Leitsatz

Verklagt der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber auf Korrektur der Lohnsteuerbescheinigung, liegt dieser Rechtsstreit nach Auffassung des FG Münster eindeutig im Aufgabenbereich der Arbeitsgerichte. Das Bundesarbeitsgericht ist anderer Meinung und ordnet die Streitigkeiten den Finanzgerichten zu.

 

Sachverhalt

Ein Arbeitnehmer verlangte von seinem Arbeitgeber, dass er eine bereits ausgestellte Lohnsteuerbescheinigung korrigiert und anrechenbare Lohnsteuer von zusätzlich 800 EUR ausweist. Mit diesem Ansinnen erhob er Klage vor dem FG.

 

Entscheidung

Das FG sieht sich nicht zuständig und verweist den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht. In den sachlichen Zuständigkeitsbereich des FG fallen nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO öffentlich-rechtliche Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Bundes- oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden. Demgegenüber sind die ordentlichen Gerichte bzw. die Arbeitsgerichte für Rechtsstreitigkeiten zuständig, die das bürgerlich-rechtliche Verhältnis zwischen Rechtspersonen des Privatrechts betreffen und bei denen es um bloße sog. "Reflexwirkungen" von Abgabenvorschriften in das Privatrecht geht. Sind an dem Rechtsstreit - wie vorliegend - ausschließlich Privatrechtssubjekte beteiligt, kann der Rechtsstreit grundsätzlich nicht dem öffentlichen Recht zugeordnet werden. Das FG schließt sich der Rechtsprechung anderer Finanzgerichte und des BFH an, die eine Streitigkeit über die zutreffende Eintragung, Ergänzung oder Berichtigung von Lohnsteuerbescheinigungen als bürgerlichen Rechtsstreit zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgeber ebenfalls übereinstimmend den Arbeitsgerichten zuweisen. Die Ausstellung einer Lohnsteuerbescheinigung stellt eine arbeitsrechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers auf Herausgabe der Arbeitspapiere dar. Nicht nur die Herausgabe, auch die inhaltliche Richtigkeit kann der Arbeitnehmer beanspruchen. Darüber hinaus ist der Beklagte keine Behörde - somit ist kein Träger öffentlicher Verwaltung an dem Rechtsstreit beteiligt.

 

Hinweis

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) ist in seinem Beschluss vom 11.6.2003 (5 AZB 1/03) gänzlich anderer Ansicht und ordnet die Zuständigkeit den Finanzgerichten zu. Die Arbeitsrichter argumentieren, dass für den Inhalt der Lohnsteuerbescheinigung die lohnsteuerrechtliche Verpflichtung des § 41b EStG prägend ist und die Streitigkeiten über den Inhalt der Lohnsteuerbescheinigung daher steuerlicher Natur sind.

Da der Beschluss des FG Münster von der Entscheidung des BAG abweicht, musste das FG die Beschwerde zulassen (§ 155 FGO i.V.m. § 17a Abs. 4 S. 5 GVG).

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Beschluss vom 30.03.2011, 8 K 1968/10

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