1 Allgemeines

1.1 Regelungsgehalt der Vorschrift

 

Rz. 1

§ 23 UStG war eine Vereinfachungsregelung für kleinere Unternehmer bzw. auch für kleinere Unternehmensbereiche eines einheitlichen Unternehmens. Da die Regelung nur noch von wenigen Unternehmern angewendet wurde, ist sie zum 31.12.2022 ersatzlos aufgehoben[1] worden. Die allgemeinen Durchschnittssätze nach § 23 UStG können damit letztmalig für den Besteuerungszeitraum 2022 angewendet werden. Die Ermächtigung zur Besteuerung nach Durchschnittssätzen ermöglicht es dem BMF, mit Zustimmung des Bundesrats für kleinere Unternehmer Regelungen zu treffen, nach denen bei diesen Unternehmern die folgenden Besteuerungsgrundlagen aufgrund allgemeiner Durchschnittssätze festgelegt werden können:

  • die Höhe der abziehbaren Vorsteuerbeträge,
  • die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die abziehbaren Vorsteuerbeträge,
  • die Höhe der zu entrichtenden USt und
  • die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die zu entrichtende USt.
 

Rz. 2

Der Verordnungsgeber hat bisher nur von einem Teil der ihm zustehenden Ermächtigung durch Rechtsverordnung in § 69 UStDV und § 70 UStDV und den dazu ergangenen Anlagen zur UStDV Gebrauch gemacht. Die von der Regelung betroffenen Unternehmer können nur eine Besteuerung nach Durchschnittssätzen im Bereich der abziehbaren Vorsteuerbeträge wählen. Die Ermächtigung, für die Besteuerung der Ausgangsumsätze ebenfalls Durchschnittssätze festzulegen, ist bisher vom Verordnungsgeber nicht umgesetzt worden; es ist auch nicht damit zu rechnen, dass dies noch geschehen wird, da mittelfristig (2025) in der EU die Gesamtregelungen für kleine Unternehmen reformiert werden. Mit der Aufhebung des § 23 UStG sind diese Überlegungen obsolet geworden.

 

Rz. 3

Grundsätzlich kennt die Besteuerung nach Durchschnittssätzen im Bereich der abziehbaren Vorsteuerbeträge zwei Verfahren: Zum einen die sog. Vollpauschalierung; bei dieser Form der Pauschalierung werden sämtliche Vorsteuerbeträge durch die Durchschnittssätze erfasst, ein weiterer Vorsteuerabzug ist in diesem Fall nicht möglich. Davon abzugrenzen ist die sog. Teilpauschalierung; hier werden nicht alle Vorsteuerbeträge von der Anwendung der Durchschnittssätze erfasst, es ist nach § 70 Abs. 2 UStDV daneben noch in eingeschränktem Umfang ein Vorsteuerabzug nach den allgemeinen Grundsätzen des § 15 UStG möglich.

 

Rz. 4

Ziel der Vorschrift ist es, den betroffenen Unternehmern Vereinfachungen bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen zu gewähren, insbesondere wird es den Unternehmern erspart, umfangreiche Aufzeichnungsvorschriften zum buchmäßigen Nachweis der jeweiligen Besteuerungsgrundlagen befolgen zu müssen. Soweit aber aus anderen Gründen die Verpflichtung besteht, bestimmte Aufzeichnungen zu führen, bleiben diese Verpflichtungen unberührt. Da die Regelung zur Vorsteuerpauschalierung eine Vereinfachungsmöglichkeit für den Unternehmer darstellt, ist die Besteuerung nach Durchschnittssätzen als antragsgebundenes Wahlrecht ausgestaltet worden.

 

Rz. 5

Die sich nach den Durchschnittssätzen ergebende Steuer darf nach der gesetzlichen Konzeption aber nicht wesentlich von der Steuer abweichen, die sich nach den Regelvorschriften des Gesetzes ergeben würde.

[1] Jahressteuergesetz 2022 v. 16.12.2022, BGBl I 2022, 2294.

1.2 Entwicklung der Rechtsvorschrift

 

Rz. 6

Die Regelung des § 23 UStG wurde mWv 1.1.1968 durch das UStG 1967[1] aufgenommen. Aber auch schon vor der Aufnahme der Grundregelung für die Besteuerung nach Durchschnittssätzen im Rahmen des UStG 1967 waren Durchschnittssätze in der Geschichte des Umsatzsteuerrechts nicht unbekannt. So gab es Umsatzsteuer-Durchschnittssätze bei der Besteuerung von Bäckereien oder von Tankstellenunternehmen. Für Bäckereien war in dem bis zum 31.12.1967 geltenden Umsatzsteuerrecht ein Umsatzsteuer-Durchschnittssatz festgesetzt[2]. Danach brauchten Bäcker in ihren Aufzeichnungen die vereinnahmten Entgelte nicht mehr nach den verschiedenen Steuersätzen zu trennen, wenn sie die gesamten Entgelte mit dem Durchschnittssatz von 2,3 % versteuerten. Durch die sog. Tankstellenerlasse[3] war es Tankstellenunternehmern gestattet, 75 % ihrer über Tankstellen bewirkten Umsätze an Treibstoffen, Kraftfahrzeugölen und -fetten ohne Einzelnachweis als Großhandelslieferungen zu behandeln.

 

Rz. 7

Im UStG 1967 wurde die Grundkonzeption der noch heute geltenden Sonderregelung geschaffen. Die Ermächtigung des Bundesministers der Finanzen wurde im Rahmen einer Durchschnittssatz-Verordnung Anfang 1968[4] umgesetzt, wobei allerdings nach der damaligen Konzeption die Teilpauschalierung in einem weitaus größeren Umfang angewendet wurde als heute, da für eine umfangreichere Anwendung der Vollpauschalierung die statistischen Grundlagen fehlten, um hier zu einer angemessenen Besteuerung zu kommen.

 

Rz. 8

Ursprünglich war die Regelung zum 1.1.1968 nicht nur auf die Unternehmer beschränkt, die nicht zur Führung von Büchern verpflichtet waren, wahlweise konnten nach § 23 Abs. 3 UStG 1967 auch buchführungspflichtige Unternehmer auf Antrag die Besteuerung nach Durchschnittssätzen in Anspruch nehmen. Da die Regelung ...

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