Rz. 613

Analog § 244 AktG können Gesellschafterbeschlüsse unter folgenden Voraussetzungen geheilt werden:[1]

  • Es liegt ein anfechtbarer, kein nichtiger[2] Beschluss vor;
  • Der anfechtbare Beschluss beruhte auf einem Verfahrensfehler, nicht auf einem inhaltlichen Mangel;[3]
  • Die Gesellschafterversammlung hat den Beschluss bestätigt. Eine Bestätigung liegt vor, wenn die Gesellschafterversammlung erklärt, dass sie den anfechtbaren Beschluss trotz seiner Mängel anerkennen will. Der Beschluss wird nicht noch einmal neu vorgenommen, sondern nur bestätigt[4] oder
  • Der Bestätigungsbeschluss ist gültig und wirksam – spätestens mit Ablauf der Anfechtungsfrist für diesen zweiten Beschluss. Weisen der erste und der zweite Beschluss denselben Fehler auf, muss (auch) der zweite Beschluss angefochten werden, um die Bestätigungswirkung zu vermeiden.[5]
 

Rz. 614

Der Bestätigungsbeschluss führt zur Heilung des anfechtbaren Beschlusses ex nunc, d. h. mit Wirkung ab dem Bestätigungsbeschluss, nicht mit Rückwirkung.[6]

[1] Nach dem Wortlaut des § 244 Satz 1 AktG kann die Anfechtung "nicht mehr geltend gemacht werden"; nach h. M. ist der fehlerhafte Beschluss damit geheilt; es entfällt nicht nur das Rechtsschutzbedürfnis, Zöllner/Noack, in Baumbach/Hueck, Anh. § 47 Rn. 131 m. w. N. Das Rechtsschutzbedürfnis entfällt hingegen, wenn ein anfechtbarer Beschluss in einer späteren Gesellschafterversammlung aufgehoben wird oder ein wiederholender Beschluss vorliegt (dann entfällt das Rechtsschutzbedürfnis bzgl. des ersten Beschlusses), Wertenbruch in MüKo-GmbHG, Anh. § 47 Rn. 215; BGH, Beschluss v. 27.9.2011, II ZR 225/08, AG 2011 S. 875, 876 – UniCredito/HVB [zur AG].
[2] Zur Heilung nichtiger Beschlüsse siehe u. Rn. 657 f.
[3] Ein inhaltlicher Mangel würde sich zwangsläufig auch auf den bestätigenden Zweitbeschluss übertragen, s. Römermann, in Michalski, Anh. § 47 Rn. 373; BGH, Urteil v. 21.3.1988, II ZR 308/87, BGHZ 104 S. 66, 69 = NJW 1988 S. 1844 m. w. N.; BGH, Urteil v. 12.12.2005, II ZR 253/03, AG 2006 S. 158 [zur AG].
[4] Wertenbruch in MüKo-GmbHG, Anh. § 47 Rn. 214; Auf die Entwicklung seit Fassung des ersten Beschlusses kommt es daher nicht an, siehe BGH, Urteil v. 15.12.2003, II ZR 194/01, BGHZ 157 S. 206, 209 ff. = NJW 2004 S. 1165 [zur AG].
[5] Wertenbruch, in MüKo-GmbHG, Anh. § 47 Rn. 334; es handelt sich um eine nachträgliche objektive Klagehäufung, s. OLG Stuttgart, Urteil v. 10.11.2004, AG 2005 S. 125, 126 [zur AG]. Wird der Bestätigungsbeschluss nicht angefochten, sind sämtliche Anfechtungsgründe geheilt, s. K. Schmidt, in Scholz, § 45 Rn. 121; Zöllner/Noack, in Baumbach/Hueck, Anh. § 47 Rn. 132. Bei Fassung des Bestätigungsbeschlusses ist dem Auskunftsrecht des Gesellschafters genügt, wenn alle für den Bestätigungsbeschluss wesentlichen Informationen mitgeteilt sind – der gesamte Vorgang muss nicht neu aufgerollt werden, vgl. LG Frankfurt/Main, Urteil v. 12.11.2013, 3-05 O 151/13, AG 2014 S. 132, 135 [zur AG].
[6] BGH, Urteil v. 15.12.2003, II ZR 194/01, BGHZ 157 S. 206, 210 f. [zur AG]; Zöllner/Noack, in Baumbach/Hueck, Anh. § 47 Rn. 131 m. w. N. Mit der Bestätigung erledigt sich eine etwaige Anfechtungsklage gegen den streitgegenständlichen Beschluss. Hat ein Anfechtungskläger ausnahmsweise ein besonderes Interesse an einer rückwirkenden Nichtigkeit des Beschlusses, kann er die Anfechtungsklage gegen den ersten Beschluss aufrechterhalten, muss allerdings den Antrag entsprechend umstellen. Eine hilfsweise Erledigungserklärung nach einem Bestätigungsbeschluss ist im aktienrechtlichen Anfechtungsprozess unzulässig, siehe Wertenbruch, in MüKo-GmbHG, Anh. § 47 Rn. 331; BGH, Urteil v. 8.2.2011, II ZR 206/08, AG 2011 S. 335, 336 – Wella AG [zur AG]. Wird auch der Bestätigungsbeschluss angefochten, ist der Rechtsstreit über die Anfechtung des ursprünglichen Beschlusses auszusetzen, s. Drescher, in Henssler/Strohn, § 244 AktG Rn. 12. Bei Bestätigung eines Ergebnisverwendungsbeschlusses sind die Gesellschafter bezugsberechtigt, die zum Zeitpunkt der Fassung des ursprünglichen Beschlusses Gesellschafter der Gesellschaft waren, vgl. LG Frankfurt/Main, Urteil v. 12.11.2013, 3-05 O 151/13, AG 2014 S. 132, 133 [zur AG].

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