Leitsatz

Der Begriff des verarbeitenden Gewerbes im Investitionszulagenrecht entspricht dem Begriff in dem vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Verzeichnis der Wirtschaftszweige.

Ein Betrieb, der Sand und Kies gewinnt, aufbereitet und vertreibt, gehört nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 1993, nicht zum Wirtschaftszweig "Verarbeitendes Gewerbe, Verarbeitung von Steinen und Erden" (Abschn. D, Unterabschn. DI), sondern zum Wirtschaftszweig "Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden" (Abschn. C).

Anspruch auf erhöhte Investitionszulage wegen der Zugehörigkeit des Betriebs zum verarbeitenden Gewerbe besteht für die Anschaffung von Wirtschaftsgütern im Jahr 1995 nur, wenn der Betrieb nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 1993, dem verarbeitenden Gewerbe zuzuordnen war. Die frühere Zuordnung in der Systematik der Wirtschaftszweige, Ausgabe 1979, zum verarbeitenden Gewerbe ist überholt.

 

Normenkette

§ 3 Nr. 4 InvZulG 1996 , § 5 Abs. 3 Nr. 2 InvZulG 1996

 

Sachverhalt

Die wesentliche Tätigkeit der Klägerin besteht in der Produktion und dem Vertrieb von Sand und Kies, die aus einem Bergwerksfeld entnommen und durch Waschen, Sieben und Mischen marktfähig gemacht werden. Das FA gewährte für die Anschaffung verschiedener Maschinen in 1995 lediglich die Grundzulage von 5 %, da der Betrieb nach der WZ 93 dem Abschn. C "Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden" zuzurechnen sei (Unterabschn. CB 14.21.0 WZ 93: Gewinnung von Kies und Sand). Das Statistische Landesamt hatte das Unternehmen auf Anfrage des BFH im Revisionsverfahren nach der WZ 03 (insoweit gleichlautend mit der WZ 93) ebenfalls dem Abschn. C zugeordnet.

Die Klägerin war der Meinung, es sei nach wie vor die Einordnung nach der WZ 79 maßgebend (Gewinnung von Steinen und Erden als verarbeitendes Gewerbe, Abteilung 2, Abschn. 221.2 WZ 79), da nur diese der Verkehrsauffassung entspreche und die Umgruppierung nach der WZ 93 lediglich auf nicht der nationalen Verkehrsauffassung entsprechende EG-Vorgaben zurückgehe. Daher stehe ihr die erhöhte Zulage von 10 % zu.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte das FA. Er sieht die Einordnung nach dem aktuellen Verzeichnis (WZ 93) als entscheidend an, da dieses die gegenüber der WZ 79 veränderte Verkehrsauffassung wiedergibt und nur diese eine zielgenaue nationale Wirtschaftsförderung gewährleistet, die auch einer europarechtlichen Kontrolle standhalten würde. Die Zuordnung nach der WZ 79 ist überholt.

 

Hinweis

Entscheidende Voraussetzung für die Förderung bzw. die Höhe des Zulagensatzes ist in vielen Fällen begünstigter Investitionen die Zugehörigkeit des investierenden Betriebs zum verarbeitenden Gewerbe. Dieser Begriff ist gesetzlich nicht definiert. Im Wesentlichen ist er gekennzeichnet durch die Herstellung eines anderen Produkts im Sinn einer substanziellen Veränderung von Materien oder durch die Veredelung von Erzeugnissen.

Der BFH nimmt in ständiger Rechtsprechung die Zuordnung zum verarbeitenden Gewerbe in engster Anlehnung an die vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Verzeichnisse (Systematik der Wirtschaftszweige – WZ – 1961, 1970, 1979, Klassifikation der Wirtschaftszweige 1993, 2003) vor. Hat das Statistische Landesamt einen Betrieb entsprechend der jeweils gültigen WZ nach dem Schwerpunkt seiner Tätigkeit in einen bestimmten Wirtschaftszweig eingeordnet, ist diese Einordnung von den FÄ für die Investitionszulage regelmäßig zu übernehmen, soweit sie nicht zu einem offensichtlich falschen Ergebnis führt.

Bei der Einordnung entsprechend den statistischen Verzeichnissen handelt es sich zwar nicht um einen Grundlagenbescheid. Sie ist jedoch von den FÄ deshalb zu beachten, weil diese Verzeichnisse, da sie von kompetenten Gremien erstellt werden, die Verkehrsauffassung zuverlässig dokumentieren. Außerdem dient die Differenzierung nach der statistischen Einordnung der Rechtssicherheit. Denn der Investor kann seine Zulagenberechtigung anhand dieser Verzeichnisse zuverlässig feststellen.

Abzustellen ist auf das jeweils aktuelle Verzeichnis. Das gilt auch bei der Umqualifizierung von Betrieben z.B. in der WZ 93 gegenüber der WZ 79. Denn mit der Neufassung durch die WZ 93 wurde nicht lediglich die nationale Klassifikation formal in die weltweit harmonisierten Systeme umgegliedert. Die geänderte Klassifikation ist vielmehr Ausdruck einer generellen, nunmehr weltweit harmonisierten Verkehrsauffassung. Diese und nicht mehr die frühere nationale Verkehrsauffassung ist entscheidend.

Die Verzeichnisse sind beim Statistischen Bundesamt unter www.destatis.de abrufbar.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 23.3.2005, III R 20/00

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge