Rz. 32

Auch nach den IFRS gibt es die Wirtschaftlichkeits- und Wesentlichkeitsgrundsätze.[1] Entsprechend der Generalnorm, nach der das Management zu dem Schluss kommen muss, dass der Abschluss die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie die Cashflows des Unternehmens den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend darstellt, sind alle wesentlichen Informationen im Abschluss auszuweisen – unwesentliche, d. h. die geforderte Darstellung nicht beeinflussende Aspekte, im Umkehrschluss aber nicht. Daher muss das Management analog zu den Anforderungen an die Aufstellung des HGB-Abschlusses die Wesentlichkeitsgrenze für geringwertige Vermögenswerte festlegen. Dabei ist eine Übernahme der steuerlichen Regelungen auch in die IFRS-Bilanzierung denkbar.[2] Im IFRS 16 wird sogar ein konkreter Hinweis auf geringwertige Vermögenswerte im Rahmen von Leasingverhältnissen gegeben, die nicht zu einer Bilanzierung von Nutzwert und Verbindlichkeit sondern zu Sofortaufwand führt. Geringwertigkeit wird in IFRS 16.B3–B9 an Voraussetzungen geknüpft. Der Gegenstand muss einzeln oder in Verbindung mit bereits verfügbaren Ressourcen genutzt werden und es darf keine Abhängigkeit oder Verknüpfung mit anderen Vermögenswerten vorliegen (etwa Komponente einer Serveranlage). Es ist auf den absoluten Wert des Gegenstandes im Neuzustand abzustellen, unabhängig vom tatsächlichen Alter zu Beginn der Laufzeit. Die Bedeutung für die Geschäftstätigkeit des Leasingnehmers ist ebenso irrelevant für die Beurteilung wie die Größe des Unternehmens, die Art der Geschäftstätigkeit sowie die vorliegenden Umstände des Einzelfalles. Ziel ist damit die Definition von Gegenständen, die gemeinhin als geringwertig angesehen werden, wie etwa Telefone, PCs, Tablets oder kleine Büromöbel. Dies scheint sinnvoll, um Ermessensausübungen des Bilanzierenden einzudämmen. Vorteil ist ebenso, dass der Inhalt eines Postens sich mit den inhaltlichen Erwartungen der Adressaten deckt. Hier bedarf es sicherlich einer gewissen Zeit, bis sich bei Bilanzierenden und Adressaten und auch für bestimmte Branchen konkrete Vorstellungen über den Begriff der geringwertigen Vermögenswerte herausbilden. Die steuerrechtliche Sichtweise kann dabei nur einen groben Anhaltspunkt bieten, da eine international einheitliche Sichtweise einer lokalen Ausgestaltung vorzuziehen ist. Vom IASB und in der Literatur werden 5.000 $ als Neuwertgrenze der Geringfügigkeit genannt.[3] Damit wären auch die erhöhten Grenzwerte, die mit dem Wachstumschancengesetz vorgeschlagen sind, auf IFRS-Abschlüsse gut übertragbar, wobei dennoch stets nach der Wirkung auf die Generalnorm zu achten ist, da diese stets vorgeht und auch das Wirtschaftlichkeitsgebot überstrahlt. Die hierbei bestehenden abschlusspolitischen Gestaltungsspielräume[4] dürfen anders als bei HGB im Sinne der Fair Presentation aber nicht systematisch und (eigen-)zielorientiert ausgeübt werden, da stets eine tatsachengemäße Abbildung im IFRS-Abschluss zu erfolgen hat.[5]

[1] S. "Grundsätze der IFRS-Rechnungslegung", Rz. 12 ff.
[2] Vgl. Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe-IFRS-Kommentar, 21. Aufl., 2023, § 10, Rz. 31.
[3] Vgl. z. B. Bauer/Gallert, WPg 2016, S. 324.
[4] Vgl. Orth/Nell/Tettenborn, PiR 2020, S. 12.
[5] Vgl. Müller, in Heusinger/Theile, 7. Aufl. 2024, § 17 Rz. 33.

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