Kommentar

Im Streitfall übertrugen die Nacherben durch notariell beurkundeten Vertrag mit Wirkung auf den Zeitpunkt des Erbfalls „die ihnen zustehenden Nacherbenanwartschaften auf den Nachlaß auf die Vorerbin , so daß diese unbedingte Vollerbin ” nach der Erblasserin wurde. Die Vorerbin verpflichtete sich, zur Abfindung aller Rechte, die die Nacherben aufgaben, an diese je einen Betrag von 120.000 DM zu bezahlen. Dem Begehren der Vorerbin, den steuerpflichtigen Erwerb um die Zahlung zur Abfindung der Nacherben in Höhe von insgesamt 240.000 DM zu mindern, gab das Finanzamt nicht statt. Anders als das Finanzgericht bestätigte der Bundesfinanzhof die Auffassung des Finanzamts und entschied:

„Zahlungen des Vorerben zur Ablösung des Nacherbenrechts sind nicht als Nachlaßverbindlichkeiten bei dem Erwerb des Vorerben von Todes wegen abzugsfähig.”

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 23.08.1995, II R 88/92

Zur Erläuterung:

Die vorstehend mitgeteilte Entscheidung beruht maßgebend auf der Erwägung, daß die Zahlungen des Vorerben an den Nach erben nicht den Erwerb des Vorerben durch Erbanfall betreffen. Die Zahlungen sind vielmehr ausgelöst durch einen Vermögensübergang, der nicht zwischen Erblasser und Vorerbe, sondern zwischen Nacherben und Vorerben stattgefunden hat. Im übrigen beziehen sich die Zahlungen auch auf den Erwerb eines anderen Vermögensgegenstandes als denjenigen, der als Erwerb von Todes wegen beim Vorerben der Erbschaftsteuer unterliegt, nämlich auf die Übertragung der Rechtsstellung des Nach erben. Die Rechtsstellung des Nacherben bildet in ihrer Gesamtheit ein Anwartschaftsrecht . Dieses kann veräußert und nach § 2108 Abs. 2 BGB vererbt werden. Schon vor dem Nach erbfall stellt es einen Vermögenswert in der Hand des Nach erben dar (BGH, Urteil v. 9. 6. 1983, IX ZR 41/82, BGHZ 87 S. 367).

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