Entscheidungsstichwort (Thema)

Kontrollmitteilungen anläßlich einer Außenprüfung. Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung

 

Tenor

Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

 

Tatbestand

Die Antragstellerin ist eine private Bank mit insgesamt 120 Filialen. Mit Bescheid vom 29. Mai 1996 ordnete der Antragsgegner, das Finanzamt …, eine Außenprüfung der Antragstellerin für die Veranlagungszeiträume 1990 – 1993 an. Geprüft werden sollten die für eine Kapitalgesellschaft relevanten Steuerarten. Durch ergänzende Prüfungsanordnungen wurde die Prüfung auf Investitionszulage und Verlustvorträge erweitert.

Mit Schreiben vom 5. November 1997 teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, daß sich neben der vorgesehenen Außenprüferin eine weitere Mitarbeiterin, …, an der Prüfung beteiligten werde. Diese prüfte in der Folgezeit u.a. Belege aus dem Veranlagungszeitraum 1992 für Zahlungsvorgänge auf internen Konten der Antragstellerin. Die Prüfung erstreckte sich auf die Konten … (Termingeld), … sowie 9548-1 (Auszahlungskonten für Sparbriefe), … und … (Auszahlungskonten für Kredite an Kunden), … (Konto für Bareinzahlungen zugunsten Dritter) und … (Conto pro Diverse). Untersucht wurden Ein- und Auszahlungen ab 50.000 DM, Anhaltspunkte für eine etwaige Steuerverkürzung durch die Kunden der Antragstellerin bestanden zum damaligen Zeitpunkt nicht. Insgesamt befaßten sich die Außenprüfer in diesem Zusammenhang mit 1.185 Geschäftsvorfällen. Da die Antragsgegnerin unstreitig von nur 79 Filialen Belege anforderte, entfallen auf diese 79 Filialen damit durchschnittlich 15 Geschäftsvorfälle. Einige dieser Vorfälle wiesen die Besonderheit auf, daß auf dem Überweisungsträger in der Rubrik Verwendungszweck entweder „Theo Waigel” oder „Herzblatt” angegeben waren. Bei sämtlichen Geschäftsvorfällen waren Namen und Anschriften der Kunden erst aus den weiter angeforderten Belegen erkennbar.

Nach Auswertung des Belegmaterials teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, er beabsichtige, ca. 600 Kontrollmitteilungen an Veranlagungsfinanzämter und Fahndungsfinanzämter bundesweit je nach Zuständigkeit für die betroffenen Kunden zu versenden. In Fällen, in denen Verdachtsmomente für Steuerverkürzungen beständen und Kunden nicht identifizierbar seien, beabsichtige er eine Weitergabe der Belege an die Steuerfahndung.

Die Antragstellerin hält diese Maßnahmen für unzulässig. Nach ihrer Auffassung handelt es sich um unzulässige Ermittlungen „ins Blaue hinein”, die vom Zweck einer Außenprüfung nicht gedeckt seien und gegen § 30 a Abs. 3 AO verstießen.

Die Antragstellerin macht im einzelnen geltend, der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung sei gem. § 114 Abs. 1 FGO zulässig, da es sich um eine Abgabenangelegenheit handele. Ihre Antragsbefugnis folge aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG, der auch die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung schütze. Unter Bezugnahme auf den Beschluß des Bundesfinanzhofs vom 28.10.1997 (VII B 40/97, DB 1998, 172) trägt sie vor, durch den Zugriff auf ihre Geschäftspapiere und internen Daten werde in diese Grundrechte eingegriffen.

Der Anordnungsgrund ergebe sich daraus, daß der Antragsgegner mitgeteilt habe, er werde die vorbereiteten Kontrollmitteilungen umgehend versenden. Der Anordnungsanspruch gründe sich darauf, daß der Antragsgegner anläßlich der Außenprüfung unzulässige Ermittlungen „ins Blaue hinein” ohne konkrete Anhaltspunkte geführt und damit gegen § 194 Abs. 1 Satz 1 AO sowie gegen § 30 a Abs. 3 AO verstoßen habe.

Hinsichtlich der Ermittlungen „ins Blaue hinein” – so die Auffassung der Antragstellerin – mache schon die Anzahl der geforderten Belege deutlich, daß eine derartige Menge kundenbezogener Daten nicht aus Anlaß des eigentlichen Gegenstandes der Betriebsprüfung, nämlich der Überprüfung der steuerlichen Verhältnisse der Antrgstellerin, angefallen seien, sondern nur bei einer systematischen, in eine völlig andere Richtung laufenden Suche anfallen könnten. Tatsächlich habe es sich um eine Sammeluntersuchung gegen eine unbenannte Anzahl von Kunden gehandelt, die der Antragsgegner ohne hinreichenden Anlaß durchgeführt habe. Es handele sich um eine unzulässige Ausforschungsermittlung, die die Befugnisse der Außenprüfung überschritten habe.

Insoweit liege auch ein Verstoß gegen § 194 Abs. 1 Satz 1 AO vor. Nach dieser Vorschrift diene die Außenprüfung der Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse eines Steuerpflichtigen, d.h. im Streitfall der steuerlichen Verhältnisse der Antragstellerin. Anläßlich einer Außenprüfung festgestellte Verhältnisse anderer Personen als der des Steuerpflichtigen könnten nach § 194 Abs. 3 AO nur dann ausgewertet werden, wenn die Feststellungen bei der Ermittlung der steuerlichen Verhältnisse des geprüften Steuerpflichtigen erfolgten. Gezielte Feststellungen hinsichtlich der steuerlichen Verhältnisse ...

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