In der Praxis sind insbesondere die nachfolgenden (Rechts-)Vorgänge für die Grunderwerbsteuer bedeutsam, sofern sie sich auf inländische Grundstücke beziehen:

2.1 Verpflichtungsgeschäft

Der häufigste vorkommende Erwerbsvorgang ist die rechtsgeschäftliche Begründung eines Anspruchs auf Verschaffung des Eigentums an einem inländischen Grundstück.[1] Darunter sind alle auf den dinglichen Eigentumsübergang zielenden schuldrechtlichen, die Verpflichtung zur Auflassung führenden Rechtsgeschäfte zu verstehen. Das wichtigste Verpflichtungsgeschäft, den Kaufvertrag, [2] nennt das Gesetz ausdrücklich.[3]

Kaufverträge über unbebaute oder bebaute Grundstücke müssen notariell beurkundet[4] werden, um wirksam zu werden.[5] Die notarielle Beurkundung eines Rechtsgeschäfts dient dem Schutz vor Übereilung und gewährleistet, dass die Vertragsparteien rechtlich beraten und über die Folgen ihres Handelns belehrt werden. Außerdem kommt der notariellen Beurkundung eine besondere Beweiskraft zu, als öffentliche Urkunde wird der volle Beweis des beurkundeten Vorgangs begründet.[6]

Wird gegen eine gesetzlich vorgeschriebene Form verstoßen, ist das entsprechende Rechtsgeschäft nichtig,[7] es sei denn, dass das Gesetz ausdrücklich etwas anderes bestimmt und der Verstoß durch die Vornahme einer weiteren Handlung geheilt werden kann. Dementsprechend sieht § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB vor, dass ein ohne Beachtung dieser Form geschlossener Vertrag seinem ganzen Inhalt nach gültig wird, wenn die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch erfolgen. Einigen sich daher Käufer und Verkäufer eines Grundstücks (Auflassung)[8] über den Eigentumswechsel und wird der neue Eigentümer in das Grundbuch eingetragen, ist der Mangel des nicht notariell beurkundeten Kaufvertrags über das Grundstück geheilt. Dasselbe gilt für einen Kaufvertrag über eine – ggf. noch zu erstellende – Eigentumswohnung.[9] Allerdings muss in diesen Fällen auch die Auflassung vor einem Notar erklärt werden.[10]

 
Hinweis

Ersterwerb eines Hauses einer Familie für Wohnzwecke

Die Vorschriften des GrEStG sind nicht deshalb verfassungswidrig, weil die steuerliche Gesamtbelastung von Grunderwerbsteuerpflichtigen im Jahr des Grundstückserwerbs 50 % ihres Einkommens übersteigen kann. Das GrEStG verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Dass der Ersterwerb eines Einfamilienhauses in gleicher Weise zur Grunderwerbsteuer herangezogen wird wie der Erwerb von Grundeigentum zu Anlagezwecken oder als Zweitwohnung oder Ferienwohnung verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz.[11]

[3] Schnitter in: Wilms/Jochum, ErbStG/BewG/GrEStG, § 1 GrEStG, Rz. 110, 118. Ergänzungslieferung, April 2022.
[10] Vgl. Kramer, Weilbach, Baumann in: Weilbach, GrEStG, § 1 GrEStG, Rz. 6, Stand: 25.11.2021.

2.2 Auflassung, Eigentumsübergang, Meistgebot

Auflassung

Für die rechtsgeschäftliche Übertragung des Eigentums an einem Grundstück sind die Auflassung und die Eintragung des Erwerbers im Grundbuch erforderlich.[1] Die Auflassung[2] ist die bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile zu notarieller Beurkundung zu erklärende Einigung des Veräußerers und des Erwerbers über den Eigentumsübergang. Die (ausschließliche) Auflassung wird dann der Grunderwerbsteuer unterworfen, wenn ihr kein Verpflichtungsgeschäft vorausgegangen ist und das Grundstück nicht bereits dadurch in den Zurechnungsbereich des Erwerbers gelangt ist.[3] Das ist z. B. beim Grundstücksbeschaffungsauftrag[4] der Fall[5] oder wenn der Heimfall eines Erbbaurechts zur Übertragung des Erbbaurechts auf den Grundstückseigentümer selbst führt.[6]

Eigentumsübergang

Der Eigentumsübergang unterliegt auch der Grunderwerbsteuer, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft (= schuldrechtliches Geschäft i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG) vorausgegangen ist und es auch keiner Auflassung bedarf.[7] Hierunter fällt der Eigentumsübergang unmittelbar kraft Gesetzes oder kraft behördlichen oder gerichtlichen Ausspruchs.

In den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG wird der neue Grundstückseigentümer im Wege einer Grundbuchberichtigung[8] eingetragen. Hierzu zählen vor allem die nachstehend aufgeführten und in der Praxis am häufigsten vorkommenden Sachverhalte, deren Aufzählung nicht abschließend ist:

  • Erbfall,
  • Übertragung von Erbteilen[9],
  • Vorgänge nach dem UmwG und nach Ländergesetzen[10],
  • Anwachsung[11],
  • Begründung einer Gütergemeinschaft bzw. Erwerb im Rahmen einer Gütergemeinschaft,
  • "gescheiterte" Ein-Mann-GmbH[12],
  • Enteignung,
  • Flurbereinigungsverfahren,[13]
  • Umlegungsverfahren.[14]
 
Wichtig

Steuerbefreiungen für bestimmte Erwerbsvorgänge

Von der Besteuerung ausgenommen sind[15]

  • Erwerbe im Flurbereinigungsverfahren[16],
  • Erwerbe im Umlegungsverfahren[17] und
  • der Eigentumsübergang im Zwangsversteigerungsverfahren[18].

Meistgebot

Im Zwangsversteigerungsverfahren unterliegt das Meistgebot der Besteue...

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