Mit den neuen Umsatzsteuervorschriften für den grenzüberschreitenden Handel vom 1.1.2020 wurde in § 3 Abs. 6a UStG die Behandlung von Reihengeschäften neu geregelt. Wenn mehrere Unternehmer über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte abschließen und der Gegenstand unmittelbar vom ersten Unternehmer zum letzten Abnehmer gelangt, ist die Warenbewegung grundsätzlich der Lieferung des Unternehmers zuzuordnen, der die Beförderung oder Versendung durchführt bzw. in Auftrag gibt.

Gelangt die Ware dabei aus dem Gebiet eines EU-Mitgliedstaats in das Gebiet eines anderen EU-Mitgliedstaats, kann nur die Lieferung, welcher die Warenbewegung zuzuordnen ist, eine innergemeinschaftliche Lieferung im Abgangsstaat und einen innergemeinschaftlichen Erwerb im Bestimmungsstaat auslösen. Die nachfolgenden oder vorangehenden Lieferungen sind als ruhende Lieferungen dem Bestimmungs- bzw. Abgangsstaat zuzuordnen.

Wenn die Warenbewegung dabei jedoch irrtümlich der falschen Lieferung zugeordnet wird, dann hat dies unter Umständen zur Folge, dass der Erwerber gegenüber dem Lieferer die USt-IdNr. eines anderen Mitgliedstaates als desjenigen verwendet, in den die Ware tatsächlich gelangt. Dies löst eine dann eine sog. "Ersatzbesteuerung" im Mitgliedstaat aus, dessen USt-IdNr. verwendet wurde (s. u.). Gleiches gilt bei sog. "missglückten Dreiecksgeschäften".

 
Praxis-Beispiel

Missglücktes Dreiecksgeschäft

Produzent AU aus Österreich bestellt bei seinem Zulieferer D aus Deutschland Rohstoffe. D gibt die Bestellung an seinen Großhändler FR in Frankreich weiter. FR befördert die Waren unmittelbar von Frankreich nach Österreich zu AU. Alle Unternehmer treten unter der USt-IdNr. ihres Landes auf. D weist in seiner Rechnung ggü. AU auf ein umsatzsteuerliches Dreiecksgeschäft, nicht jedoch auf die Steuerschuldnerschaft des AU hin.

Es liegt im Grundsatz ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft vor.[1]

D hat jedoch in seiner Rechnung nicht auf die Umkehr der Steuerschuldnerschaft für seine Lieferung hingewiesen, sodass die Ausnahmeregelung des § 25b UStG nicht zur Anwendung kommt. Der Hinweis kann auch nicht nachträglich im Wege der Rechnungsberichtigung ergänzt werden, um § 25b UStG auszulösen.[2] Die Warenbewegung ist der ersten Lieferung FR an D zuzuordnen, sodass D einen innergemeinschaftlichen Erwerb in Österreich zu versteuern hat. D hat gegenüber FR jedoch seine deutsche USt-IdNr. verwendet; damit hat er zusätzlich einen innergemeinschaftlichen Erwerb in Deutschland zu versteuern. Die Vorsteuer für diesen Erwerb in Deutschland ist nicht abziehbar.[3]

Der EuGH geht nun davon aus, dass diese Ersatzbesteuerung selbst dann eintreten kann, wenn der Erwerber eine USt-IdNr. des Mitgliedstaats verwendet, aus dem die Ware stammt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Lieferung des leistenden Unternehmers in diesem Mitgliedstaat zugleich nicht - obwohl es sich um eine innergemeinschaftliche Lieferung handelt - steuerfrei gestellt wird, da in einem solchen Fall keine Gefahr der Steuerumgehung mehr besteht und anderenfalls eine Doppelbesteuerungslage vorläge.[4]

Fraglich kann an dieser Stelle dann noch sein, wann die Verwendung einer USt-IdNr. vorliegt bzw. ob der Empfänger überhaupt eine USt-IdNr. (des Abgangsstaates) verwendet hat; dies ist auch für die Steuerbefreiung auf Seiten des Lieferers relevant.[5] Nach Ansicht der Finanzverwaltung verlangt ein "Verwenden" ein positives Tun; ein bloßer, standardmäßiger Aufdruck auf einem Briefkopf z. B. soll hingegen noch nicht ausreichen.[6]

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