Entscheidungsstichwort (Thema)

Abwägung bei Verlangen auf Nennung einer Informationsperson

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ist das Ermittlungsverfahren bereits abgeschlossen, ist für eine Klage auf Akteneinsicht (wieder) der Finanzrechtsweg gegeben.
  2. Das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen ist nicht verpflichtet, einem Kl. Einsicht in die vollständigen Ermittlungsakten zu gewähren oder den Namen der Informationsperson preiszugeben. Denn auch Informationspersonen gehören zum geschützten Personenkreis des § 30 AO.
 

Normenkette

AO § 30

 

Streitjahr(e)

1998

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 09.01.2007; Aktenzeichen VII B 134/05)

BFH (Beschluss vom 09.01.2007; Aktenzeichen VII B 134/05)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der Beklagte gegenüber dem Kläger verpflichtet ist, den Namen einer Informationsperson bekannt zu geben.

Der Kläger betreibt u.a. seit den 80er Jahren einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb in Form des ...anbaus. Für die Jahre 1989 – 1991 wurden gegen den Kläger vom Beklagten (Finanzamt für Fahndung und Strafsachen – FAFuSt -) steuerstrafrechtliche Ermittlungen geführt, die in geringem Umfang zur Feststellung von verkürzten Steuerbeträgen führten. Im Rahmen von steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegenüber Dritten erklärte eine dem FAFuSt namentlich bekannte Person, dass der Kläger die Umsätze aus dem ...anbau nicht in vollem Umfang der Versteuerung unterworfen habe. Zum einen habe er mehr geerntet als angegeben, zum anderen werden billige Fremdprodukte dazugekauft und untergemischt. Damit der erklärte Umsatz in einem vernünftigen Verhältnis mit den Löhnen stehe, seien zusätzlich einige Arbeitnehmer weggelassen, bzw. nicht mit der vollen Stundenzahl erfasst worden. Beim Verkauf seien abnehmende Hotels komplett weggelassen worden. Die Fahrer dieser Auslieferungstouren wurden benannt. Im Übrigen habe der Kläger auch nicht alle Einkünfte aus Kapitalvermögen angegeben. Weiterhin bat die Informationsperson, bis zu einer möglichen Gerichtsverhandlung nicht genannt zu werden, da sie anderenfalls um ihr Leben fürchtete.

Aufgrund dieser Angaben leitete das FAFuSt gegenüber dem Kläger am 29. April 1998 ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts von Steuerstraftaten bzgl. Umsatzsteuer, Einkommensteuer, Lohnsteuer und Gewerbesteuer 1993 – 1996 ein. Im Rahmen dieses Ermittlungsverfahrens fanden mehrere Durchsuchungen und Beschlagnahmen beim Kläger statt. Weiterhin offenbarten mehrere andere Personen im Rahmen des Ermittlungsverfahrens strafrechtlich relevante Umstände zu Lasten des Klägers. Diese äußerten ebenfalls die Besorgnis, bei Weitergabe ihres Namens an den Kläger Schaden an Leib und Leben hinnehmen zu müssen. In einem Fall wurde auf eine konkrete Bedrohung seitens des Klägers bzw. von dritten Personen im Namen des Klägers hingewiesen.

Wegen immer neuer Ermittlungsansätze zog sich das Verfahren über mehrere Jahre hin. Im Ergebnis stellte das FAFuSt zwar Abweichungen von den ermittelten Erlösen aus ...verkäufen zu den erklärten Erlösen fest; es konnte aber nicht ausgeschlossen werden, dass diese Differenzen auf Verschiebungen beruhten, so dass insoweit der Nachweis für eine Steuerverkürzung als nicht gegeben angesehen wurde. Bezüglich der Einnahmen aus Kapitalvermögen wurden Geldanlagen in Luxemburg i.H.v. 180.000 DM festgestellt. Der Verbleib dieser Gelder nach Auflösung des Kontos in 1993 konnte nicht ermittelt werden. Dementsprechend wurden Einnahmen aus Kapitalvermögen geschätzt, die über den Erklärten lagen; aufgrund von Freibeträgen und in Addition mit anderen Besteuerungsgrundlagen führte dies jedoch nicht zu einer verkürzten Steuer. Dementsprechend wurde das Ermittlungsverfahren am 24. Februar 2003 gem. § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) eingestellt.

Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens erhielt der Prozessbevollmächtigte des Klägers Einsicht in die Ermittlungsakten. Aus den Akten waren jedoch diejenigen Unterlagen entfernt worden, die Rückschlüsse auf die Informationsperson zuließen. Diese waren in einer gesonderten Handakte abgeheftet. Nach dem Ende des Ermittlungsverfahrens beantragte der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten erneut Einsichtnahme in die Akten, insbesondere unter Einbeziehung der Handakte. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 4. März 2003 abgelehnt. Der gegen die Ablehnung erhobene Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 6. November 2003 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger habe weder ein Recht auf Akteneinsicht noch auf Nennung der Informationsperson. Ein Anspruch bestehe lediglich auf Entscheidung über den Antrag im Wege pflichtgemäßen Ermessens. Im Rahmen der Ermessensabwägung sei das Interesse der Auskunftsperson hinsichtlich der Wahrung des Steuergeheimnisses, zu dem auch die Nennung des Namens gehöre, vorrangig gegenüber dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Klägers. Eine Durchbrechung des Steuergeheimnisses gem. § 30 Abs. 4 Nr. 4b Abgabenordnung (AO) komme nur dann in Betracht, wenn der Anzeigenerstatter mit de...

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