Leitsatz

Die vom Finanzamt ohne steuerliche Auswirkung vertretene Auffassung zu der mit der Verpachtungstätigkeit des Steuerpflichtigen verwirklichten Einkunftsart entfaltet wegen der Abschnittsbesteuerung keine Bindungswirkung für spätere Veranlagungszeiträume, in denen der Steuerpflichtige das Grundvermögen möglicherweise veräußern oder entnehmen wird.

 

Sachverhalt

Die Klägerin erzielte neben weiteren Einkünften Erträge aus der Verpachtung landwirtschaftlich genutzter Flächen. In ihrer Einkommensteuererklärung erklärte sie diese Erträge als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Das Finanzamt sah die verpachteten Flächen als land- und forstwirtschaftliches Betriebsvermögen an und beurteilte die Erträge als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Auswirkungen auf die Höhe der festgesetzten Einkommensteuer hatte dies nicht.

Die Klägerin legte gegen den Einkommensteuerbescheid mit der Begründung Einspruch ein, dass keine Nachweise für eine Umqualifizierung der Einkünfte vorgelegen hätten. Das Finanzamt verwarf den Einspruch als unzulässig, da die Klägerin keine Beschwer geltend gemacht habe. Die Umqualifizierung der Vermietungserträge in solche aus Land- und Forstwirtschaft habe keinen Einfluss auf die Höhe der festgesetzten Steuer gehabt und habe auch keine weiteren Folgewirkungen in der Form einer bindenden Grundlage für zukünftige Veranlagungszeiträume.

Mit ihrer dagegen erhobenen Klage machte die Klägerin geltend, dass das Finanzamt den Einspruch nicht als unzulässig hätte verwerfen dürfen. Durch die Umqualifizierung der Einkünfte würden die in den verpachteten Flächen ruhenden stillen Reserven steuerverhaftet, sodass bereits jetzt eine steuerliche Benachteiligung für später folgende Veranlagungszeiträume klar erkennbar sei.

 

Entscheidung

Das FG hat entschieden, dass das Finanzamt den Einspruch der Kläger mangels Beschwer zu Recht als unzulässig verworfen hat.

Die Geltendmachung einer Beschwer sei grundsätzlich dann erfüllt, wenn ein Steuerpflichtiger eine niedrigere Steuerfestsetzung begehre. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Die angefochtene Zuordnung der Einkünfte zu einer bestimmten Einkunftsart habe keine steuerlichen Auswirkungen im Streitjahr und auch keine Bindungswirkungen für nachfolgende Veranlagungszeiträume.

Nach dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung seien die Grundlagen für die Festsetzung der Einkommensteuer als Jahressteuer nach § 2 Abs. 7 Satz 1 EStG und § 2 Abs. 7 Satz 2 EStG jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln. Die vom Finanzamt ohne Auswirkung auf die Höhe der Einkommensteuer vertretene Auffassung zu der mit der Verpachtungstätigkeit der Klägerin verwirklichten Einkunftsart entfalte daher keine Bindungswirkung für spätere Veranlagungszeiträume, in denen die Klägerin das Grundvermögen möglicherweise veräußern oder entnehmen würde. Es handele sich lediglich um eine Besteuerungsgrundlage, die mangels gesonderter Feststellung nach § 157 Abs. 2 AO nicht selbständig mit Rechtsbehelfen anfechtbar sei.

 

Hinweis

Der BFH hat die von den Klägern erhobene Nichtzulassungsbeschwerde mit BFH, Beschluss v. 4.9.2023, VI B 21/23, als unzulässig verworfen.

Von dem der Rezensionsentscheidung unterliegenden Sachverhalt ist der Fall zu unterscheiden, in dem die Einkünfte nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO und § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b AO gesondert festgestellt werden. Nach ständiger, höchstrichterlicher Rechtsprechung ist die Feststellung der Einkunftsart bei Bescheiden über die gesonderte Feststellung von Einkünften auch dann selbstständig anfechtbar, wenn sich keine gleichzeitige Auswirkung auf die Höhe des festgestellten Einkünftebetrags ergibt. Denn die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen stellt stets einen eigenständigen Verwaltungsakt dar, der eine selbstständige Beschwer entfalten kann. Innerhalb eines solchen Feststellungsbescheids bildet die Feststellung der Einkunftsart wiederum einen eigenständig anfechtbaren Teil des Bescheids. Auf die bloße Zusammenstellung unselbstständiger Besteuerungsgrundlagen im Sinne des § 157 Abs. 2 AO in einem Einkommensteuerbescheid ist dies nicht übertragbar (BFH, Beschluss v. 5.7.2011, X B 222/10).

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Urteil v. 28.02.2023, 8 K 152/22

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