1 Grundlagen

1.1 Gewinnbegriff des Handelsrechts

 

Rz. 1

Jeder Kaufmann i. S. d. § 1 Abs. 1 HGB (Ausnahme: Einzelkaufleute i. S. d. § 241a HGB i. V. m. § 242 Abs. 4 Satz 1 HGB) ist gemäß § 242 Abs. 1 und 2 HGB verpflichtet, eine Eröffnungsbilanz, (Jahresabschluss-)Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) aufzustellen. Die GuV bildet zusammen mit der Bilanz den Jahresabschluss.[1] Der Jahresabschluss hat gemäß § 246 Abs. 1 HGB neben Vermögensgegenständen, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten auch sämtliche Aufwendungen und Erträge vollständig (Vollständigkeitsgebot) und unsaldiert (Verrechnungsverbot gemäß § 246 Abs. 2 HGB) zu beinhalten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.

 

Rz. 2

Der Jahresabschluss muss gemäß § 243 Abs. 1 HGB unter Beachtung der sog. Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) aufgestellt werden. Unter diesem unbestimmten Rechtsbegriff sind allgemein anerkannte Grundregeln zur Führung von Handelsbüchern und zur Erstellung des Jahresabschlusses zu verstehen, die zumindest teilweise im HGB kodifiziert sind.[2] Finden sich im Gesetz keine oder keine ausreichend präzisen Regelungen, dienen die GoB "als Leitfaden für die Behandlung von Geschäftsvorfällen".[3] Die GoB wurden als "offenes System"[4] gestaltet, um auch in Zukunft immer wieder neuen Verfahrensweisen GoB-Charakter verleihen zu können.

Ohne im Einzelnen auf die Ausprägungen einzugehen, können die GoB als erfüllt angesehen werden, wenn es einem "sachverständigen Dritten" möglich ist, sich aus den Aufzeichnungen ein Bild über die Lage des Unternehmens zu machen.[5]

 

Rz. 3

Die GuV ermittelt als zeitraumbezogene Gegenüberstellung von Erträgen und Aufwendungen den Erfolg einer Periode.[6] Die Differenz zwischen Erträgen und Aufwendungen einer Periode ergibt den Gewinn bzw. Verlust eines Geschäftsjahres. Durch diesen Einblick in die Ertragslage des bilanzierenden Unternehmens kann das wirtschaftliche Ergebnis des Handelsgewerbes festgestellt werden.[7]

Für Kapitalgesellschaften sowie Personengesellschaften, deren Haftungsstrukturen (mangels einer vollhaftenden natürlichen Person) mit denen von Kapitalgesellschaften vergleichbar sind (bestimmte offene Handelsgesellschaften und bestimmte Kommanditgesellschaften gemäß § 264a Abs. 1 HGB),[8] schreibt § 275 HGB die Gliederung der GuV vor (Erleichterungen gemäß § 276 HGB). Diese ist für Einzelkaufleute nicht zwingend, wird jedoch regelmäßig verwendet.[9]

 

Rz. 4

Zusätzlich besteht für Kapitalgesellschaften, bestimmte offene Handelsgesellschaften und bestimmte Kommanditgesellschaften gemäß § 264a Abs. 1 HGB die Pflicht, den Jahresabschluss gemäß § 264 Abs. 1 Satz 1 HGB noch um einen Anhang zu erweitern. Eine Ausnahme gilt gemäß § 264 Abs. 1 Satz 5 HGB für bestimmte Kleinstkapitalgesellschaften i. S. d. § 267a HGB. Weitere Angaben zu Form und Inhalt des Jahresabschlusses sowie zu den maßgeblichen Grundsätzen finden sich in den §§ 243256 HGB sowie ergänzend für Kapitalgesellschaften (einschließlich der gesetzlichen Vertreter der kapitalmarktorientierten Kapitalgesellschaften, die nicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichtet sind) in §§ 264 ff. HGB.

[2] Vgl. in Wöhe/Kußmaul, Grundzüge der Buchführung und Bilanztechnik, 10. Aufl. 2018, S. 31 ff.
[3] Scheffler, Besteuerung von Unternehmen, Bd. 2, 9. Aufl. 2018, S. 34.
[4] Reddig, in Kirchhof/Seer, EStG, 20. Aufl. 2021, § 5 EStG Rz. 43.
[6] Ballwieser, in Schmidt, Münchener Kommentar zum HGB, 4. Aufl. 2020, § 242 HGB Rz. 21.
[7] Strohal, Unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen bei Selbständigen, 5. Aufl. 2017, Rz. 56.
[8] Schmidt/Usinger, in Grottel u. a., Beck'scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 264a HGB Rz. 2.
[9] Störk/Philipps, in Grottel u. a., Beck'scher Bilanz-Kommentar, 12. Aufl. 2020, § 242 HGB Rz. 8.

1.2 Gewinnbegriff des Einkommensteuerrechts

 

Rz. 5

In § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1–7 EStG werden verschiedene Einkunftsarten aufgezählt, die der Einkommensteuer unterliegen. Für die hier genannten Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbstständiger Arbeit (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1–3 EStG) bildet der Gewinn i. S. d. §§ 4–7k[1] und 13a EStG die Bemessungsgrundlage (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG). In Abgrenzung hierzu werden die Einkünfte bei den Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 4–7 EStG (Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen, aus Vermietung und Verpachtung sowie sonstige Einkünfte) durch den Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten i. S. d. §§ 89a EStG ermittelt.[2]

 

Rz. 6

Neben positiven Einkünften werden auch negative Einkünfte – vorbehaltlich gesetzlicher Einschränkungen –[3] dem einkommensteuerlichen Gewinnbegriff subsumiert. Der Gewinnbegriff umfasst insoweit auch Verluste,[4] die wiederum, soweit sie nicht mit positiven Einkünften ausgeglichen werden können, nach § 10d EStG in anderen Jahren abziehbar sind.

 

Rz. 7

Als Gewinn bezeichnet man den Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorange...

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