Rz. 11

Das Einkommensteuerrecht kennt die folgenden Gewinnermittlungsarten:

  • Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG (unvollständiger Betriebsvermögensvergleich, Bestandsvergleich, Bilanzierung),
  • Gewinnermittlung nach § 5 EStG (vollständiger Betriebsvermögensvergleich, Bestandsvergleich, Bilanzierung),
  • Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG (Einnahmenüberschussrechnung[1], Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben),
  • Gewinnermittlung nach § 5a EStG (Tonnagegewinnermittlung) sowie
  • Gewinnermittlung nach § 13a EStG (Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen) bei Land- und Forstwirten.
 

Rz. 12

Daraus ergibt sich überblicksartig folgende Darstellung der personellen Zuordnung zu den einzelnen Gewinnermittlungsarten:[2]

 
Personenkreis Gewinnermittlungsart
  • Land- und Forstwirte, die gesetzlich buchführungspflichtig sind oder freiwillig Bücher führen
  • Freiberufler, die freiwillig Bücher führen
unvollständiger Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG
  • Gewerbetreibende, die gesetzlich buchführungspflichtig sind oder freiwillig Bücher führen
vollständiger Betriebsvermögensvergleich nach § 5 EStG
  • Freiberufler, die nicht Bücher führen
  • Gewerbetreibende, die weder gesetzlich verpflichtet sind, noch freiwillig Bücher führen
  • Land- und Forstwirte, die weder gesetzlich verpflichtet sind, noch freiwillig Bücher führen und nach § 13a Abs. 2 EStG die Einnahmenüberschussrechnung beantragt haben
Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG
Tonnagegewinnermittlung nach § 5a EStG
Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen nach § 13a EStG
 

Rz. 13

Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Gewinn durch die Finanzbehörden nach § 162 AO geschätzt werden. Diese Schätzung stellt jedoch keine zusätzliche Gewinnermittlungsart dar, da die Schätzung immer nach einer der vorstehend aufgeführten Gewinnermittlungsarten durchgeführt wird. Insbesondere erfolgt die Schätzung nach den Gewinnermittlungsarten des § 4 Abs. 1 EStG, § 5 EStG oder § 4 Abs. 3 EStG.

 

Rz. 14

Je nach Gewinnermittlungsart können sich unterschiedliche Periodengewinne ergeben. Geringfügige Unterschiede bestehen zwischen dem Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG und § 5 EStG (wegen Besonderheiten durch die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz), wesentliche jedoch zwischen dem Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG bzw. § 5 EStG und der Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG.[3]

 

Rz. 15

Die steuerliche Gewinnermittlung soll als Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der steuerlichen Belastbarkeit eines Unternehmens dienen und verfolgt das Ziel, eine gesetzmäßige, insbesondere gleichmäßige Besteuerung zu ermöglichen.[4]

Zu der Frage, wie dieser Gewinn periodengerecht zu ermitteln ist, finden sich in der Rechtsprechung des BFH zwei unterschiedliche Auffassungen. Während Sinn und Zweck der steuerrechtlichen Gewinnermittlung einerseits darin gesehen werden, den "vollen" Periodengewinn zu ermitteln,[5] spricht der BFH sich andererseits dafür aus, dass ein identischer Totalgewinn vorliegen muss.[6] Der volle Periodengewinn betrachtet nur einen einzelnen Besteuerungsabschnitt, während der identische Totalgewinn bei fehlerhafter Bilanzierung früherer Einnahmen bzw. Verluste eine Berücksichtigung in einem späteren Bilanzzeitraum fordert. Im Ganzen und auf die Dauer gesehen soll sich, bei Abstellen auf den Totalgewinn, unabhängig von der Gewinnermittlungsart derselbe Gesamtgewinn (von der Gründung bis zur Beendigung durch Liquidation, Aufgabe oder Veräußerung) ergeben.[7] Die Einhaltung dieses Grundsatzes setzt voraus, dass eine Gewinnangleichung beim Wechsel der Gewinnermittlungsart (soweit periodische Unterschiede bestehen) vorgenommen wird.

 

Rz. 16

Die Methoden der Tonnagegewinnermittlung nach § 5a EStG, der Durchschnittsgewinnermittlung nach § 13a EStG für Land- und Forstwirte sowie i. w. S. die Schätzung nach § 162 AO stellen Durchbrechungen der einkommensteuerlichen Gewinnermittlungsgrundsätze (insbesondere Realisationsprinzip, Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, Gleichmäßigkeit der Besteuerung und Grundsatz der Totalgewinnidentität) dar. Sie nehmen auf die tatsächliche Entwicklung des Unternehmenserfolgs im Wirtschaftsjahr keine Rücksicht, sondern unterstellen in Abhängigkeit der Schiffstonnage bzw. vom Hektarwert der land- und forstwirtschaftlichen Nutzfläche bzw. von Richtsätzen eine pauschalierte Ertragsfähigkeit. Diese Ertragsfähigkeit wird ohne Rücksicht auf die Verhältnisse des Einzelfalls (z. B. Einsatz und Fähigkeiten des Betriebsinhabers, tatsächliche Kosten- und Preiskonditionen am Markt) als Bemessungsgrundlage für die Zwecke der Besteuerung herangezogen.

[1] Bezeichnung gemäß § 60 Abs. 4 Satz 1 EStDV.
[2] Hey, in Tipke/Lan...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge