Rz. 625

Eine Anfechtungsklage muss innerhalb der Anfechtungsfrist nach der Beschlussfassung erhoben werden. Die Anfechtungsfrist beträgt in der Regel einen Monat; sie beginnt vorbehaltlich anderer Satzungsregelungen[1] mit der Kenntnis des Gesellschafters vom Beschlussinhalt.[2] Anwesende Gesellschafter haben bereits mit Feststellung des Beschlussergebnisses die notwendige Kenntnis, bei abwesenden Gesellschaftern entscheidet die Zusendung des Protokolls.[3] Es handelt sich um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist; eine verspätete Klage ist unbegründet, nicht unzulässig.[4]

 

Rz. 626

Eine strikte analoge Anwendung der Monatsfrist des § 246 Abs. 1 AktG ist nicht sachgerecht, da bei der GmbH im Gegensatz zur AG nicht die Rechtssicherheit im Vordergrund steht und häufig eine einvernehmliche Streitbeilegung angestrebt werden soll, der eine solch starre Frist nur im Wege stünde.[5] Die aktienrechtliche Monatsfrist hat daher bei der GmbH nur eine Leitbildfunktion. Die Anfechtungsklage muss grundsätzlich innerhalb eines Monats[6] erhoben werden; beim Vorliegen besonderer Umstände kann jedoch auch eine längere Frist angenommen werden.[7] Verlässliche Vorhersagen sind hier naturgemäß schwer zu treffen. Der BGH hat bei einer personalistisch geprägten Familiengesellschaft eine Anfechtungsfrist von knapp über zwei Monaten akzeptiert.[8]

 

Rz. 627

Im Gesellschaftsvertrag kann die Anfechtungsfrist frei geregelt werden. Die vorgesehene Frist muss jedoch angemessen sein. Eine Frist von einem Monat darf nicht unterschritten werden.[9] Ist eine getroffene Satzungsregelung unwirksam, so tritt eine angemessene Frist an deren Stelle.[10]

 

Rz. 628

Die Anfechtungsfrist beginnt – anders als in § 246 Abs. 1 AktG vorgesehen – nicht mit der Beschlussfassung, sondern mit der Kenntnis des Gesellschafters von der Beschlussfassung.[11] Beweisbelastet ist in dieser Hinsicht nach allgemeinen prozessualen Grundsätzen der Kläger.[12]

 

Rz. 629

Für die Fristberechnung gelten §§ 187, 188 BGB. Der Tag der Gesellschafterversammlung wird gem. § 187 Abs. 1 BGB nicht mitgerechnet.

 

Frist zur Klageerhebung eindeutig regeln

Im Gesellschaftsvertrag sollte ausdrücklich geregelt werden, welche Frist für die Erhebung einer Anfechtungsklage gelten soll und wann diese Frist genau zu laufen beginnt. Fehlt es an einer solchen Regelung, sollte eine Anfechtungsklage stets innerhalb eines Monats ab Beschlussfassung erhoben werden.

 

Rz. 630

Die Anfechtungsfrist ist gewahrt, wenn die Klage am letzten Tag der Frist erhoben wird, sei es durch Zustellung der Klageschrift (§ 253 Abs. 1 ZPO), sei es durch Einreichung bei demnächst erfolgender Zustellung (§ 167 ZPO). Auch die Einreichung vor einem örtlich unzuständigen Gericht reicht zur Fristwahrung, nicht jedoch die Einreichung beim sachlich unzuständigen Amtsgericht (statt Landgericht) oder die Einreichung bei einem Schiedsgericht.[13] In der Klage müssen die Anfechtungsgründe in ihrem wesentlichen Kern dargelegt werden; nachgeschobene Anfechtungsgründe können nicht mehr berücksichtigt werden.[14]

[1] Dabei darf ein Monat keinesfalls unter- und wohl drei Monate nicht überschritten werden, BGH, Urteil v. 21.3.1988, II ZR 308/87, NJW 1988 S. 1844; OLG Hamm, Urteil v. 29.6.1992, 8 U 255/91, GmbHR 1992 S. 805.
[2] OLG München, Urteil v. 28.10.1999, 14 U 268/99, NZG 2000 S. 105, 106; OLG Düsseldorf, Urteil v. 8.7.2005, 16 U 104/04, GmbHR 2005 S. 1353, 1356; Zöllner/Noack, in Baumbach/Hueck, Anh. § 47 Rn. 153; a. A. K. Schmidt, in Scholz, § 45 Rn. 145, nach dem direkt nach Beschlussfassung die Frist beginnt, erst nachträgliche Kenntnis aber bei der Bemessung der angemessenen Klagefrist zu berücksichtigen sei.
[3] Teichmann, in Gehrlein/Born/Simon, Anh. § 47 Rn. 66.
[4] Zöllner/Noack, in Baumbach/Hueck, Anh. § 47 Rn. 158. Eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand kommt nicht in Betracht, weil es sich nicht um eine prozessuale Frist handelt.
[5] BGH, Urteil v. 14.5.1990, II ZR 126/89, BGHZ 111 S. 224 = NJW 1990 S. 2625; BGH, Beschluss v. 13.7.2009, II ZR 272/08, GmbHR 2009 S. 1101 f., Zöllner/Noack, in Baumbach/Hueck, Anh. § 47 Rn. 145; Wertenbruch, in MüKo-GmbHG, Anh. § 47 Rn. 301.
[6] Die Anfechtungsfrist kann bei der GmbH nach allgemeiner Auffassung jedenfalls nicht kürzer anzusetzen sein, vgl. BGH, Urteil v. 21.3.1988, II ZR 308/87, BGHZ 104 S. 66, 71 f. = NJW 1988 S. 1844.
[7] BGH, Urteil v. 1.6.1987, II ZR 128/86, BGHZ 101 S. 113, 117 = NJW 1987 S. 2514; BGH, Urteil v. 21.3.1988, II ZR 308/87, BGHZ 104 S. 66, 71 f. = NJW 1988 S. 1844; Wertenbruch, in MüKo-GmbHG, Anh. § 47 Rn. 302.
[9] Zöllner/Noack, in Baumbach/Hueck, Anh. § 47 Rn. 152.
[10] OLG Brandenburg, Urteil v. 17.1.1996, 7 U 106/95, GmbHR 1996 S. 539, 540.
[11] K. Schmidt, in Scholz, § 45 Rn. 145 m. w. N.; es ist nicht notwendig, dass der Gesellschafter Kenntnis von dem konkreten Inhalt der Beschlussfassung erlangt, ausreichend ist vielmehr, dass der Gesellschafter Kenntnis von der Tagesordnung hatte und der Beschluss...

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