjahr 1991 als Mitglieder der Religionsgemeinschaft (RG) freiwillige Zahlungen an diese Religionsgemeinschaft in Höhe von insgesamt 9.000 DM (Bl. 210 bis 212 der Einkommensteuerakte der Kläger). In ihrer gemeinsamen für das Streitjahr abgegebenen Einkommensteuererklärung begehrten sie für diese Zahlungen den Abzug eines Betrages in Höhe von 2.783 DM [= 9. v.H. (gezahlte Lohnsteuer 1991 in Höhe von 31.813,67 DM ./. 900 DM)] wie als Sonderausgaben abziehbare Kirchensteuerzahlungen und einen Spendenabzug in Höhe von insgesamt 6.217 DM. Das beklagte Finanzamt (FA) berücksichtigte demgegenüber in dem für das Streitjahr unter dem 23. März 1992 ergangenen Einkommensteuer-Bescheid wie Kirchensteuern zu behandelnde Spendenanteile lediglich in einem Umfang von 254 DM und erhöhte die Spenden entsprechend, was sich jedoch wegen des nach § 10 b Abs. 1 EStG begrenzten Spendenabzugs einkommensteuerliche nicht auswirkte.

Die von den Klägern hiergegen mit Schreiben vom 2. April 1992 eingelegte Beschwerde hatte insoweit Erfolg, als die Oberfinanzdirektion (OFD) … im Beschwerdebescheid vom 3. November 1994 unter Zurückweisung der Beschwerde im übrigen die wie Kirchensteuern als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG steuermindernd zu berücksichtigenden Zahlungen der Kläger an die RG um weitere 897 DM auf insgesamt 1.151 DM erhöhte. Die OFD stützte sich dabei sowohl im Rahmen ihrer Begründung als auch ihrer Berechnung weitestgehend auf das zwischen den Klägern und dem beklagten FA zu dieser Streitfrage für den Veranlagungszeitraum 1984 ergangene rechtskräftige Urteil des XV. Senats des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 27. April 1993 … Die von den Klägern gegen dieses Urteil unter Hinweis auf das rechtskräftige Urteil des Finanzgerichts … vom 4. August 1993 11 K 4943/92 E, EFG 1994, 99 vorgebrachten Einwendungen hielt die OFD nicht für stichhaltig. Gegen die von den Klägern vertretene Rechtsauffassung spräche, daß sie nur eine Seite des Zu- und Abflußprinzips des § 11 EStG, nämlich die des Abflusses berücksichtige. Es komme auch nicht darauf an, ob an die Religionsgemeinschaft geleistete Zahlungen von dieser zurückgewährt würden. Denn bei der Kirchensteuer sei Anknüpfungspunkt stets die gezahlte bzw. die erstattete Einkommensteuer, so daß die Rückzahlung zunächst zuviel gezahlter Kirchensteuer lediglich eine Folge der Einkommensteuererstattung und der durch die Kirchensteuererhebung bedingten Besonderheiten sei.

Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer Klage. Sie sind der Ansicht, daß insgesamt 2.903 DM – über den bisher begehrten Betrag von 2.783DM hinausgehend 120 DM Ortskirchgeld als Bemessungsgrundlage – im Billigkeitswege wie Kirchensteuern als Sonderausgaben abzugsfähig seien. Die nach der Billigkeitsregelung gewollte Gleichstellung der Beiträge an nicht kirchensteuererhebende Religionsgemeinschaften mit den Kirchensteuern schließe eine Kürzung um fiktive Erstattungen aus. Die Fiktion von Erstattungszahlungen im Rahmen der Billigkeitsregelung trage der tatsächlichen wirtschaftlichen Belastung, die bei erfolgter und nicht erfolgter Erstattung von Beiträgen unterschiedlich sei, nicht Rechnung und führe die gewollte Gleichstellung nicht herbei. Nur wenn auch beim Empfänger geringere Beitragszahlungen eingingen, sei eine entsprechende Kürzung beim leistenden Steuerpflichtigen möglich. Dies sei jedoch nur der Fall bei Kirchensteuererstattungen, nicht aber bei Zahlungen, die sie – die Kläger – an die RG vorgenommen hätten.

Die Kläger beantragen sinngemäß,

unter Änderung des Beschwerdebescheids … vom 3. November 1994 das beklagte Finanzamt zu verpflichten, bei der Festsetzung der Einkommensteuer 1991 im Rahmen der Sonderausgaben einen Betrag in Höhe von insgesamt 2.903 DM wie Kirchensteuern in Ansatz zu bringen.

Das beklagte Finanzamt beantragt unter Hinweis auf die Ausführungen im Beschwerdebescheid

die Klage abzuweisen.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Wegen ihres weiteren Vorbringens wird auf die Gerichtsakte, die Einkommensteuerakte der Kläger (St.-Nr.: …) sowie den Beschwerdevorgang … verwiesen. Die Gerichtsakte … wurde zu diesem Verfahren beigezogen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO –), hat keinen Erfolg.

Im Streitfall kommt ein über den bereits berücksichtigten Betrag von 1.151 DM hinausgehender Ansatz von Zahlungen der Kläger an die RG im Billigkeitsweg wie Kirchensteuern als Sonderausgabe nach Maßgabe der §§ 163 der Abgabenordnung (AO), 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG nicht in Betrach...

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